Farbabstand
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Farbabstand
CIE-Farbunterschiedsmetrik, Farbabstandsgleichungen
Neben der Farbe ist eine wichtige und bestimmende Größe die Ermittlung der Farbveränderung bzw. die Änderung des Farbabstandes ΔE. Hierfür werden verschiedene mathematische Ansätze (Farbabstandsgleichungen) verwendet [1].
CIELAB-Farbabstand ΔE*ab und ΔE*Ch
Die größte Verbreitung besitzt dabei der CIELAB-Farbabstand aus dem Jahr 1976 nach Gl. (1) und Gl (2). Jede gemessene Farbe wird durch drei Größen charakterisiert, welche sich in einem dreidimensionalen Raum als Vektor beschreiben lassen. Der euklidische Abstand (Farbabstand ) beschreibt die Länge bzw. Strecke, welche zwei Punkte verbindet und kann sowohl für das kartesische Gl. (1) wie auch für das Polarkoordinatensystem Gl. (2), erfolgen. Für eine bessere Unterscheidung wird abweichend von der in der Norm vorgegeben Nomenklatur für die Gleichung Gl. (2) stattdessen das Symbol im nachfolgenden verwendet.
(1) | |
= Helligkeits-Differenz | |
= Abstand Rot-Grün-Buntheit | |
= Abstand Gelb-Blau-Buntheit | |
(2) | |
= Buntheit-Differenz | |
= Buntton-Differenz |
Der CIELAB-Farbraum ist allerdings nur annähernd gleichabständig, d.h., es wird nicht erreicht, dass die physiologische Wahrnehmung (ermittelt durch experimentelle Untersuchungen mit normalsichtigen Testpersonen [2]) von gerade noch wahrnehmbaren Farbdifferenzen für alle Farben im Raum gleich ist. Dies ist schematisch im Bild 1a für das kartesische und in Bild 1b für das polare Koordinatensystem dargestellt.
Die Darstellung der mathematischen Berechnung von Farbabständen nach Gl. (1) und Gl. (2) ist in Bild 1a und b jeweils durch die Toleranzbox bzw. die Toleranzecke gekennzeichnet. Dabei ist der Unterschied zwischen der visuelle Übereinstimmung und der mathematischen Berechnung durch die Farbe schwarz gekennzeichnet, d.h. es wird numerisch korrekt ein Wert berechnet, welcher allerdings nicht zu einem visuell wahrgenommen Farbunterschied führt. Diese Diskrepanz ist bei der Berechnung für das kartesische Koordinatensystem Gl. (1) größer, als bei der Berechnung nach Gl. (2) für das Polarkoordinatensystem. Weiterhin werden bei gesättigten Farben Farbdifferenzen geringer empfunden, als es zu erwarten wäre, so dass insbesondere Blautöne falsch bewertet werden. Ein weiteres Problem ist, dass geringe Farbabstände im CIELAB-Farbraum nur schlecht wiedergegeben werden und aus diesem Grund angepasste Farbabstandsformeln verwendet werden müssen [1].
Bild 1: | Schematische Darstellung der Berechnung der Farbtoleranzen für den CIELAB-Farbraum im kartesischen Koordinatensystem (a) und für das Polarkoordinatensystem (b); in Anlehnung an [3] |
CIELAB-Farbabstand ΔE*CMC
Die Farbabstandsformel wurde gleich nach Veröffentlichung in der britischen Textilindustrie von McDonald [4‒6] durch umfangreiche Pass/Fail-Untersuchungen getestet und die genannten Unzulänglichkeiten konnten vollumfänglich bestätigt werden. Allerdings wurde im Rahmen der Untersuchungen ebenfalls festgestellt, dass gleiche Toleranzlimits in Form von in der Größe veränderbaren Ellipsen beschrieben werden können. Ausgehend von dem CIELAB-Farbraum wurden daher für die Farbabstandsformel in Gl. (2) (Polarkoordinatensystem) Gewichtsfunktionen für die drei Komponenten eingeführt. So hat das Colour Measurement Commitee (CMC) der Society of Dyers & Colourists Society, Bradford, West Yorkshire, UK (SDC) im Jahr 1984 eine eigene Farbabstandsformel – bzw. CMC(l:c) – nach Clark, McDonald und Rigg [7] definiert, welche 1995 zum ISO Standard für die Farbermittlung von Textilen erhoben wurde. Die Gleichung Gl. (3) gibt den mathematischen Zusammenhang zwischen den Messwerten und dem Farbabstand an und Gl. (4) bis Gl. (7) beschreiben die Gewichtsfunktionen für die Helligkeit SL, die Buntheit SC und den Buntton SH, mit welchen versucht wird, die nicht vorhandenen gleichabständigen Farbabstände im CIELAB-Farbraum anzupassen. Der Parameter SL hängt dabei von der Helligkeit ab und reduziert den Effekt des zunehmenden Helligkeitsunterschieds für Werte von über 16. Die Gewichtsfunktion für die Buntheit SC reduziert den Unterschied der Buntheit im a*, b*-Diagramm, wo mit zunehmender Buntheit die Größe der Ellipsen zunimmt (vgl. Bild 2). Die Gewichtsfunktion SH ist dagegen deutlich komplexer. Mit dieser Funktion wird versucht, dem Umstand gerecht zu werden, dass Variationen im Winkel der Buntheit hab,1 und des Bunttons generell größenabhängig vom Buntton und Unregelmäßigkeiten im Winkel der Buntheit sind. Dies resultiert in Toleranzellipsen, welche im orangen Bereich enger gepackt und im grünen Bereich größer sind. Dies ist im Bild 2 graphisch dargestellt.
(3) | |
für ≥ 16 | (4) |
für < 16 | (5) |
(6) | |
|
(7) |
(8) | |
gilt, falls hab,1 zwischen 164° und 345° liegt, | (9) |
(10) |
Bild 2: | Schematische Darstellung der Berechnung der Farbtoleranzen für den CIELAB-Farbraum im Polarkoordinatensystem für die Farbabstandsgleichung ; in Anlehnung an [3] |
Die Parameter l und c in Gl. (3) sind linear abhängige Faktoren, welche die relative Empfindlichkeit zwischen den Helligkeits- und Buntheitsunterschieden festlegen. Das Auge reagiert prinzipiell empfindlicher auf Änderungen der Helligkeit (l) als auf Änderungen der Buntheit (c). Bei Abmusterungsuntersuchungen in der Textilindustrie wurde ein Verhältnis von l : c von 2 : 1 festgesetzt. In der Kunststoffindustrie wird dagegen ein Verhältnis von 1,37 : 1 verwendet [8]. In Bild 3a sind schematisch die Ellipsoide für die genannten l : c-Verhältnisse dargestellt. Weiterhin wird in kommerziellen Situationen durch die Festlegung des „commercial factors cf“ die Größe des akzeptablen Farbunterschiedes auf alle Dimensionen der Ellipsoiden angepasst. Dies bedeutet, dass durch den cf-Faktor die Größe der Ellipsoiden so angepasst werden kann, dass es der visuellen Akzeptanz entspricht (Bild 3b). Ein cf-Wert von 1,0 bedeutet, dass bei Pass/Fail-Untersuchungen -Werte kleiner Eins akzeptiert und Werte größer Eins nicht akzeptiert werden.
Bild 3: | Schematische Darstellung unterschiedlicher l : c-Verhältnisse (a) sowie des commercial factors cf (b) [9] |
CIELAB-Farbabstand ΔE*94 und ΔE*00
Die CIE hat ausgehend von den Unzulänglichkeiten der Farbabstandsformel CIELAB 1976 und den Ergebnisses von Clark, McDonald und Rigg [7] dagegen eigene Anstrengungen zur Verbesserung unternommen. So hat die CIE weitere Farbabstandsformeln in den Jahren 1994 und 2000 festgelegt, welche die Blautöne, den Einfluss der Umgebungshelligkeit, die Adaption an die Helligkeit sowie hellen und dunklen Töne besser berücksichtigen. Die Bestimmung des Farbabstandes (auch CIE94) nach Gl. (11) berücksichtigt ausgehend von den Ergebnissen von Clark, McDonald und Rigg [7] ebenso verschiedene Gewichtsfunktionen für die Helligkeit SL Gl. (12), die Buntheit SC Gl. (13) sowie den Buntton SH Gl. (14).
(11) | |
(12) | |
(13) | |
(14) |
Die Parameter kL, kC und kH beschreiben die Differenz der experimentellen Bedingungen von den Referenzbedingungen, wie sie durch die CIE im Jahr 1993 für die Bestimmung von Farbabständen festgelegt wurden [10]:
- Beleuchtung mit Lichtart D65 (Normlichtart, Farbtemperatur 6503 K)
- Beleuchtungsstärke 1000 lx
- Umgebungsfarbe neutrales Grau mit L* gleich 50
- die Probengröße soll mehr als 4° des Gesichtsfeldes umfassen (10°-Normalbeobachter); (siehe Farbmetrik)
- Muster- und Vergleichsprobe sollten möglichst homogen und strukturlos sein
- Muster- und Vergleichsprobe sollen direkt nebeneinander liegend
- Größe des Farbabstandes kleiner als 5
Werden die Messungen unter den Referenzbedingungen durchgeführt, gilt für alle Parameter der Zahlenwert 1. Abweichungen davon sind in entsprechender Weise durch eine geeignete Anpassung zu berücksichtigen. Eine Überprüfung der Farbabstandsformel durch umfangreiche Untersuchungen von Melgosa [11] sowie Rigg [12] ergab, dass eine zusätzliche Gewichtsfunktion für die Helligkeit Gl. (12) nötig ist und insbesondere Abweichungen für den gelben Bereich auftraten. Bezugnehmend auf Ergebnisse zur Festlegung der Farbabstandsformel CIE94 wurde umfangreiche neue Farbdatensätze [1] für weitere Untersuchungen festgelegt. Am Ende der Bemühungen stand die Farbabstandsformel (auch CIEDE2000) nach Gl. (30). Bei diesen Untersuchungen wurde eine Anpassung der Gewichtsfunktionen vorgenommen. Es wurde festgestellt, dass für unbunte Farben in der Nähe der b*-Achse die Kontur der Toleranzfunktion eine Ellipse und nicht wie erwartet ein Kreis ist. Dies machte die Definition eines neuen Koordinatensystems nötig, wo die nahen unbunten Ellipsen in Kreise entlang der a*-Achse transformiert werden. Hierfür wurden die Koordinaten a', b' und L' nach den Gleichungen (23) bis (27) festgelegt. Der Effekt der Transformation ist besonders für geringe Buntheitswerte gegeben und strebt für mittlere -Werte ab 30 den Wert Null an.
mit | (15) |
(16) | |
(17) | |
(18) | |
(19) |
Die in der Farbabstandsformel nicht berücksichtigte Anpassung für die Helligkeit SL gleich 1 gesetzt in Gl. (12) wurde entsprechend der neuen Farbdatensätze und Untersuchungsergebnisse als nötig und von großem Einfluss erachtet [13], weshalb bei der CIEDE2000-Formel eine Funktion für SL festgelegt wurde Gl. (20). Für die Gewichtsfunktion SC gilt Gl. (22), welche den Effekt der Unterschiede in der Buntheit mit Zunahme der Buntheit beschreibt. Die Gewichtsfunktion für den Buntton SH Gl. (24) ist dagegen komplexer, da ein komplizierter Zusammenhang zwischen den Unterschieden und den Bunttonwinkeln vorliegt [14]. Um diesen Umstand gerecht zu werden, wird die T-Funktion (Gl. 25) eingeführt. Eine weitere Schwierigkeit ist die Berücksichtigung der Blautöne im CIELAB-Farbraum, für welche bei den bisherig berücksichtigten Farbabstandsformeln nur unbefriedigende Ergebnisse erzielt wurden. Für eine adäquate Berücksichtigung wurde deshalb ein Rotationsterm RT als multiplikative Funktion nach Gl. (27) festgelegt. Dieser Term nimmt entsprechend der Festlegung nur im blauen Bereich des CIELAB-Farbraumes mit Winkeln des Bunttons hm von um 270° Werte größer Null an und hängt stark von der Buntheit Cm ab.
(20) | |
(21) | |
mit | (22) |
(23) | |
(24) | |
mit | (25) |
(26) | |
mit | (27) |
|
(28) |
(29) | |
(30) |
Für die Parameter kL, kC und kH gelten die gleichen Voraussetzungen wie für die CIE94-Formel und sie nehmen den Zahlenwert 1 an, wenn unter den Referenzbedingungen die Messungen durchgeführt wurden.
Ausgehend von den verschiedenen Farbabstandsformeln und umfangreichen Untersuchungen zur Anwendung und Übereinstimmung mit physiologischen Experimenten können die in Tabelle 1 aufgelisteten prozentualen visuellen Übereinstimmungen abgeleitet werden.
Tabelle 1: | Vergleich der visuellen und instrumentellen Ermittlung von Farbunterschieden [9, 15] |
Toleranzmethode | visuelle Übereinstimmung | |
Formelzeichen | Abkürzung | |
CIELAB 1976 | 75 % | |
CIELAB 1976 / CIELCH 1976 | 85 % | |
CMC (l:c) | 95 % | |
CIE94 | 95 % | |
CIEDE2000 | > 95 % |
Es ist ersichtlich, dass die visuelle Übereinstimmung im Bereich 75 % bis größer 95 % variiert und die besten Übereinstimmungen bei der CMC(l : c)- und der CIEDE2000-Farbabstandsformel vorliegen. Einen nachweisbarer Unterschied zwischen den CIE94- und CEDE2000-Formeln kann nicht eindeutig nachgewiesen und werden und es wird aus diesem Grund von der CIE die Verwendung der Farbabstandsformel CIEDE2000-Formel als bevorzugt angesehen [1]. Entsprechend der Normungen für die Textilindustrie, ist die Verwendung der CMC(l : c)-Farbabstandsformel anzuwenden. Die Festlegung der für eigene Untersuchungen geeigneten Toleranzmethode kann unter Berücksichtigung der folgenden fünf Regeln nach Billmeyer (1970 und 1979) erfolgen [9]:
- Auswahl und Verwendung einer Toleranzmethode für alle Untersuchungen
- Exakte Angabe der Berechnung der Farbveränderung
- Niemals mit unterschiedlichen Methoden berechnete Farbunterschiede durch Verwendung von Durchschnitt-/Mittelwerten umrechnen
- Verwendung von Farbunterschieden nur als erste Annäherung bei der Festlegung von Toleranzen, außer sie werden durch eine visuelle Beurteilung bestätigt
- Niemand akzeptiert oder lehnt Farben aufgrund von Zahlen ab, es zählt nur das Aussehen.
Literaturhinweise
[1] | Witt, K.: CIE Color Difference Metrices. In: Schanda, J. (Ed.): Colorimetry: Understanding the CIE System. John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey (2007) 79–100 |
[2] | MacAdam, D. L.: Visual Sensitivities to Color Differences in Daylight. Journal of the Optical Society of America 32 (1942) 247–273 |
[3] | CIELAB – Color Management System, Document L10-281. X-Rite, Incorporated (2007) |
[4] | McDonald, R.: Industrial Pass/Fail Colour Matching. Part III – Development of a Pass/Fail Formula for Use with Instrumental Measurement of Colour Difference. Journal of the Society of Dyers and Colourists 96 (1980) 486–497 |
[5] | McDonald, R.: Industrial Pass/Fail Colour Matching. Part II – Methods of Fitting Tolerance Ellipsoids. Journal of the Society of Dyers and Colourists 96 (1980) 418–433 |
[6] | McDonald, R.: Industrial Pass/Fail Colour Matching. Part 1 – Preparation of Visual Colour-Matching Data. Journal of the Society of Dyers and Colourists 96 (1980) 372–376 |
[7] | Clarke, F. J. J., McDonald, R., Rigg, B.: Modification to the JPC79 Colour-difference Formula. Journal of the Society of Dyers and Colourists 100 (1984) 128–132 |
[8] | A Guide to Understanding Color Tolerancing, Document L10-024. X-Rite, Incorporated (1997) |
[9] | A Guide to Understanding Color Communication, Document L10-001. X-Rite, Incorporated (2007) |
[10] | CIE Technical Report (1993): Parametric Effects in Colour-Difference Evaluation, CIE Publication 101 |
[11] | Melgosa, M., Hita, E., Pérez, M. M., El Moraghi, A.: Sensitivity Differences in Chroma, Hue, and Lightness from Several Classical Threshold Datasets. Color Research & Application 20 (1995) 220–225 |
[12] | Rigg, B.: Color Difference Formulae – Recent Developments. Journal of the Society of Dyers and Colourists 111 (1995) 267–271 |
[13] | Chou, W., Lin, H., Luo, M. R., Westland, S., Rigg, B., Nobbs, J.: Performance of Lightness Difference Formulae. Coloration Technology 117 (2001) 19–29 |
[14] | Luo, M. R., Cui, G., Rigg, B.: The Development of the CIE 2000 Colour-Difference Formula: CIEDE2000. Color Research & Application 26 (2001) 340‒350 |
[15] | Fundamentals Color & Appearance – A Practical Approach to Understanding and Managing Color Quality. X-Rite Pantone® (2015) |