Elektrische Durchschlagfestigkeit

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Elektrische Festigkeit oder Durchschlagfestigkeit

Allgemeine Grundlagen und Definition

Die Durchschlagfestigkeit ist jene elektrische Feldstärke, bei der die Leitfähigkeit eines Isolators um mehrere Größenordnungen ansteigt.

Ein polymeres Isolationsmaterial kann dem Einfluss einer hohen Spannung nicht unbegrenzt widerstehen. Bei einer bestimmten Spannung oder nach einer gewissen Zeit nach dem Anlegen einer hohen Spannung verliert es seine isolierenden Eigenschaften irreversibel. Dies ist mit einer strukturellen Schädigung des Kunststoffes verbunden. Wird die an einem Prüfkörper anliegende Spannung kontinuierlich erhöht, steigt der Stromfluss zunächst proportional, dann nichtlinear, um schließlich beim Erreichen einer bestimmten Spannung extrem stark anzusteigen.

Diese Spannung wird als Durchschlagspannung Ud bezeichnet. Die Leitfähigkeit erhöht sich um viele Größenordnungen und der Kunststoff verliert unter Funken- und Lichtbogenbildung seine isolierenden Eigenschaften. Dieses Verhalten wird als elektrischer Durchschlag bezeichnet. Ein analoges Phänomen wird beobachtet, wenn eine genügend hohe Spannnung eine hinreichend lange Zeit am Prüfkörper anliegt [1, 2].

Grundlagen des elektrischen Durchschlages

Der Mechanismus des elektrischen Durchschlages in festen Dielektrika ist bis heute theoretisch nur schlecht verstanden. Generell werden zwei Stadien des elektrischen Durchschlages unterschieden. Das durchschlagvorbereitete Stadium, in dem der Kunststoff seine elektrische Festigkeit verliert, und das Stadium, in dem der Kunststoff zerstört und der Durchschlag vollendet wird [3, 4]. Weiter können je nach Mechanismus drei Grundformen des elektrischen Durchschlages unterschieden werden:

  • der rein elektrische Durchschlag (Felddurchschlag, innerer Durchschlag),
  • der Wärme- oder thermische Durchschlag und
  • der Langzeitdurchschlag (teilladungsinduzierter Durchschlag, elektrische Alterung)

Ermittlung der Durchschlagfestigkeit

Zur Prüfung wird der Isolationswerkstoff zwischen zwei Elektroden geklemmt, an die eine elektrische Spannung angelegt wird. Während des Versuches wird die angelegte Spannung kontinuierlich erhöht, bis die Durchschlagfestigkeit erreicht ist [5, 6]. Dabei erwärmt sich der Prüfkörper zwischen den Elektroden aufgrund der Kürze der Prüfzeit nur geringfügig. Die schnell ansteigende elektrische Feldstärke verändert den Isolator kurz vor dem Durchschlag durch die Ausbildung eines mehr oder weniger verästelten Durchschlagkanalsystems in seiner Struktur, woraus eine irreversible Schädigung des Werkstoffes folgt, welche den Durchschlag ermöglicht.

Die elektrische Durchschlagfestigkeit ist eine materialspezifische Eigenschaft. Neben der chemischen Struktur des Kunststoffes ist sie stark von der Dicke des Prüfkörpers, der Art der Spannungsbeanspruchung und den Umgebungsbedingungen abhängig.

Werkstoffkenngröße Durchschlagfestigkeit

Die Werkstoffkenngröße, die das Verhalten eines polymeren Isolierstoffes hinsichtlich elektrischer Spannungsbeanspruchungen charakterisiert, ist die elektrische Durchschlagfestigkeit Ed

,

wobei d der kleinste Abstand zwischen den Elektroden ist und auch als Schlagweite bezeichnet wird. Die elektrische Durchschlagfestigkeit ist keine Materialkonstante. Neben der chemischen Struktur des Kunststoffes ist sie stark von der Dicke des Prüfkörpers, der Art und Weise der Spannungsbeanspruchung und den Umgebungsbedingungen wie Temperatur und Feuchte abhängig. Sie stellt die elektrische Feldstärke dar, bei der die Leitfähigkeit eines Isoliermaterials um mehrere Größenordnungen ansteigt.

Kennwerte der Durchschlagfestigkeit für Kunststoffe

Als Beispiel sind in der Tabelle Kurzzeitwerte der Durchschlagfestigkeit für ausgewählte Kunststoffe zusammengestellt.

Tabelle 1: Kurzzeitwerte der Durchschlagfestigkeit für ausgewählte Kunststoffe [2] bei T = 23 °C
Kunststoff Folien, Dicke 40 m Ed (kV mm-1)
PP ≈ 200
Polyester ≈ 160
PC ≈ 150
Cellulose – Acetobutyrat ≈ 130
Cellulose – Triacetat ≈ 120
PE ≈ 110
PE, Dicke 1 mm ≈ 40

Gerätesystem zur Messung von Kennwerten

Die elektrischen Kennwerte Durchschlagfestigkeit sowie der Durchgangswiderstand werden mit einem Durchschlagtester bzw. mit einem hochohmigen Widerstandsmessgerät mit angeschlossenem Messkondensator bestimmt (Bild 1).

Elek Durchschlagfestigkeit-1.jpg

Bild 1: Hochspannungsprüfgerät RMG 15 AC mit Elektrodenanordnung und Prüfkäfig der Fa. Cooper Bussmann, Wuppertal


Literaturhinweise

[1] Schönhals, A.: Elektrische und Dielektrische Eigenschaften. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 357ff (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18)
[2] Carlowitz, B.: Tabellarische Übersicht über die Prüfung von Kunststoffen. Giesel Verlag für Publizität, Isernhagen (1992) (ISBN 978-3-980-29420-1; siehe AMK-Büchersammlung unter C 9)
[3] Ku, C. C., Liepins, R.: Electrical Properties of Polymers. Carl Hanser Verlag, München Wien (1987) (ISBN 978-0-521-55219-6)
[4] Whitehead, S.: Dielectric Breakdown of Solids. Clarendon Press, Oxford (1953)
[5] DIN EN 60243-1 (2014-01): Elektrische Durchschlagfestigkeit von isolierenden Werkstoffen – Prüfverfahren – Teil 1: Prüfungen bei technischen Frequenzen (IEC 60243-1:2013)
[6] DIN EN 60243-2 (2014-08): Elektrische Durchschlagfestigkeit von isolierenden Werkstoffen – Prüfverfahren – Teil 2: Zusätzliche Anforderungen für Prüfung mit Gleichspannung (IEC 60243-2:2013)