Schichtsilikatverstärkte Polymere: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 28. November 2022, 14:08 Uhr
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Schichtsilikatverstärkte Polymere
Polymere Nanokomposite
Polymere, insbesondere Massenkunststoffe, bieten häufig ein breites Anwendungsspektrum und eine gute Relation zwischen Werkstoffeigenschaften und Kosten. Zum Erschließen weiterer Einsatzbereiche für Massenkunststoffe oder als Ersatz teurerer Kunststoffe ist eine Modifizierung notwendig. Ein großes Potenzial bieten hierbei nanoskalige Verstärkungsstoffe, wie z. B. Schichtsilikate, aufgrund der verhältnismäßig großen Verbesserungsmöglichkeiten von Steifigkeit und Festigkeit, bei einer gleichzeitig nur geringen Dichtezunahme der Werkstoffe, resultierend aus dem relativ geringen Anteil an Verstärkungsstoffen im Werkstoff.
Um eine ausreichende Haftung zwischen der organischen Polymermatrix und den anorganischen Schichtsilikaten zu gewährleisten, ist deren chemische Modifizierung notwendig. Eine mangelhafte Haftung führt zu einer Abnahme der Zähigkeit des Werkstoffes, einem typischen Problem von polymeren Nanokompositen. Neben der unzureichenden Haftung sind die nicht ausreichende Exfolierung und Dispersion der Verstärkungsstoffe weitere eigenschaftsrelevante strukturelle Voraussetzungen. Als Folge dieser strukturellen Unzulänglichkeiten kann Agglomeratbildung auftreten, die eine Reduktion einiger Werkstoffeigenschaften wie beispielsweise der Zähigkeit bewirkt.
Exfolierte und interkalierte Strukturen
Eine exfolierte Struktur (ideale Struktur) ist durch die Trennung der einzelnen Plättchen der Schichtsilikate und deren vollständige und gleichmäßige Verteilung im Werkstoff gekennzeichnet (Bild 1). In einer interkalierten Struktur sind die Abstände zwischen den einzelnen Plättchen vergrößert, aber die Plättchen nicht getrennt. Die Plättchenstapel selbst sind im Werkstoff gleichmäßig dispergiert. Häufig weisen polymere Nanokomposite eine Hybridstruktur, bestehend aus exfolierten Plättchen und interkalierten Bereichen, auf [1–4]. Auf diese strukturellen Änderungen im Werkstoff reagieren bruchmechanische Zähigkeitskennwerte (siehe bruchmechanische Prüfung) außerordentlich sensitiv und sind somit geeignete Indikatoren zur Bewertung des Eigenschaftsniveaus dieser Werkstoffklasse [5].
PA6/OMMT-Nanokomposite
In einer Dissertation von Monami [6, 7] wurden PA6/OMMT-Nanokomposite unter bruchmechanischen Aspekten untersucht. Dazu wurden in eine PA6-Matrix chemisch modifizierte Schichtsilikatplättchen vom Montmorillonittyp (OMMT) eingearbeitet, die eine Dicke von etwa 1 nm und einen Durchmesser von über 100 nm haben. Die OMMT-Plättchen waren von verschiedenen Herstellern und unterscheiden sich teilweise im verwendeten chemischen Modifikator des OMMTs und zum Teil in der Primärpartikelgröße.
Bild 1: | Schematische Darstellung von exfolierter, interkalierter und hybrider Struktur von nanoskaligen Kompositwerkstoffen |
Das OMMT hat in diesen Verbunden eine nukleierende Wirkung. Dadurch beginnt die Kristallisation der Schmelze bereits bei einer geringeren Unterkühlung und ein höherer Kristallisationsgrad (siehe Kristallinität) wird erwartet. Andererseits schränken die Plättchen in der Polymerschmelze die Migration der Molekülketten an die Kristallwachstumsfront stark ein, was zu einer Abnahme des Kristallisationsgrades führt. Basierend auf diesen beiden Wirkungen bildet sich ein spezifisches Gleichgewicht aus, das den Kristallinitätsgrad der Werkstoffe bestimmt.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass der chemische Modifikator und der Schichtsilikatanteil die Struktur und die Werkstoffeigenschaften entscheidend beeinflussen. Insbesondere die Wechselwirkungen zwischen OMMT und PA6 und der Exfolierungszustand der Werkstoffe hängen vom chemischen Modifikator ab. Mit steigendem Schichtsilikatanteil erhöhen sich die Steifigkeit und die Festigkeit aufgrund der verstärkenden Wirkung des OMMTs, während die Verformungsfähigkeit eingeschränkt wird. Wasser hat eine plastifizierende Wirkung auf die hygroskopen Polyamid-Werkstoffe und erhöht somit die Zähigkeit und den Widerstand gegen instabile Rissausbreitung, während Steifigkeit und Festigkeit beispielsweise reduziert werden.
Die bruchmechanischen Untersuchungen haben gezeigt, dass der Widerstand gegen instabile Rissausbreitung sehr sensitiv gegenüber der Struktur der Nanokomposite und ihrem Exfolierungsgrad ist. Die bruchmechanischen Kennwerte exfolierter Nanokomposite nehmen mit steigendem OMMT-Anteil ab, wohingegen der Widerstand gegen instabile Rissausbreitung für interkalierte Werkstoffe zunimmt, da diese durch plastische Deformationen zusätzlich Energie dissipieren.
Chemisch modifiziertes Schichtsilikat (OMMT) ist ein innovativer Verstärkungsstoff für PA6, der insbesondere die Steifigkeit und die Festigkeit erhöht. Die Reduzierung der Zähigkeit und des Widerstandes gegen instabile Rissinitiierung kann durch einen Anteil interkalierter Plättchen ausgeglichen werden, die energiedissipative Deformationen ermöglichen und somit die Zähigkeit und den Widerstand gegen instabile Rissinitiierung erhöhen.
Die eingesetzten PA6/OMMT-Nanokomposite führten zu einem ausgewogenen Eigenschaftsprofil und können beispielsweise durch eine zusätzliche Modifizierung mit Schlagzähmodifikatoren für vielfältige Anwendungen weiter optimiert werden. Der größte Vorteil dieser Werkstoffe ist sicherlich ihre hohe Steifigkeit und Festigkeit bei geringen Anteilen von OMMT und somit bei niedriger Dichte.
Literaturhinweise
[1] | Alexandre, M., Dubois, P.: Polymer-layered Silicate Nanocomposites: Preparation, Properties and Uses of a New Class of Materials. Mat. Sci. Eng. 28 (2000) 1–63 |
[2] | Chiu, F.-C., Lai, S.-M., Chen, J.-W., Chu, P.-H.: Combined Effects of Clay Modifications and Compatibilizers on the Formation and Physical Properties of Melt-mixed Polypropylene/Clay Nanocomposites. J. Polym. Sci. Part B: Polym. Phys. 42 (2004) 4139–4150 |
[3] | Gianelli, W., Ferrara, G., Camino, G., Pellegatti, G., Rosenthal, J., Trombini, R. C.: Effect of Matrix Features on Polypropylene Layered Silicate Nanocomposites. Polymer 46 (2005) 7037–7046 |
[4] | Grellmann, W., Reincke, K., Monami, A., Kretzschmar, B.: Bruchmechanische Zähigkeitscharakterisierung von Schichtsilikatverstärktem Polypropylen. In: Pohl, M. (Hrsg.): Konstruktion, Qualitätssicherung und Schadensanalyse. Tagung "Werkstoffprüfung 2007", 29.-30. November 2007, Tagungsband S. 115–120, Verlag Stahleisen Düsseldorf (2007) (ISBN 978-3514007536; siehe auch AMK-Büchersammlung unter M 14) |
[5] | Grellmann, W., Seidler, S.: Deformation und Bruchverhalten von Kunststoffen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg (1998) (ISBN 3-540-63671-4; e-Book (2014): ISBN 978-3-642-58766-5; siehe AMK-Büchersammlung unter A 6) |
[6] | Monami, A.: Struktur, Exfolierungszustand und Eigenschaften von PA/OMMT-Verbundwerkstoffen. Dissertation (2013) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Mensch & Buch Verlag (2014), (ISBN 978-3-86387-402-5; siehe AMK-Büchersammlung unter B 1-26) |
[7] | Monami, A., Reincke, K., Grellmann, W., Kretzschmar, B.: Temperature Dependence of Fracture Behaviour of PA6/OMMT Nanocomposites. J. Appl. Polym. Sci. 128 (2012) 1885–1894 |