Dielektrische Eigenschaften

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Dielektrizitätszahl und dielektrischer Verlustfaktor

Physikalische Grundlagen

Die meisten technisch genutzten amorphen und teilkristallinen Kunststoffe sind elektrische Isolatoren, weshalb diese häufig für Kabelummantelungen, Gehäuse oder in Kondensatoren eingesetzt werden. Die elektrischen bzw. dielektrischen Eigenschaften werden dabei maßgeblich durch die chemische Struktur und die verarbeitungsbedingte Morphologie sowie eingesetzte Füll- und Verstärkungsstoffe bestimmt. Umgekehrt können Spezifika der Polymerstruktur oder -morphologie durch die Dielektrometrie ermittelt werden, wodurch z. B. die Dynamik des Vulkanisation­sprozesses oder die Aushärtung von Harzen beobachtet werden kann.

Die dielektrischen Eigenschaften eines Werkstoffes werden vor allem durch die Kenngrößen Dielektrizitätszahl εr (auch als relative Dielektrizitätskonstante oder Permittivität bezeichnet), den dielektrischen Verlustfaktor tan δ und die Suszeptibilität χ sowie die Polarisation dargestellt. Sie geben die Reaktion des Werkstoffes auf das Anlegen und die Durchlässigkeit eines elektrischen Feldes wider. Die elektrische Feldkonstante ε0 entspricht der dielektrische Funktion ε bei Nutzung eines Vakuums als Dielektrikum und die Permittivität eines Werkstoffes εr entspricht dem Vielfachen der Feldkonstanten, wobei die Kenngröße εr allerdings frequenzabhängig ist (Gl. 1) [1, 2].

(1)

Besonders die Dielektrizitätszahl ist von praktischer Bedeutung. Sie beschreibt die Fähigkeit eines Werkstoffes, elektrische Dipole in Isolatoren auszurichten und ist struktursensitiv sowie stark von der Temperatur abhängig. Deshalb wird sie für die Materialcharakterisierung als Kennwert herangezogen.

Ermittlung der Dielektrizitätszahl

Gemessen wird die Dielektrizitätszahl eines Werkstoffes in einem Messkondensator, der nach der DIN 53 483 [3] spezifiziert ist. Er besteht aus zwei kreisförmigen Plattenelektroden, wobei die eine Elektrode in eine Ringelektrode, die als Schutzelektrode fungiert, und eine Messelektrode (Durchmesser Dm) geteilt ist, um das zu messende elektrische Wechselfeld homogen zu halten (Bild 1). Der Abstand zwischen diesen beiden Elektroden (Schutzspalt g) beträgt meist 0,5 mm. Der Prüfkörper der Dicke h dient dabei als Dielektrikum.

Dielektische Eigenschaften-1.jpg

Bild 1: Schematischer Messaufbau zur Bestimmung der relativen Dielektrizitätszahl εr

Die Dielektrizitätszahl εr wird aus dem Verhältnis der Kapazitäten C des gefüllten (Prüfkörper) und des leeren (Luft) Messkondensators (C0) nach Gl. (2) bestimmt.

(2)

Dabei muss aufgrund von Gl. (3)

(3)

für die Ermittlung der beiden Kapazitäten C und C0 zur Berechnung von εr der identische Abstand h zwischen den Elektroden eingestellt werden.

Die Messungen werden bei den in der Praxis üblichen Frequenzen von 50 Hz, 1 kHz und 1 MHz durchgeführt (DIN 53 483-2) [4]. Die Dielektrizitätszahl εr ist frequenzabhängig und komplex (Gl. 4) und ist definiert als Summe aus dem Realteil und dem Imaginärteil (dielektrische Verlustzahl).

(4)

Für die Ermittlung der dielektrischen Verlustzahl wird das folgende, in Bild 2 dargestellte, Ersatzschaltbild verwendet. Daraus ergibt sich der komplexe Widerstand Z bzw. der Scheinleitwert 1/Z nach der Gl. (5)

(5)

Dielektische Eigenschaften-2.jpg

Bild 2: Ersatzschaltbild eines realen Kondensators

Ermittlung des dielektrischen Verlustfaktors

Der dielektrische Verlustfaktor für die Schaltung in Bild 2 ist nach Gl. (6) definiert.

(6)

Mit ist damit die frequenzabhängige dielektrische Verlustzahl nach der Gl. (7) zu berechnen. Die dielektrische Kenngröße tan δ wird als dielektrischer Verlustfaktor bezeichnet.

(7)

Die Eigenschaften des Dielektrikums sind in Gleichung (7) implizit in dem Parallelwiderstand R ausgedrückt. Statt Gleichung (1) kann also auch die Verlustzahl nach Gleichung (7) ermittelt werden, um die Eigenschaften des Dielektrikums zu charakterisieren.


Literaturhinweise

[1] Schönhals, A.: Elektrische und dielektrische Eigenschaften. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015), 3. Auflage, S. 357–398 (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18)
[2] Lindner, H., Siebke, W., Simon, G., Wuttke, W.: Physik für Ingenieure. Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag (2006), 17. Auflage, (ISBN 978-3-446-40609-4)
[3] DIN 53 483-1 (1969-07): Prüfung von Isolierstoffen – Bestimmung der dielektrischen Eigenschaften, Begriffe, Allgemeine Angaben
[4] DIN 53 483-2 (1970-03): Prüfung von Isolierstoffen – Bestimmung der dielektrischen Eigenschaften, Prüfung bei den festgelegten Frequenzen 50 Hz, 1 kHz, 1 MHz