Adhäsive Energiefreisetzungsrate: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Beispielsweise wird die adhäsive Energiefreisetzungsrate beim Peelsystem Polyethylen niederer Dichte geblendet mit isotaktischem Polybuten-1 (PE-LD/iPB-1) maßgeblich durch die Blendzusammensetzung beeinflusst. Als Ergebnis des T-[[Peeltest]]s ist in Bild 2 die adhäsive Energiefreisetzungsrate in Abhängigkeit vom iPB-1-Gehalt dargestellt. Die adhäsive Energiefreisetzungsrate vermindert sich exponentiell mit zunehmendem iPB-1-Gehalt. Diese Abhängigkeit wird bei der gezielten Einstellung des PE-LD/iPB-1-Peelsystems unter Verwendung bruchmechanischer Kennwerte zugrunde gelegt.
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Beispielsweise wird die adhäsive Energiefreisetzungsrate beim Peelsystem Polyethylen niederer Dichte geblendet mit isotaktischem Polybuten-1 (PE-LD/iPB-1) maßgeblich durch die Blendzusammensetzung beeinflusst. Als Ergebnis des [[T-Peeltest]]s ist in Bild 2 die adhäsive Energiefreisetzungsrate in Abhängigkeit vom iPB-1-Gehalt dargestellt. Die adhäsive Energiefreisetzungsrate vermindert sich exponentiell mit zunehmendem iPB-1-Gehalt. Diese Abhängigkeit wird bei der gezielten Einstellung des PE-LD/iPB-1-Peelsystems unter Verwendung bruchmechanischer Kennwerte zugrunde gelegt.
  
  

Version vom 19. November 2010, 17:56 Uhr

Adhäsive Energiefreisetzungsrate

Die adhäsive Energiefreisetzungsrate GaIc spiegelt ausschließlich den Energieanteil wider, der für die Trennung zweier versiegelter Folien aufgewendet werden muss und ist bei elastisch-plastischem Werkstoffverhalten anwendbar.

Die adhäsive Energiefreisetzungsrate GaIc wird nach Gl. 1 berechnet.

(1)

mit Ua - direkte Adhäsionsenergie
EG - Gesamtpeelenergie
Ed,P - Deformationsenergie der Peelarme
Ed,S - Deformationsenergie der gepeelten Siegelnaht
W - Breite der Siegelnaht
L - Länge der Siegelnaht


Die Gesamtpeelenergie EG entspricht dabei der Fläche unter dem Peelkraft-Bruchweg-Diagramm (auch Peelkurve; siehe Bild 1). Die Deformationsenergie der Peelarme Ed,P ist die Energie, die vom Peelprüfkörper im Vorfeld des eigentlichen Peelvorgangs aufgenommen wird. Im Peelkraft-Bruchweg-Diagramm ist der Beginn des Peelvorgangs durch eine Änderung des Anstiegs der Peelkurve bei ld,P gekennzeichnet, so dass die Deformationsenergie der Peelarme Ed,P der Fläche unter der Peelkurve bis ld,P entspricht. Es wird davon ausgegangen, dass sämtliche Deformationen, die nach ld,P infolge Krafterhöhung stattfinden, von der gepeelten Siegelnaht und nicht mehr vom Peelarm aufgenommen werden, da die gepeelte Siegelnaht eine größere Neigung zur Deformation aufweist als die Peelarme.

Adhesive G 1.jpg

Bild 1: Darstellung des idealen Verlaufs der Peelkurve, d.h. ohne Deformation der Siegelnaht (gepunktete Kurve) im Vergleich zur realen Peelkurve (durchgehende Kurve); ld,P – Beginn des Peelvorgangs; lB – Bruchweg; lB,i – Bruchweg beim idealen Peelversuch; Ed,P – Deformationsenergie der Peelarme; Ed,S – Deformationsenergie der gepeelten Siegelnaht und EG,i – ideale Gesamtpeelenergie bei zugelassener Deformation des Peelarms


Somit wird die Deformationsenergie der gepeelten Siegelnaht Ed,S durch Subtraktion der idealen Gesamtpeelenergie EG,i, d.h. der Gesamtpeelenergie beim Vorhandesein einer idealen Siegelnaht mit unendlichem E-Modul (gepunktete Peelkurve), von der Gesamtpeelenergie EG gemäß Gl. 2 berechnet. Es sei vorausgesetzt, dass der Peelarm auch beim Vorhandensein einer idealen Siegelnaht Deformationen aufnehmen kann.

(2)

Es wird vorausgesetzt, dass die Deformationsenergie der gepeelten Siegelnaht Ed,S nicht von der Deformationsenergie der Peelarme Ed,P beeinflusst wird, so dass die beiden Deformationsprozesse, die Deformation der Peelarme und die Deformation der Siegelnaht, nacheinander erfolgen. Der exakte Zahlenwert der idealen Gesamtpeelenergie EG,i ist nicht berechenbar, dennoch kann die Deformationsenergie der gepeelten Siegelnaht Ed,S nach Gl. 3 angenähert werden.

(3)

mit lB - Bruchweg beim realen Peelversuch und lB,i - Bruchweg beim idealen Peelversuch, d.h. ohne Deformationen der gepeelten Siegelnaht

Der Bruchweg im idealen Peelversuch wird für den T-Peeltest nach Gl. 4 und für den Fixed-Arm-Peeltest nach Gl. 5 berechnet.

(4)

mit ld,P Beginn des Peelvorgangs

(5)

mit - Peelwinkel

Beispielsweise wird die adhäsive Energiefreisetzungsrate beim Peelsystem Polyethylen niederer Dichte geblendet mit isotaktischem Polybuten-1 (PE-LD/iPB-1) maßgeblich durch die Blendzusammensetzung beeinflusst. Als Ergebnis des T-Peeltests ist in Bild 2 die adhäsive Energiefreisetzungsrate in Abhängigkeit vom iPB-1-Gehalt dargestellt. Die adhäsive Energiefreisetzungsrate vermindert sich exponentiell mit zunehmendem iPB-1-Gehalt. Diese Abhängigkeit wird bei der gezielten Einstellung des PE-LD/iPB-1-Peelsystems unter Verwendung bruchmechanischer Kennwerte zugrunde gelegt.


Ahaesive G 2.jpg

Bild 2: Einfluss des Masseanteils an iPB-1 auf die adhäsive Energiefreisetzungsrate


Literaturhinweise

[1] Kinloch, A.J., Lau, C.C, Williams, J.G.: The peeling of flexible laminates. International Journal of Fracture, 66 (1994) 45–70
[2] Nase, M., Langer, B., Grellmann, W.: Bruchmechanische Kennwertermittlung im T-Peeltest und im Fixed-Arm Peeltest. In: Frenz, H., Grellmann, W. (Hrsg.) 26. Tagung Werkstoffprüfung „Herausforderung neuer Werkstoffe an die Forschung und Werkstoffprüfung“, Berlin (2008) Tagungsband S. 223–228, ISSN 1861-8154; ISBN 978-3-00-026399-6
[3] Nase, M., Langer, B., Baumann, H.J., Grellmann, W.: Fracture mechanics on polyethylene/polybutene-1 peel films. Polymer Testing 27 (2008) 1017–1025