Kunststoffprüfung

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Kunststoffprüfung

Die Kunststoffprüfung als Wissenschaftsdisziplin

Die Bezeichnung des Wissensgebietes erfolgte in der Literatur zunächst noch relativ uneinheitlich als "Werkstoffprüfung der Hochpolymere", "Plastwerkstoffprüfung" oder "Polymerwerkstoffprüfung", wobei das darunter zu verstehende Sachgebiet inhaltlich definiert war. Die Darstellung war darüber hinaus zunächst mit ausführlichen Abhandlungen zur Struktur der Kunststoffe und der Polymerverarbeitung verbunden, die sich bis heute ebenfalls zu eigenständigen Wissenschaftsdisziplinen entwickelt haben. Heute hat sich im deutschen Sprachgebrauch der Begriff Kunststoffprüfung allgemein durchgesetzt, und das Prüfen von Kunststoffen sowie der daraus gefertigten Bauteile hat große Bedeutung in der Kunststoffindustrie erlangt. Dabei wurden in den letzten Jahren eine Vielzahl von empirisch ermittelten Fakten und Erfahrungen zusammengetragen, die soweit möglich, unter Verwendung werkstoffwissenschaftlicher Erkenntnisse einer einheitlichen Betrachtungsweise unterzogen werden. Theoretische Annahmen werden nur dann getroffen, wenn sie sich durch die experimentellen Befunde bestätigen lassen.

Der inerdisziplinäre Charakter

Die Kunststoffprüfung hat, wie alle anderen technischen Wissenschaftsdisziplinen, einen ausgeprägten interdisziplinäten Charakter (siehe Bild). Aus dem Bild wird auch die besondere Spezifik der Kunststoffprüfung ersichtlich, die einerseits das Bindeglied zwischen der Polymersynthese und der Kunststoffverarbeitung und andererseits zwischen Kunststoffcharakterisierung/Analytik und der Morphologie/Mikromechanik darstellt. Dabei werden die Begriffe "Kunststoff" und "Polymer" synonym verwendet, wobei im Bild die jeweils häufiger verwendete Bezeichnung bevorzugt wurde.

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Bild: Der interdisziplinäre Charakter der Kunststoffprüfung

Um die wachsenden Ansprüche an die Zuverlässigkeit, Sicherheit und Lebensdauer von Maschinen, Anlagen und Bauteilen zu erfüllen und den Bruch als eine der häufigsten werkstoffseitigen Versagensursachen von Kunststoffen auszuschließen, ist die Einbeziehung von Messmethoden zur Bewertung der Brucheigenschaften erforderlich. Dazu werden die Methoden der Technischen Bruchmechanik verwendet. Innerhalb der Polymerwissenschaften haben sich als eigenständige Wissensgebiete die Werkstoffkunde der Kunststoffe und die Kunststoffeinsatztechnik fest etabliert, wie man auch aus Studienplänen kunststofftechnischer Studienrichtungen entnehmen kann. Gegenstand der Kunststoffeinsatztechnik ist das Konstruieren mit Kunststoffen, wobei für den Konstrukteur von Erzeugnissen aus Kunststoffen die Aufgabe in zunehmenden Maße darin besteht, die Dimensionierung und Gestaltung mit werkstoffwissenschaftlich begründeten Kenngrößen vorzunehmen (siehe auch Kunststoffbauteil). Von zunehmender Bedeutung sind auch die Disziplinen Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement, wobei unter Qualitätsmanagement die Gesamtheit der qualitätsbezogenen Tätigkeiten zu verstehen sind. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Qualitätsprüfung, die selbst wiederum in vielfältiger Form erfolgen kann. Ein wichtiger, aber technisch schwierig zu realisierender Schritt besteht in der Online-Integration von Prüfverfahren der Kunststoffprüfung in den jeweiligen Produktionsprozess zur optimalen Sicherung der Qualitätsanforderungen an das Produkt und den Prozess. Die Kunststoffdiagnostik/Schadensfallanalyse beinhaltet das Zusammenwirken von Methoden zur Untersuchung der stofflichen Zusammensetzung (Analytik), des strukturellen Aufbaus, der mechanischen, thermischen, elektrischen und optischen Eigenschaften sowie der Reaktion mit der Umgebung. Besondere Fortschritte bezüglich des Erkenntnisgewinns werden bei der Weiterentwicklung der hybriden Methoden der Kunststoffdiagnostik erzielt, worunter die In-situ-Kopplung von mechanischen und bruchmechanischen Experimenten mit zerstörungsfreien Prüfmethoden, wie z. B. der Schallemissionsanalyse (SEA), der Thermographie oder der Laserextensometrie verstanden wird (siehe auch: Hybride Methoden, Beispiele). Ziel ist immer die Erhöhung der Aussagefähigkeit klassischer Prüfmethoden und die Ableitung von Möglichkeiten zur Quantifizierung von Schädigungszuständen bzw. -grenzwerten (siehe Mikroschädigungsgrenze und Schadensanalyse).


Literaturhinweise

  • Grellmann, W.: Zur Herausbildung der Kunststoffprüfung als Wissenschaftsdisziplin. DVM-Nachrichten Nr. 49 (2009) S. 1
  • Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 1–5 (ISBN 978-3-446-44350-1; E-Book: ISBN 978-3-446-44390-7; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18)
  • Grellmann, W., Seidler, S. (Eds.): Polymer Testing. Carl Hanser Verlag, München Wien (2013) 2. Auflage (ISBN 978-1-56990-548-7; siehe AMK-Büchersammlung unter A 15)
  • Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Deformation and Fracture Behavior of Polymers. Springer Verlag, Berlin Heidelberg (2001) (ISBN 3-540-41247-6; siehe AMK-Büchersammlung unter A 7)
  • Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Deformation und Bruchverhalten von Kunststoffen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg (1998) (ISBN 3-540-63671-4; siehe AMK-Büchersammlung unter A 6)
  • Grellmann, W., Langer, B. (Eds.): Deformation and Fracture Behaviour of Polymer Materials. Springer Series in Materials Science 247, Springer Verlag, Berlin Heidelberg (2017) (ISBN 978-3-319-41877-3; siehe AMK-Büchersammlung unter A 19)
  • Weitere Bücher zur Kunststoffprüfung und Technischen Bruchmechanik von Kunststoffen und Verbundwerkstoffen siehe AMK-Büchersammlung