Piezokeramik: Unterschied zwischen den Versionen
Posch (Diskussion | Beiträge) |
|||
Zeile 82: | Zeile 82: | ||
|-valign="top" | |-valign="top" | ||
|[5] | |[5] | ||
− | |Schmid, A. I.: Piezokeramik-Funktion, Bauarten und Anwendungen. Argillon GmbH Piezoproducts Rewitz a. d. Rodach, [http://www.keramverband.de/keramik/pdf/05/sem05_04.pdf www.keramverband.de/keramik/pdf/05/sem05_04.pdf] (Zugriff am | + | |Schmid, A. I.: Piezokeramik-Funktion, Bauarten und Anwendungen. Argillon GmbH Piezoproducts Rewitz a. d. Rodach, [http://www.keramverband.de/keramik/pdf/05/sem05_04.pdf www.keramverband.de/keramik/pdf/05/sem05_04.pdf] (Zugriff am 18.05.2020) |
|} | |} |
Version vom 8. Juni 2020, 12:54 Uhr
Ein Service der |
---|
Polymer Service GmbH Merseburg |
Tel.: +49 3461 30889-50 E-Mail: info@psm-merseburg.de Web: https://www.psm-merseburg.de |
Unser Weiterbildungsangebot: https://www.psm-merseburg.de/weiterbildung |
PSM bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Polymer Service Merseburg |
Piezokeramik
Physikalische Grundlagen
Piezokeramik sind funktionelle keramische Werkstoffe, die in der Lage sind, mechanische Energie in elektrische Energie umzuwandeln und umgekehrt.
Die physikalische Erscheinung an polaren und isolierenden Kristallen, das eine mechanische Verformung (Druck) proportionale elektrische Ladungen auf der Kristalloberfläche hervorruft, wird als direkter piezoelektrischer Effekt und die dazu gehörige Eigenschaft als Piezoelektrizität bezeichnet.
Das grundlegende piezoelektrische Verhalten von keramischen Werkstoffen wurde im Jahre 1880 von den Brüdern Jaques und Pierre Curie an Turmalin- und Signettesalzkristallen und später bei Quarzen und Topas entdeckt. Im Jahre 1881 prognostizierte Gabriel Lippmann den umgekehrten piezoelektrischen Effekt, der besagt, dass eine an einem Kristall angelegte Spannung eine Deformation des Kristallgitters bewirkt (Bild 1). Dieser Effekt konnte ebenfalls von Jaques und Pierre Curie experimentell nachgewiesen werden [1, 2].
Bild 1: | Polares, isolierendes Kristallgitter (a) im undeformierten und (b) durch eine Druckkraft im deformierten Zustand |
Prinzipiell unterscheidet man zwischen dem direkten und inversen piezoelektrischem Effekt. Bei dem direkten piezoelektrischen Effekt bewirkt die mechanische Deformation eines piezoelektrischen Werkstoffes (Kristalls) eine Verschiebung der elektrischen Polarisation an der Oberfläche (Oberflächenspannung bzw -ladungen), die sich z. B. als messbare elektrische Signale mittels Ladungsverstärker für Sensoren technisch nutzen lassen. Bei dem inversen piezoelektrischen Effekt wird ein elektrisches Feld z. B. über Kondensatorplatten angelegt, was zu einer Verformung im Werkstoffinneren führt und technisch für Schaltvorgänge in Aktoren genutzt werden kann [3].
Der piezoelektrische Effekt
Technische Piezokeramiken oder -kristalle wie z. B. Quarz (SiO2) können in unterschiedlichen Raumrichtungen geschnitten werden, wodurch differierende Piezoeffekte und Sensorempfindlichkeiten in Abhängigkeit von den geometrischen Abmessungen und der Belastungsart auftreten. Dies sind der piezoelektrische longitudinale, der transversale und der Schub- oder Schereffekt, der unterschiedliche Ladungen, aber auch verschiedenartige technische Applikationsvarianten bewirkt (Bild 2) [4].
Bild 2a: | Prinzip des longitudinalen piezoelektrischen Effekts am polarem, isolierenden Kristallgitter (a) im undeformierten und (b) deformierten Zustand [4] |
Bild 2b: | Prinzip des transversalen piezoelektrischen Effekts am polarem, isolierenden Kristallgitter (a) im undeformierten und (b) deformierten Zustand [4] |
Bild 2c: | Prinzip des piezoelektrischen Schubeffekts am polarem, isolierenden Kristallgitter (a) im undeformierten und (b) deformierten Zustand [4] |
Bei dem Longitudinaleffekt entstehen die abgreifbaren Ladungen auf den Lastangriffsflächen, wobei die Ladung nicht von der Geometrie, sondern nur vom Absolutbetrag der Kraft abhängt (Bild 2a). Durch die Reihenschaltung derartiger Elemente kann der Ladungsbetrag und somit die Spannung vergrößert werden. Im Fall des piezoelektrischen Transversaleffekts hat die Geometrie des Piezoelements einen wesentlichen Einfluss auf die Ladungsausbeute (Bild 2b). Beim Schub- oder Schereffekt bestehen ähnliche Verhältnisse wie bei dem Longitudinaleffekt, d. h. die Größe der Ladung ist unabhängig von den geometrischen Abmessungen (Bild 2c) [4].
Technische Anwendungen
Das Sensor- und Aktorverhalten von piezoelektrischen Werkstoffen ermöglicht eine Vielzahl von technisch anspruchsvollen Anwendungen in komplexen Baugruppen und Systemen in vielen Bereichen der Elektrotechnik, des Maschinenbaus, der Akustik, der Automatisierungstechnik, der Nachrichtentechnik, der Informationstechnologie und des Automobilbaus, da derartige Sensoren uniaxial oder multiaxial einsetzbar sind.
Beispiele hierfür sind [5]:
- Schwingquarze als Taktgeber in Quarzuhren
- Piezozünder in Feuerzeugen
- Piezo-Aktoren für Kraftstoff-Einspritzsysteme in Dieseleinspritzmotoren
- Schwinger zur Erzeugung von Ultraschall z. B. in Ulraschallreinigungsgeräten
- Tonabnehmersysteme bei Saiteninstrumenten
- Ladungsverstärkern
- Piezokeramische Schwinger in Ultraschall- und Beschleunigungsprüfköpfen
- Kraft-, Dehnungs- und Drehmomentensensoren
Die heutigen technischen Lösungen wurden durch die Entwicklung von hoch effizienten, für den technischen Einsatz optimierten und kostengünstigen, piezokeramischen Werkstoffen und Komponenten, wie z. B. den Bleizirkonattitanat (PZT)-Keramiken ermöglicht.
Derartige PZT-Keramiken besitzen eine Umwandlungstemperatur bzgl. des Kristallgitters, die mit Curie-Temperatur Tc oder auch Curie-Punkt bezeichnet wird, an dem eine energetisch bedingte Verschiebung einzelner Ionen im Kristallgitter stattfindet. Oberhalb des Curie-Punktes tritt kein piezoelektrischer Effekt auf. Unterhalb des Curie-Punktes fallen die positiven und negativen Ladungsschwerpunkte innerhalb des Kristallgitters nicht mehr zusammen, es tritt eine spontane Polarisation auf und es bilden sich elektrische Dipole aus. Unterhalb des Curie-Punktes (T < Tc) besitzt das Bleizirkonattitanat ein tetragonales oder rhomboedrisches Gitter, während für T > Tc ein kubisches Kristallgittter besteht.
Für die Herstellung einer PZT-Keramik wird das piezoelektrische Material in polykristalliner Form weiterverarbeitet. Die beiden gebräuchlichsten Herstellungsverfahren für Piezokeramiken sind das Pressverfahren und das Foliengießverfahren. Bei der Presstechnik wird ein Block des Piezomaterials in einer Form gepresst und anschließend gebrannt und weiterverarbeitet. Bei der Foliengießtechnik wird das Piezomaterial auf eine Folie gegossen, gestanzt und anschließend gebrannt.
Literaturhinweise
[1] | Wagner, J., Burgemeister, J.: Piezoelektrische Beschleunigungsaufnehmer. In: Weber, M. (Hrsg.): Piezoelektrische Beschleunigungsaufnehmer. Metra Mess- und Frequenztechnik e.K., Radebeul, 6. Auflage (2012) |
[2] | Schmidt, G.: Kompendium der Physik. Gustav Fischer Verlag Jena, Gebundene Ausgabe (1971) (siehe AMK-Büchersammlung unter I 27) |
[3] | Hering, E., Modler, K.-H. (Hrsg.): Grundwissen des Ingenieurs. Fachbuchverlag Leipzig. 13. Auflage 2002, Carl Hanser Verlag München Wien (ISBN 3-446-21443-7, siehe AMK-Büchersammlung unter L 37) |
[4] | Laible, M., Müller, R. K., Bill, B., Gehrke, K.: Mechanische Größen, elektrisch messen – Grundlagen und Beispiele zur technischen Ausführung. Expert-Verlag, Renningen, 7. Auflage 2009 (ISBN 978-3-8169-2892-8) |
[5] | Schmid, A. I.: Piezokeramik-Funktion, Bauarten und Anwendungen. Argillon GmbH Piezoproducts Rewitz a. d. Rodach, www.keramverband.de/keramik/pdf/05/sem05_04.pdf (Zugriff am 18.05.2020) |