Zeitstanddruckversuch

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Zeitstanddruckversuch

Langzeitverhalten

Für die experimentelle Bewertung des Langzeitverhalten von Kunststoffen werden mechanische Werkstoffkenngrößen bei Zug-, Biege- und Druckbeanspruchung bestimmt, wobei zusätzlich die Kenngrößen bei Variation der Beanspruchungstemperatur und/ oder -zeit zu ermitteln sind. Dies ist eine notwendige Voraussetzung für eine sichere Auslegung von Erzeugnissen aus Kunststoffen (siehe Kunststoffbauteil, Dimensionierung), wie z. B. Rohre, Lagerwerkstoffe und Dichtungen, die im technischen Einsatz einer Langzeitbelastung unterliegen.

Kriechverhalten bei Druckbeanspruchung

Eine experimentelle Methode ist der Zeitstanddruckversuch. Dieser Versuch ist für konstruktiv genutzte thermo- und duroplastische Kunststoffe sowie faserverstärkte Verbundwerkstoffe in allgemeiner Form nicht genormt, obwohl Druckkriechversuche in Anlehnung an Zug- und Biegekriechversuche in analoger Weise prüftechnisch einfach realisierbar sind.

Die für den Druckversuch angegebenen Prüfkörperformen nach DIN EN 826 sind prinzipiell für die Ermittlung der Druckverformung als Funktion der Beanspruchungszeit (Druckkriechkurven) geeignet. Die Auswertung und Ergebnisdarstellung von Druckkriechversuchen erfolgt in Analogie zum Zeitstandzugversuch.

Zeitstanddruckverhalten von Polytetraflourethylen

Bild 1 zeigt als Beispiel Druckkriechkurven (a), isochrone Druckspannungs-Stauchungs-Diagramme (b), das Zeitstandschaubild (c) und die Druckkriechmodulkurven (d) eines häufig als Dichtungs- und Lagerwerkstoff eingesetzten Polytetrafluorethylen (Kurzzeichen: PTFE).

Zeitstanddruckversuch 1.JPG

Bild 1: Druckkriechverhalten von PTFE nach Höninger [3]

Sonderverfahren

Unabhängig von der derzeitigen Normsituation existieren für einzelne Werkstoffgruppen Produktnormen, die Prüfeinrichtungen und Verfahren zur Bestimmung des Druckkriechverhaltens, z. B. bei Wärmedämmstoffen für das Bauwesen festlegen. Die Bewertung des Langzeit-Kriechverhaltens bei Druckbeanspruchung von Wärmedämmstoffen für das Bauwesen erfolgt nach DIN EN 1606 [4]. Das Prinzip beruht auf der Messung der Zunahme der Verformung (Stauchung) eines Prüfkörpers in einer speziellen Prüfanordnung unter einer konstanten Druckspannung und definierten Bedingungen hinsichtlich Temperatur, Feuchte und Zeit. Die verschiedenen Laststufen für die Kriechprüfung sind entweder aus der Druckfestigkeit σm oder aus der Druckspannung bei 10 % Stauchung zu bestimmen. Das Kriechverhalten ist in äquidistanten Zeitabständen (z. B. logarithmisch) für eine Dauer von mindestens 90 Tagen zu messen. Diese Vorgehensweise entspricht im wesentlichem den Vorgaben gemäß DIN EN ISO 899 [5]. Die Prüfdauer wird in den entsprechenden Produktnormen vereinbart und unter Verwendung entsprechender mathematischer Extrapolationsverfahren ist die Berechnung von zuverlässigen Langzeitwerten bis zu einem vielfachen der Prüfzeit (z. B. 10 Jahre) möglich. Neben dem einachsigen Druckversuch sind zur Qualitätsüberwachung und Produktzulassung von Kunststoffbauteilen Kenngrößen erforderlich, die das zeitabhängige Verhalten unter mehrachsiger Beanspruchung berücksichtigen. Dazu gehören u. a. der Scheiteldruckversuch an Rohrabschnitten zum Nachweis eines Mindestkriechmoduls für Druckrohre und der Zeitstandinnendruckversuch als Lebensdauernachweis für Kunststoffrohre.


Literaturhinweise

[1] Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 192/193, (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18)
[2] DIN EN 826 (2013-05): Wärmedämmstoffe für das Bauwesen – Bestimmung des Verhaltens bei Druckbeanspruchung
[3] Höninger, H., Reichelt, E. u. a.: Langzeit-Deformationsverhalten von Plastwerkstoffen. Schriftenreihe Materialökonomie 32 (1982)
[4] DIN EN 1606 (2013-05): Wärmedämmstoffe für das Bauwesen – Bestimmung des Langzeit-Kriechverhaltens bei Druckbeanspruchung
[5] DIN EN ISO 899-2 (2015-06): Kunststoffe – Bestimmung des Kriechverhaltens – Teil 1: Zeitstand-Zugversuch