Siegelnaht: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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==Grundlagen des Siegelns==
 
==Grundlagen des Siegelns==
 
Als Siegelnaht wird die Verbindungsnaht zwischen zwei Folien oder einer Deckelfolie und dem entsprechenden Behälter bezeichnet. Im Anwendungsfall erfolgt nach dem Befüllen der Folienbeutel oder anderer Verpackungen im Allgemeinen ein Siegelvorgang (Siegelverfahren), bei dem zwischen zwei Folien bzw. zwischen der Deckelfolie und einem Behälter durch Aufbringen von Wärme, Zeit und Druck mittels eines Siegelgerätes eine sogenannte Siegelnaht erzeugt wird. <br>
 
Als Siegelnaht wird die Verbindungsnaht zwischen zwei Folien oder einer Deckelfolie und dem entsprechenden Behälter bezeichnet. Im Anwendungsfall erfolgt nach dem Befüllen der Folienbeutel oder anderer Verpackungen im Allgemeinen ein Siegelvorgang (Siegelverfahren), bei dem zwischen zwei Folien bzw. zwischen der Deckelfolie und einem Behälter durch Aufbringen von Wärme, Zeit und Druck mittels eines Siegelgerätes eine sogenannte Siegelnaht erzeugt wird. <br>
Ziel des Siegelverfahrens ist die Verschweißung zweier Folien oder auch Peelfolien bzw. einer Folie und einem Behälter zu einem Peelsystem. Hierbei hat das Heißsiegelverfahren [1, 2], welches neben weiteren Verfahren wie dem Ultraschallsiegeln [3] angewendet wird, eine herausragende Bedeutung erlangt.
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Ziel des Siegelverfahrens ist die Verschweißung zweier Folien oder auch Peelfolien bzw. einer Folie und einem Behälter zu einem Peelsystem. Hierbei haben die verschiedenen technologischen Methoden des Heißsiegelns wegen ihrer hohen Wirtschaftlichkeit in der Verpackungsindustrie eine herausragende Bedeutung erlangt [3, 4]. Auf Grund der vielfältigen Einflussgrößen auf die [[Festigkeit]] und Stabilität einer Siegelnaht bildet die Bewertung des Einflusses der verschiedenen Parameter auf das Deformationsverhalten mit mechanischen und bruchmechanischen Kenngrößen (siehe: [[Bruchmechanische Prüfung]]) einen aktuellen Forschungsgegenstand [5, 6].
  
 
==Heißsiegelverfahren==
 
==Heißsiegelverfahren==
  
Beim Heißsiegelverfahren durchlaufen die zu versiegelnden Folien ein Paar beheizte Siegelbacken, die mit definiertem Druck und definierter Siegelzeit sowie Siegeltemperatur eine Siegelnaht erzeugen. Die Taktzeit dieses Verfahrens wird dabei maßgeblich durch die Schmelztemperatur des verwendeten Folienwerkstoffs, die Siegelzeit und den Siegeldruck bestimmt.<br>   
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Beim Heißsiegelverfahren durchlaufen die zu versiegelnden Folien ein Paar beheizte Siegelbacken, die mit definiertem Druck und definierter Siegelzeit sowie Siegeltemperatur eine Siegelnaht erzeugen. Die Taktzeit dieses Verfahrens wird dabei maßgeblich durch die Schmelztemperatur des verwendeten Folienwerkstoffs, die Siegelzeit und den Siegeldruck bestimmt [3].<br>   
Die beim Heißsiegelverfahren auftretenden physikalischen Bindemechanismen wie Verschlaufungen und Verhakungen der Makromoleküle innerhalb der Grenzschicht sind mit Hilfe verschiedenster Modelle vielfach untersucht worden [1, 2, 4, 5]. Eine schematische Darstellung der beim Siegeln zweier teilkristalliner Folien stattfindenden molekularen Prozesse ist in '''Bild 1''' zu sehen. Die beiden Folien werden zunächst in Kontakt gebracht und unter Druck aufgeschmolzen. Hierbei kommt es zur Entschlaufung der Makromoleküle in Grenzschichtnähe. Ist die molekulare Beweglichkeit infolge der eingebrachten Wärme ausreichend groß, kommt es zur Interdiffusion, d. h. zur gegenseitigen Verschlaufung der grenzschichtnahen Makromoleküle der beiden aufgeschmolzenen Folien. Anschließend wird die so realisierte Siegelnaht abgekühlt, wodurch der Re-Kristallisationsprozess eingeleitet wird.   
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Die beim Heißsiegelverfahren auftretenden physikalischen Bindemechanismen wie Verschlaufungen und Verhakungen der Makromoleküle innerhalb der Grenzschicht sind mit Hilfe verschiedenster Modelle vielfach untersucht worden [1, 2, 7, 8]. Eine schematische Darstellung der beim Siegeln zweier teilkristalliner (siehe: [[Kristallinität]]) Folien stattfindenden molekularen Prozesse ist in '''Bild 1''' zu sehen. Die beiden Folien werden zunächst in Kontakt gebracht und unter Druck aufgeschmolzen. Hierbei kommt es zur Entschlaufung der Makromoleküle in Grenzschichtnähe. Ist die molekulare Beweglichkeit infolge der eingebrachten Wärme ausreichend groß, kommt es zur Interdiffusion, d. h. zur gegenseitigen Verschlaufung der grenzschichtnahen Makromoleküle der beiden aufgeschmolzenen Folien. Anschließend wird die so realisierte Siegelnaht abgekühlt, wodurch der Re-Kristallisationsprozess eingeleitet wird.   
  
 
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==Reptation-Modell==
 
==Reptation-Modell==
  
Die Interdiffusion von Makromolekülen an Grenzflächen von [[Polymer]]schmelzen kann beispielsweise mit dem '''Reptation-Modell''' beschrieben werden. Das Reptation-Modell wurde von deGennes [6, 7] zunächst für die Bewegung eines Moleküls in einer vernetzten Matrix aufgestellt, von Doi und Edwards [8] auf unvernetzte Systeme angewandt und von des Cloizeaux [9] weiterentwickelt. Nach diesem Modell legen sich benachbarte Makromoleküle oder Segmente benachbarter Makromoleküle schlaufenartig um das diffundierende Makromolekül (Testkette) und bilden dabei eine Art Tubus ('''Bild 2'''), wobei die Testkette nur in dieser Röhre reptieren kann, d. h. sich schlangenartig bewegen kann. Die Testkette bahnt sich an den benachbarten Makromolekülen (Hindernissen) vorbei den Weg und legt somit die Bahn der Testkette fest. Triebkraft dieser Reptation, d. h. Kettenbewegung, kann die Brown’sche Molekularbewegung oder eine von außen angelegte Kraft sein. Dabei weicht das System dem äußeren Zwang aus, die Makromoleküle relaxieren. Bei langkettenverzweigten [[Polymer]]en wirken die Verzweigungsstellen wie Anker und verlangsamen die [[Relaxation Kunststoffe|Relaxation]] des Makromoleküls. Dies führt zu einer Verbreiterung des Relaxationszeitspektrums aufgrund der Vielzahl an Prozessen, die zur Relaxation beitragen.
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Die Interdiffusion von Makromolekülen an [[Phasengrenzfläche|Grenzflächen]] von [[Polymer]]schmelzen kann beispielsweise mit dem '''Reptation-Modell''' beschrieben werden. Das Reptation-Modell wurde von deGennes [9, 10] zunächst für die Bewegung eines Moleküls in einer vernetzten Matrix aufgestellt, von Doi und Edwards [11] auf unvernetzte Systeme angewandt und von des Cloizeaux [12] weiterentwickelt. Nach diesem Modell legen sich benachbarte Makromoleküle oder Segmente benachbarter Makromoleküle schlaufenartig um das diffundierende Makromolekül (Testkette) und bilden dabei eine Art Tubus ('''Bild 2'''), wobei die Testkette nur in dieser Röhre reptieren kann, d. h. sich schlangenartig bewegen kann. Die Testkette bahnt sich an den benachbarten Makromolekülen (Hindernissen) vorbei den Weg und legt somit die Bahn der Testkette fest. Triebkraft dieser Reptation, d. h. Kettenbewegung, kann die Brown’sche Molekularbewegung oder eine von außen angelegte Kraft sein. Dabei weicht das System dem äußeren Zwang aus, die Makromoleküle relaxieren. Bei langkettenverzweigten [[Polymer]]en wirken die Verzweigungsstellen wie Anker und verlangsamen die [[Relaxation Kunststoffe|Relaxation]] des Makromoleküls. Dies führt zu einer Verbreiterung des Relaxationszeitspektrums aufgrund der Vielzahl an Prozessen, die zur Relaxation beitragen.
  
 
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|width="600px" |Schematische Darstellung der Reptation einer Testkette (schwarz) durch die Ketten bzw. Makromoleküle der Matrix (oberes Teilbild) und Testkette im Tubus der Matrixketten (unteres Teilbild [10])
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Bei einer Siegelzeit zweier polymerer Folien von ½ t<sub>rep</sub> ist die sich ausbildende Grenzschicht mechanisch am stabilsten, da die entsprechenden grenznahen Makromoleküle jeweils zur Hälfte in den beiden Folien verankert sind. Für eine Polymerkette mit ca. 104 Kettensegmenten ergibt sich eine theoretische Reptationszeit von etwa 80 bis 100 s [11]. Somit wäre hier die Siegelzeit, die zu maximaler [[Festigkeit]] führt, ca. 40 bis 50 s. In der Praxis liegen die Siegelzeiten jedoch nur bei wenigen Sekunden.<br>
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Bei einer Siegelzeit zweier polymerer Folien von ½ t<sub>rep</sub> ist die sich ausbildende Grenzschicht mechanisch am stabilsten, da die entsprechenden grenznahen Makromoleküle jeweils zur Hälfte in den beiden Folien verankert sind. Für eine Polymerkette mit ca. 104 Kettensegmenten ergibt sich eine theoretische Reptationszeit von etwa 80 bis 100 s [14]. Somit wäre hier die Siegelzeit, die zu maximaler Siegelnahtfestigkeit führt, ca. 40 bis 50 s. In der Praxis liegen die Siegelzeiten jedoch nur bei wenigen Sekunden.<br>
Neben dem Reptation-Modell gibt es weitere Modelle wie beispielsweise die Diffusions-Theorie [12], die „Mixed Crystal“-Hypothese [13] und die Nexus-Hypothese [14].
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Neben dem Reptation-Modell gibt es weitere Modelle wie beispielsweise die Diffusions-Theorie [15], die „Mixed Crystal“-Hypothese [16] und die Nexus-Hypothese [17].
  
  
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|Barbari, E.: Ultraschallschweißen von Thermoplasten Möglichkeiten der Einsatzoptimierung. Dissertation, Rheinisch-Westphälische Hochschule Aachen (1988)
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|Nentwig, J.: Kunststoff Folien. Herstellung – Eigenschaften – Anwendung. Carl Hanser Verlag München Wien, 3. Auflage (2006) (ISBN 978-3-446-40390-1; siehe [[AMK-Büchersammlung]] unter G 7-1)
 
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|Cole, P. J., Macosko, C. W.: Polymer–Polymer Adhesion in Melt-processed Layered Structures. J. of Plastic Film and Sheeting 16 (2000) 213–222
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|Barbari, E.: Ultraschallschweißen von Thermoplasten – Möglichkeiten der Einsatzoptimierung. Dissertation, Rheinisch-Westphälische Hochschule Aachen (1988)
 
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|Bonten, C., Schmachtenberg, E.: A New Hypothesis to Describe the Mechanisms Acting in a Welded Joint of Semicrystalline Thermoplastics. Polym. Eng. and Sci. 41 (2001) 475–483
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|Asturias, M., Reincke, K., Langer, B., Grellmann, W.: Assessment of Sealing Properties of two Multilayers Plastic Packaging Systems for Technical and Food Products. Technomer 2015, Chemnitz, 12.-13.11.2015, Tagungsband Beitrag  7.7, S. 1–12
 
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|deGennes, P. G.: Reptation of a Polymer Chain in the Presence of Fixed Obstacles. J. of Chemi. Phys. 55 (1971) 572–576
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|Asturias, M., Reincke, K., Oßwald, K., Schreib, I., Kiese, R., Langer, B., Grellmann, W.: Bruchmechanische Kenngrößen im Einsatz: Bewertung des Einflusses verschiedener Parameter auf das Peelverhalten von Mehrschichtfolien. Fracture Mechanics Parameters in Use: Characterization of the Influence of Various Factors on the Peeling Performance of Multilayer Films. Werkstoffprüfung 2016, Fortschritte in der Werkstoffprüfung für Forschung und Praxis. 1. und 2.12.2016, Neu-Ulm, Tagungsband S. 233-238 (ISBN 978-3-514-00830-4; siehe [[AMK-Büchersammlung]] unter M 61)
 
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|deGennes, P. G.: Scaling Concepts in Polymer Physics. Cornell University Press, New York (1979)
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|Cole, P. J., Macosko, C. W.: Polymer–Polymer Adhesion in Melt-processed Layered Structures. J. of Plastic Film and Sheeting 16 (2000) 213–222
 
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|Doi, M., Edwards, S. F.: The Theory of Polymer Dynamics. Oxford Scientific Publications, New York (1986)
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|Bonten, C., Schmachtenberg, E.: A New Hypothesis to Describe the Mechanisms Acting in a Welded Joint of Semicrystalline Thermoplastics. Polym. Eng. and Sci. 41 (2001) 475–483
 
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|des Cloizeaux, J.: Double Reptation VS. Single Reptation of Polymer Melts. Europhysical Letters 5 (1988) 437–442
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|de Gennes, P.-G.: Reptation of a Polymer Chain in the Presence of Fixed Obstacles. J. of Chem. Phys. 55 (1971) 572–576
 
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|Elias, H. G.: Polymere – Von Monomeren und Makromolekülen zu Werkstoffen. Hüthig und Wepf Verlag, Heidelberg (1996)
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|de Gennes, P.-G.: Scaling Concepts in Polymer Physics. Cornell University Press, Ithaca New York, 1st Edition (1979) (ISBN 978-0-8014-1203-5)
 
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|Cowie, J. M. G.: Chemie und Physik der synthetischen Polymeren. Vieweg Verlag, Wiesbaden (1997)
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|Doi, M., Edwards, S. F.: The Theory of Polymer Dynamics. Oxford Science Publications, New York (1986) (ISBN 0-19-852033-6)
 
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|Voyutskii, S. S.: Autohesion and Adhesion of High Polymers. John Wiley & Sons, New York (1963)
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|des Cloizeaux, J.: Double Reptation VS. Single Reptation of Polymer Melts. Europhysical Letters 5 (1988) 437–442
 
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|Elias, H.-G.: Polymere – Von Monomeren und Makromolekülen zu Werkstoffen. Eine Einführung. Hüthig und Wepf Verlag, Heidelberg (1996) (ISBN 3-8252-8107-8)
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|Cowie, J. M. G.: Chemie und Physik der synthetischen Polymere. Vieweg Verlag, Wiesbaden (1997) (ISBN 3-528-06616-4)
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|Voyutskii, S. S.: Autohesion and Adhesion of High Polymers. John Wiley & Sons, New York (1963) (ISBN 978-0470911945)
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|Scholten, F. L., Oesterholt, D. J. A.: Schweißeignung und Kerbunempfindlichkeit von Rohren aus vernetztem Polyethylen (PE-Xa), Report GDT/MAT96319/Sch/052.V, Gastec N.V., Apeldoorn, Niederlande (1996)
 
|Scholten, F. L., Oesterholt, D. J. A.: Schweißeignung und Kerbunempfindlichkeit von Rohren aus vernetztem Polyethylen (PE-Xa), Report GDT/MAT96319/Sch/052.V, Gastec N.V., Apeldoorn, Niederlande (1996)
 
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|Bonten, C.: Beitrag zur Erklärung des Wirkmechanismus in Schweißverbindungen aus teilkristallinen Thermoplasten. Dissertation, Rheinisch-Westphälische Technische Hochschule Aachen (1999)
 
|Bonten, C.: Beitrag zur Erklärung des Wirkmechanismus in Schweißverbindungen aus teilkristallinen Thermoplasten. Dissertation, Rheinisch-Westphälische Technische Hochschule Aachen (1999)
 
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Version vom 18. Dezember 2017, 12:49 Uhr

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Siegelnaht

Grundlagen des Siegelns

Als Siegelnaht wird die Verbindungsnaht zwischen zwei Folien oder einer Deckelfolie und dem entsprechenden Behälter bezeichnet. Im Anwendungsfall erfolgt nach dem Befüllen der Folienbeutel oder anderer Verpackungen im Allgemeinen ein Siegelvorgang (Siegelverfahren), bei dem zwischen zwei Folien bzw. zwischen der Deckelfolie und einem Behälter durch Aufbringen von Wärme, Zeit und Druck mittels eines Siegelgerätes eine sogenannte Siegelnaht erzeugt wird.
Ziel des Siegelverfahrens ist die Verschweißung zweier Folien oder auch Peelfolien bzw. einer Folie und einem Behälter zu einem Peelsystem. Hierbei haben die verschiedenen technologischen Methoden des Heißsiegelns wegen ihrer hohen Wirtschaftlichkeit in der Verpackungsindustrie eine herausragende Bedeutung erlangt [3, 4]. Auf Grund der vielfältigen Einflussgrößen auf die Festigkeit und Stabilität einer Siegelnaht bildet die Bewertung des Einflusses der verschiedenen Parameter auf das Deformationsverhalten mit mechanischen und bruchmechanischen Kenngrößen (siehe: Bruchmechanische Prüfung) einen aktuellen Forschungsgegenstand [5, 6].

Heißsiegelverfahren

Beim Heißsiegelverfahren durchlaufen die zu versiegelnden Folien ein Paar beheizte Siegelbacken, die mit definiertem Druck und definierter Siegelzeit sowie Siegeltemperatur eine Siegelnaht erzeugen. Die Taktzeit dieses Verfahrens wird dabei maßgeblich durch die Schmelztemperatur des verwendeten Folienwerkstoffs, die Siegelzeit und den Siegeldruck bestimmt [3].
Die beim Heißsiegelverfahren auftretenden physikalischen Bindemechanismen wie Verschlaufungen und Verhakungen der Makromoleküle innerhalb der Grenzschicht sind mit Hilfe verschiedenster Modelle vielfach untersucht worden [1, 2, 7, 8]. Eine schematische Darstellung der beim Siegeln zweier teilkristalliner (siehe: Kristallinität) Folien stattfindenden molekularen Prozesse ist in Bild 1 zu sehen. Die beiden Folien werden zunächst in Kontakt gebracht und unter Druck aufgeschmolzen. Hierbei kommt es zur Entschlaufung der Makromoleküle in Grenzschichtnähe. Ist die molekulare Beweglichkeit infolge der eingebrachten Wärme ausreichend groß, kommt es zur Interdiffusion, d. h. zur gegenseitigen Verschlaufung der grenzschichtnahen Makromoleküle der beiden aufgeschmolzenen Folien. Anschließend wird die so realisierte Siegelnaht abgekühlt, wodurch der Re-Kristallisationsprozess eingeleitet wird.

Siegelnaht 1 korr.JPG

Bild 1: Schematische Darstellung der molekularen Prozesse beim Siegeln zweier teilkristalliner polymerer Folien

Reptation-Modell

Die Interdiffusion von Makromolekülen an Grenzflächen von Polymerschmelzen kann beispielsweise mit dem Reptation-Modell beschrieben werden. Das Reptation-Modell wurde von deGennes [9, 10] zunächst für die Bewegung eines Moleküls in einer vernetzten Matrix aufgestellt, von Doi und Edwards [11] auf unvernetzte Systeme angewandt und von des Cloizeaux [12] weiterentwickelt. Nach diesem Modell legen sich benachbarte Makromoleküle oder Segmente benachbarter Makromoleküle schlaufenartig um das diffundierende Makromolekül (Testkette) und bilden dabei eine Art Tubus (Bild 2), wobei die Testkette nur in dieser Röhre reptieren kann, d. h. sich schlangenartig bewegen kann. Die Testkette bahnt sich an den benachbarten Makromolekülen (Hindernissen) vorbei den Weg und legt somit die Bahn der Testkette fest. Triebkraft dieser Reptation, d. h. Kettenbewegung, kann die Brown’sche Molekularbewegung oder eine von außen angelegte Kraft sein. Dabei weicht das System dem äußeren Zwang aus, die Makromoleküle relaxieren. Bei langkettenverzweigten Polymeren wirken die Verzweigungsstellen wie Anker und verlangsamen die Relaxation des Makromoleküls. Dies führt zu einer Verbreiterung des Relaxationszeitspektrums aufgrund der Vielzahl an Prozessen, die zur Relaxation beitragen.

Siegelnaht 2.JPG

Bild 2: Schematische Darstellung der Reptation einer Testkette (schwarz) durch die Ketten bzw. Makromoleküle der Matrix (oberes Teilbild) und Testkette im Tubus der Matrixketten (unteres Teilbild [13])

Ermittlung der Reptationszeit

Die Testkette benötigt eine Reptationszeit trep, um sich aus dem Tubus der Länge Ltub herauszuwinden. Die Reptationszeit wird nach Gl. (1) berechnet.

(1)

mit

D Selbstdiffusionskoeffizient

Der Selbstdiffusionskoeffizient ist temperaturabhängig und wird nach Gl. (2) berechnet.

(2)

mit

kB Boltzmann-Konstante (kB 1,380510-23 J K-1)
T Temperatur
Nseg Anzahl der Kettensegmente
fseg Reibungsfaktor (der Ketten untereinander)

Bei einer Siegelzeit zweier polymerer Folien von ½ trep ist die sich ausbildende Grenzschicht mechanisch am stabilsten, da die entsprechenden grenznahen Makromoleküle jeweils zur Hälfte in den beiden Folien verankert sind. Für eine Polymerkette mit ca. 104 Kettensegmenten ergibt sich eine theoretische Reptationszeit von etwa 80 bis 100 s [14]. Somit wäre hier die Siegelzeit, die zu maximaler Siegelnahtfestigkeit führt, ca. 40 bis 50 s. In der Praxis liegen die Siegelzeiten jedoch nur bei wenigen Sekunden.
Neben dem Reptation-Modell gibt es weitere Modelle wie beispielsweise die Diffusions-Theorie [15], die „Mixed Crystal“-Hypothese [16] und die Nexus-Hypothese [17].


Literaturhinweise

[1] Wool, R. P., Yuan, B. L., McGarel, O. J.: Welding of Polymer Interfaces. Polym. Eng. and Sci. 29 (1989) 1340–1367
[2] Stehling, F. C., Meka, P.: Heat Sealing of Semicrystalline Polymer Films. II. Effect of Melting Distribution on Heat-Sealing Behavior of Polyolefins. J. of Appl. Polym. Sci. 51 (1994) 105–119
[3] Nentwig, J.: Kunststoff – Folien. Herstellung – Eigenschaften – Anwendung. Carl Hanser Verlag München Wien, 3. Auflage (2006) (ISBN 978-3-446-40390-1; siehe AMK-Büchersammlung unter G 7-1)
[4] Barbari, E.: Ultraschallschweißen von Thermoplasten – Möglichkeiten der Einsatzoptimierung. Dissertation, Rheinisch-Westphälische Hochschule Aachen (1988)
[5] Asturias, M., Reincke, K., Langer, B., Grellmann, W.: Assessment of Sealing Properties of two Multilayers Plastic Packaging Systems for Technical and Food Products. Technomer 2015, Chemnitz, 12.-13.11.2015, Tagungsband Beitrag 7.7, S. 1–12
[6] Asturias, M., Reincke, K., Oßwald, K., Schreib, I., Kiese, R., Langer, B., Grellmann, W.: Bruchmechanische Kenngrößen im Einsatz: Bewertung des Einflusses verschiedener Parameter auf das Peelverhalten von Mehrschichtfolien. Fracture Mechanics Parameters in Use: Characterization of the Influence of Various Factors on the Peeling Performance of Multilayer Films. Werkstoffprüfung 2016, Fortschritte in der Werkstoffprüfung für Forschung und Praxis. 1. und 2.12.2016, Neu-Ulm, Tagungsband S. 233-238 (ISBN 978-3-514-00830-4; siehe AMK-Büchersammlung unter M 61)
[7] Cole, P. J., Macosko, C. W.: Polymer–Polymer Adhesion in Melt-processed Layered Structures. J. of Plastic Film and Sheeting 16 (2000) 213–222
[8] Bonten, C., Schmachtenberg, E.: A New Hypothesis to Describe the Mechanisms Acting in a Welded Joint of Semicrystalline Thermoplastics. Polym. Eng. and Sci. 41 (2001) 475–483
[9] de Gennes, P.-G.: Reptation of a Polymer Chain in the Presence of Fixed Obstacles. J. of Chem. Phys. 55 (1971) 572–576
[10] de Gennes, P.-G.: Scaling Concepts in Polymer Physics. Cornell University Press, Ithaca New York, 1st Edition (1979) (ISBN 978-0-8014-1203-5)
[11] Doi, M., Edwards, S. F.: The Theory of Polymer Dynamics. Oxford Science Publications, New York (1986) (ISBN 0-19-852033-6)
[12] des Cloizeaux, J.: Double Reptation VS. Single Reptation of Polymer Melts. Europhysical Letters 5 (1988) 437–442
[13] Elias, H.-G.: Polymere – Von Monomeren und Makromolekülen zu Werkstoffen. Eine Einführung. Hüthig und Wepf Verlag, Heidelberg (1996) (ISBN 3-8252-8107-8)
[14] Cowie, J. M. G.: Chemie und Physik der synthetischen Polymere. Vieweg Verlag, Wiesbaden (1997) (ISBN 3-528-06616-4)
[15] Voyutskii, S. S.: Autohesion and Adhesion of High Polymers. John Wiley & Sons, New York (1963) (ISBN 978-0470911945)
[16] Scholten, F. L., Oesterholt, D. J. A.: Schweißeignung und Kerbunempfindlichkeit von Rohren aus vernetztem Polyethylen (PE-Xa), Report GDT/MAT96319/Sch/052.V, Gastec N.V., Apeldoorn, Niederlande (1996)
[17] Bonten, C.: Beitrag zur Erklärung des Wirkmechanismus in Schweißverbindungen aus teilkristallinen Thermoplasten. Dissertation, Rheinisch-Westphälische Technische Hochschule Aachen (1999)