Push-Out-Test

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Push-Out-Test

Grundlagen des Grenzflächenverhaltens zwischen Implantatwerkstoffen und Knochen

Für die Bewertung der Eignung von Implantatwerkstoffen (siehe Implantatprüfung), die Entwicklung neuer Biomaterialien und die gezielte Oberflächenmodifikation von Implantaten, die fest im Skelettsystem verankert werden sollen, ist die quantitative Untersuchung der Belastungsfähigkeit des Interface zwischen dem jeweiligen Implantatwerkstoff und dem Knochen von grundlegender Bedeutung. Eine wesentliche Voraussetzung für die dauerhafte Lastübertragung zwischen dem Implantat und dem Knochen ist ein unmittelbarer Kontakt ohne bindegewebeseitige Zwischenschichten, was auch als Osteointegration bezeichnet wird. Über die Beschaffenheit und Funktionalität des Interface, also die Biomechanik, existiert bis heute keine einheitliche Theorie, da unterschiedliche Autoren afibrilläre Zwischenschichten mit einer Dicke von ca. 0,1 µm nachweisen konnten und andere einen direkten Kontakt zum mineralisierten Knochen feststellten. Unabhängig von diesen Aussagen hängt die realisierbare Lastübertragung maßgeblich von dem verwendeten Implantatwerkstoff, der Geometrie und Oberflächenstruktur des Implantats sowie der eventuellen Anwesenheit bioaktiver Oberflächenschichten ab.

Zur quantitativen Charakterisierung des Grenzflächenverhaltens und Bewertung der Interfacefestigkeit hat sich die experimentelle Untersuchung der Grenzfläche (siehe: Phasengrenzfläche) mittels Modellimplantaten im Tierversuch (zumeist Kaninchen) bewährt. Die am häufigsten in der Prüfpraxis verwendeten Versuche sind dabei der pull-out Test und der push-out Test, bei denen in der Regel die erreichte Maximalkraft bzw. Scherfestigkeit mit dem ultimativen Versagen (siehe: Bruch) des Implantat-Knochen-Verbundes gleichgesetzt wird. Entgegen diesen Aussagen wird jedoch in der klinischen Praxis oftmals kein abruptes Versagen beobachtet, sondern eine allmähliche Lockerung des Implantats mit schrittweisem Grenzflächenversagen und einem folgenden Nachsinken der Endoprothese. Dieses konsekutive Abreißen der Knochenbälkchen bzw. partielle Debonding des Interface zwischen Knochen und Implantat führt zu lokalen Spannungsspitzen an den verbleibenden Kontaktstellen und letztendlich zur instabilen Rissausbreitung mit makroskopisch und klinisch evidenter Lockerung.

Der erweiterte Push-Out-Test

Aufgrund des komplexen Grenzflächenverhaltens zwischen Implantatwerkstoffen und Knochenmaterialien wurde der konventionell durchgeführte Push-out Test (siehe Bild 1) mit einer schädigungssensitiven, zerstörungsfreien Prüfmethode, der Schallemissionsprüfung, erweitert. Damit kann der Informationsgehalt dieser technologischen Prüfmethode der Kunststoffdiagnostik wesentlich erhöht werden. Die als Wellenleiter ausgelegte Tastnadel drückt das grau dargestellte Implantat aus dem Implantat-Knochen-Verbund. Das Implantat besitzt eine Länge von ca. 5 bis 10 mm und einen Durchmesser von 5 mm, wobei auswechselbare Tellergeometrien auch andere Implantatgeometrien zulassen.

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Bild 1: Erweiterter Push-out-Test mit angeschlossenem Schallemissionsaufnehmer (a) und schematische Darstellung des Durchstoßversuches

Durchführung des Erweiterten Push-Out-Test

Mit Versuchsbeginn werden zeitsynchron das Last-Verformungs-Diagramm und die ausgesandte akustische Emission mittels des angeschlossenen SE-Empfängers registriert (siehe Schallemissionsanalyse). Im Regelfall wählt man kleine Prüfgeschwindigkeiten im Bereich von 1 bis 5 mm min-1, um eine hohe akustische Signalauflösung zu erreichen und eine zu große Ereignisdichte der Schallsignale zu vermeiden. Aus dem F-Δl-Diagramm können die Scherspannung τ und die Scherung γ berechnet werden:

AM ist die Mantelfläche des Implantates, die allerdings nachträglich histologisch verifiziert werden sollte.

Im linearen Bereich der Scherspannungs-Scherungs-Kurve kann nach Eliminierung eventueller Anfahreffekte der Schermodul G berechnet werden:


Literaturhinweise

  • Holweg, K., Brandt, J., Bierögel, C., Grellmann, W., Altenbach, H.: Schädigungscharakterisierung der Implantat-Knochen-Grenzfläche. 4. Tagung des DVM-Arbeitskreises "Biowerkstoffe": Grenzflächen bei Implantaten – Mechanische und biologische Aspekte, 26.-27. März 2004, Köln, Tagungsband S. 9–17 Download als pdf
  • Bierögel, C.: Implantatprüfung. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 662–665, (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18)
  • Brandt, J., Bierögel, C., Holweg, K., Hein, W., Grellmann, W.: Erweiterter push-out-Test zur Schädigungscharakterisierung der Implantat-Knochen-Grenzfläche. Biomedizinische Technik 50 (2005) Heft 6, S. 1–6
  • Brandt, J., Pfennig, M., Bierögel, C., Grellmann, W., Bernstein, A.: Hydroxyapatite Coating Improves Bone Integration and Interface Strength of Polymer Implants in Bone. Key Engineering Materials Vols. 396–398 (2009) 331–335
  • Holweg, K.: Bestimmung der Eigenschaften der Grenzfläche zwischen Knochen und Implantat. Dissertation, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (2010) (siehe AMK-Büchersammlung unter B 1-22)