Reflexion Schallwellen

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Reflexion Schallwellen

Physikalische Grundlagen

Die Reflexion von Schallwellen ist neben der Transmission und Absorption ein Phänomen, welches an äußeren oder inneren Grenzflächen von Werkstoffen oder Prüfstücken auftritt.
Das Reflexionsgesetz (Gl.1) bedeutet, dass der Ausfallswinkel β (auch Reflexionswinkel genannt) identisch mit dem Einfallswinkel α ist, und beide mit der Normale (Lot) in einer Ebene, der sogenannten Einfallsebene, liegen. Um das zu Erfüllen, muss die Wellenlänge λ erheblich größer sein als die Abstände zwischen den Streuzentren im Werkstoff.

α = β oder sin α = sin β (1)

Die Ultraschallwellen werden an Grenzflächen bezüglich ihrer Art der Wellenausbreitung (Longitudinal- oder Transversalwelle), der Größe bzw. Amplitude und der Richtung und Frequenz der Wellenausbreitung (Dispersion und Modenkonversion) verändert. Die Grenzfläche selbst wird durch angrenzende Schichten (z. B. Metall oder Luft mit Wasser) gebildet, die differierende Schallkennimpedanzen oder Schallimpedanzen W oder Z aufweisen.
Dabei wird eine einfallende Schallwelle also an einer Grenzfläche partiell reflektiert und auch teilweise in die Nachbarschicht übertragen oder transmittiert (Überkopplung). Voraussetzung ist, dass beide benachbarten Schichten unterschiedliche Schallimpedanzen W aufweisen, wobei nicht der Absolutbetrag, sondern die Differenz der Schallimpedanzen ΔW entscheidend ist. Im allgemeinen Fall sind die Volumina und damit die angrenzenden Schichtdicken groß gegenüber der Wellenlänge λ des Ultraschalls, weshalb hier die Schallausbreitung nur vom Einfallswinkel der Schallwelle und der Differenz der Schallimpedanzen abhängt.
Falls das zweite Medium jedoch in Ausbreitungsrichtung der Welle hinsichtlich der Dicke d begrenzt ist (d ≈ λ), dann tritt defacto eine Verdopplung der Grenzfläche auf (Risse, Dopplungen und Delaminationen) und das Verhalten der Schallwellen ist dann vom Verhältnis Dicke zu Wellenlänge d/λ abhängig.
Für das Reflexions- als auch Transmissionsverhalten von Schallwellen hat der Schallwellenwiderstand oder Schallimpedanz von Werkstoffen als Produkt aus Dichte ρ und Schallgeschwindigkeit c mit Z oder W = ρ c eine besondere Bedeutung. Diese Kenngröße beschreibt also die materialtypischen elastischen Werkstoffeigenschaften, wobei Werkstoffe mit hohem W-Wert als schallhart (Fe, Cu, Ni) und die mit geringen W-Werten (PMMA, Al, H2O) als schallweich bezeichnet werden [1–4].

Reflexion von Schallwellen an Grenzflächen

Wenn eine Ultraschallwelle von einem schallharten (W1) in ein schallweiches (W2) Medium oder umgekehrt eintritt, dann wird unter der Voraussetzung von senkrechtem Einfall der Longitudinalwelle an der Grenzfläche beider Medien Reflexion und Transmission auftreten (Bild 1).

Reflexion Schall1.jpg

Bild 1: Reflexion und Transmission an der Grenzfläche zweier Medien a) und zwischen Prüfkopf und Werkstückoberfläche b) bei senkrechtem Schalleinfall [9]

Der Transmissionsanteil ist dabei umso größer, je geringer die Unterschiede der Schallimpedanzen W1 und W2. Ist die Differenz zwischen W1 und W2 jedoch sehr groß, wie z. B. bei einem Vakuum oder Luft als zweites Medium, dann wird die einfallende Schallwelle zu einem hohen bis totalem Anteil reflektiert. Dieser Effekt hat einen großen Einfluss auf die Erkennbarkeit von Fehlern in der Ultraschallprüftechnik sowohl im Impuls-Echo- als auch im Durchschallungsverfahren.
Der Reflexionsfaktor R (Gl 2) gibt dabei an, wieviel vom einfallenden Schalldruck P0 reflektiert wird und wie groß der transmittierte oder durchgelassene Anteil PD ist (Bild 1a), wobei diese Kenngröße maßgeblich von der Differenz zwischen den Schallimpedanzen W1 und W2 abhängt [4].

(2)

Bei der Einschallung von Longitudinalwellen mit Senkrechtprüfköpfen kann an der Grenzfläche zwischen Prüfkopf und Werkstück ebenfalls ein hoher Anteil der Schallwellen reflektiert werden, falls die Oberfläche sehr rau und zerklüftet ist und nicht geeignetes Koppelmittel verwendet wird (Bild 1b). Im Fall der Tauchbad- und Squirter-Technik oder bei Verwendung von Luftultraschall tritt diese Problem nicht auf. Da aber in Abhängigkeit von den Schallimpedanzen immer ein Teil in den Prüfkopf zurück reflektiert wird, muss durch geeignete Dämpferschichten der Einfluss auf das Sendesignal (SE) minimiert werden [5–9]. Durch den Bezug von R auf den Schalldruck P kann dieser Kennwert positive oder negative Werte annehmen, wobei ein negatives Vorzeichen bei R (schallweiches Medium) die Umkehrung der Phase im Vergleich zur einfallenden Welle anzeigt. Bei senkrechtem Auffallen von Schallwellen auf ebene Grenzflächen tritt also keine Wellenumwandlung auf und bei identischen Medien (W1 = W2) wird R = 0 und T oder D =1, d. h. es existiert ein ungehinderter Schalldurchtritt.

Reflexion Schall2.jpg

Bild 2: Reflexion und Transmission an der Grenzfläche zweier Medien a) und zwischen Prüfkopf und Werkstückoberfläche b) bei schrägem Schalleinfall [9]

Falls der Ultraschall an schrägen Grenzflächen (Bild 2) einfällt, tritt eine Modenkonversion oder Wellenumwandlung, Reflexion, Transmission und Brechung verbunden mit einer Frequenzdispersion auf. Für einige Ultraschallprüftechniken, wie z. B. die Winkelprüfköpfe hat die Modenkonversion eine große Bedeutung. In diesem Fall wird sowohl bei der reflektierten als auch durchgelassenen (transmittierten) Welle zusätzlich eine Transversalwelle erzeugt. Im Fall des Winkel-Prüfkopfs wird je nach Differenz der Schallimpedanzen und in Abhängigkeit vom Einschallwinkel die Longitudinalwelle im Medium 2 total reflektiert und die zurück reflektierten Transversal- und Longitudinalwellen werden im Prüfkopf durch eine Zwischenschicht gedämpft. Der Reflexionsfaktor R berechnet sich in diesem Fall entsprechend Gl. (3) zu:

(3)

Erkennbarkeit von Fehlern in der Ultraschallprüfung

In der Ultraschalldefektoskopie sind Fehler oder Ungänzen im Material umso besser erkennbar, je größer die Schallwellenunterschiede (Echoerkennbarkeit) sind (z. B. Stahl − Luft: R » - 1). Andererseits ergeben dünne Luftschichten schon bei planparallelen Luftspalten von 10 nm zwischen dem Prüfkopf (Stahl) und einer rauen Oberfläche (Luft) bei 1 MHz infolge der großen Differenzen von W eine vollständige Reflexion der Ultraschallwelle. In der Impuls-Echo-Prüftechnik basiert die Detektion der Prüfkörperdicke oder der Fehlertiefenlage (Lunker, Einschlüsse, Delaminationen, Dopplungen oder Risse) von Ungänzen auf der Reflexion des gepulsten Sendeimpulses zum Prüfkopf, der damit als Sender und Empfänger dient. Mit der gemessenen Zeit- bzw. Wegdifferenz wird ein Signalbild (A-Bild) generiert und auf einem Monitor angezeigt. Dieses A-Bild (siehe: Bildgebende Ultraschallprüfung) zeigt die Lage und die Größe des Fehlers im Vergleich zu einem Ersatzreflektor (z. B. Kreis-Scheiben-Reflektor) an. Damit können normalerweise Fehler (Ungänzen) mit einer Größe von ca. 0,6 mm detektiert werden. Bei Fehlerfreiheit wird die Wanddicke anhand des Rückwandechos (RE) ermittelt oder die Fehlerlage durch totale oder partielle Reflektion des Fehlerechos (FE) angezeigt (Bild 3). Das Impuls-Echo-Verfahren kann sowohl in Normal-, SE- als auch Winkelprüftechnik verwendet werden.

Reflexion Schall3.jpg

Bild 3: Impuls-Echo-Verfahren an einem Prüfstück mit Fehler a) und A-Bild des flächenhaften Fehlers (Ungänze) mit partieller Abdeckung der Rückwand b) bei senkrechtem Schalleinfall [9]


Literaturhinweise

[1] Krautkrämer, J., Krautkrämer, H.: Ultrasonic Testing of Materials. Springer Verlag, Berlin (1990) 4. Auflage, (ISBN 978-3-540-51231-8)
[2] Lerch, R., Sessler, G., Wolf, D.: Technische Akustik – Grundlagen und Anwendung. Springer Verlag, Berlin (2009) (ISBN 978-3-540-49833-9)
[3] Möser, M.: Technische Akustik. Springer Verlag, Berlin (2015) (ISBN 978-3-662-47704-5)
[4] Matthies, K.: Dickenmessung mit Ultraschall. DVS Media Verlag, Berlin (1998) 2. Auflage (ISBN 978-3-87155-940-2)
[5] Šutilov, V. A.: Physik des Ultraschalls. Springer Verlag, Berlin (2013) (ISBN 978-3-70918-750-0) S. 155 ff.
[6] Deutsch, M.; Platte, V.; Vogt, M.: Ultraschallprüfung. Grundlagen und industrielle Anwendungen. Springer Verlag, Berlin (2013) S. 33
[7] Steeb, S. (Hrsg.): Zerstörungsfreie Werkstück- und Werkstoffprüfung. Expert Verlag, Ehningen (1993), 2. Auflage (ISBN 3-8169-0964-7) S. 253
[8] Busse, G.: Zerstörungsfreie Kunststoffprüfung. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 461–528 (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18)
[9] Bierögel, C.: Vorlesungsskript: Werkstoffdiagnostik – Hybride Prüfmethoden. Technische Universität Wien (2015)