Griffith, Alan Arnold

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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A. A. Griffith – Bruchmechanikpionier

Der Brite Alan Arnold Griffith (1893–1963) studierte „Mechanical Engineering“ und promovierte auch an der Universität Liverpool. Er gilt als Begründer der linear-elastischen Bruchmechanik (LEBM), und sein Name ist eng mit dem GRIFFITH’schen Rissmodell verbunden. Die Entwicklung der LEBM begann ca. um 1920 mit seiner berühmten Arbeit in den Philosophical Transactions of the Royal Society: „The Phenomena of Rupture and Flow in Solids“. Griffith arbeitete für die Royal Aircraft Factory (RAF) in Farnborough und hatte nach dem Ersten Weltkrieg die nötige Muße, über derart grundlegende Probleme der Mechanik und Werkstoffkunde nachzudenken.

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Bild 1: Der Bruchmechanikpionier A. A. Griffith und die Titelseite seiner berühmten Arbeit

Allerdings war er auch für mehrere Jahrzehnte so ziemlich der Einzige, der dieses Mètier betrieb, bis der Zweite Weltkrieg zu erneutem Nachdenken und Interesse an der Bruchmechanik Anlass gab.

Griffith griff das bestehende Problem der fehlenden Erklärung des Unterschiedes zwischen der theoretischen und praktischen Festigkeit zunächst für den Werkstoff Glas auf. Die häufig ganz erheblichen Differenzen der Festigkeit erklärte er über energetische Wechselwirkungen zwischen submikroskopischen Ordnungsbereichen. Die von Griffith hierzu entwickelten Vorstellungen führten zu einer Theorie der Mikrofehlstellen, die heute sowohl theoretisch als auch experimentell fundiert ist (siehe GRIFFITH’sche Theorie).

Griffith nahm an, dass im Glas Risse in der Größenordnung von 5–75 µm (auch im Inneren des Glases) vorhanden sind. Im Bereich der Oberflächen besitzen diese „Griffith-Cracks“ die Form eines Halbellipsoides und beeinflussen die Festigkeit der Gläser stärker als solche im Inneren (Der Bruch eines Glases erfolgt ja auch immer von der Oberfläche her, niemals aus dem Glasinneren heraus.) Die Existenz derartiger Kerbstellen (siehe: Kerb) wurde in der Folgezeit mit Hilfe verschiedener Verfahren nachgewiesen (elektronenoptisch durch Oberflächenversilberung, durch selektive Ätzung usw.). Griffith stellte fest, dass Glasfäden unterschiedlicher Stärke sich hinsichtlich ihres Festigkeitsverhaltens wesentlich voneinander unterscheiden, so dass z. B. bei Reduzierung der Dicke eines Glasfadens von 1 mm auf 0,003 mm Durchmesser die Festigkeit von 170 auf 3400 MPa ansteigt. Diese hohen Werte der Biegebruchfestigkeit sinken allerdings rapide ab, wenn die Fasern ihren juvenilen Charakter durch einfaches Berühren mit der Hand verlieren.

Auch die Energiebilanz für den Fall der Rissausbreitung wurde erstmals von Griffith diskutiert. Die Anwendung der LEBM wurde sehr schnell ausgeweitet, als katastrophales Versagen an anderen Werkstoffen wie Stahl (z. B. an Schiffen) oder Aluminium (z. B. Fensterpaneele in Düsenflugzeugen).

Die Anwendung der LEBM in der Werkstoffentwicklung und Bauteilüberwachung von Kunststoffen und Verbundwerkstoffen begann dann einige Jahre nach dem Tode von Griffith (siehe auch: Erkenntnisniveauebenen der Bruchmechanik).


Literaturhinweise

  • Griffith, A. A.: The Phenomenon of Rupture and Flow in Solids. Phil. Trans. Roy. Soc. London Vol. 7, A 221 (1920) 163
  • Kühne, K.: Werkstoff Glas. Wissenschaftliche Taschenbücher Chemie. Akademie-Verlag, Berlin (1976) (siehe AMK-Büchersammlung unter Q 2)
  • Spauszus, S.: Werkstoffkunde Glas. Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig (1974) (siehe AMK-Büchersammlung unter Q 1)