Druckversuch: Unterschied zwischen den Versionen

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Spröde polymere Werkstoffe, wie Polystyrol ([[Kurzzeichen]]: PS) und Polymethylmethacrylat ([[Kurzzeichen]]: PMMA) und zähe polymere Werkstoffe Polyamid ([[Kurzzeichen]]: PA) zeigen bedingt durch unterschiedliche Kraft-Deformations-Charakteristiken deutliche Unterschiede in den Spannungs-Stauchungs-Diagrammen. Während bei PS und PMMA ein Druckspannungsfließbereich entsteht, tritt bei spröden Epoxisharzwerkstoffen der Bruch bei der maximalen Kraft F<sub>max</sub> auf; für PA muss ein Ersatzkennwert bei x % Stauchung (Quetschung) ermittelt werden.
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Spröde polymere Werkstoffe, wie Polystyrol ([[Kurzzeichen]]: PS) und Polymethylmethacrylat ([[Kurzzeichen]]: PMMA) und zähe polymere Werkstoffe Polyamid ([[Kurzzeichen]]: PA) zeigen bedingt durch unterschiedliche Kraft-Deformations-Charakteristiken deutliche Unterschiede in den Spannungs-Stauchungs-Diagrammen. Während bei PS und PMMA ein Druckspannungsfließbereich entsteht, tritt bei spröden Epoxidharzwerkstoffen der Bruch bei der maximalen Kraft F<sub>max</sub> auf; für PA muss ein Ersatzkennwert bei x % Stauchung (Quetschung) ermittelt werden.
  
 
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Version vom 28. November 2022, 09:39 Uhr

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Druckversuch

Druckprüfanordnung und Belastungsschema

Der Druckversuch dient der Beurteilung des Werkstoffverhaltens bei einachsiger Druckbeanspruchung, wobei als Prüfkörper rechtwinklige Prismen, Zylinder oder Rohre verwendet werden können.

Im Bild 1 werden eine Druckprüfanlage und der Prüfablauf schematisch dargestellt.

Lexikon-Druckversuch-03.jpg

Bild 1: Druckprüfanordnung und Schema der Belastung eines Druckprüfkörpers

Die messtechnischen Voraussetzungen für die exakte Durchführung eines Druckversuches sind :

Technische Bedeutung des Druckversuches

Obwohl eine Vielzahl unterschiedlicher, werkstoffseitig orientierter Normen für die Prüfung der mechanischen Eigenschaften unter uniaxialer Druckbeanspruchung existiert, hat der Druckversuch – von einigen Spezialfällen abgesehen – grundsätzlich nicht die Bedeutung erlangen können, wie zum Beispiel der Zugversuch oder Biegeversuch oder die Prüfung der Härte.

Dieser Sachverhalt ist durch die relativ geringe Praxisrelevanz der Druckbeanspruchung und die versuchstechnischen Probleme begründet, so dass sich die Anwendung des Druckversuches auf spezielle Anwendungsfälle und/oder ausgewählte Werkstoffe beschränkt. Dazu gehören Baustoffe (Beton, Polymerbeton, Ziegel, Holz, Schaumstoffe u. a.), Werkstoffe, die in Dämpfern, Gleitlagern und Dichtungen u. ä. eingesetzt werden (Kupferlegierungen, Polyamid, Polyethylen, Gummi u. a.) und Verpackungsmaterialien (Pappe, Schaumstoffe u. a.).

Prüfnormen für verschiedene Werkstoffgruppen

Die Harmonisierung der Normen auf internationaler Ebene ist nicht so weit fortgeschritten, wie es z. B. bezüglich der Härteprüfung oder des Zugversuches zu beobachten ist.

Die nachfolgend aufgeführten Prüfnormen (siehe auch Literaturverzeichnis) werden für die verschiedenartigen Kunststoffe

angewendet, wobei die DIN EN ISO 604 sicherlich die weiteste Verbreitung gefunden hat.

Zur Untersuchung des Druckverformungsverhaltens von Prüfkörpern unter einer äußeren uniaxialen Druckbeanspruchung und zur Ermittlung der Druckfestigkeit, des Druck-E-Moduls und anderer Aspekte des Druckspannungs-Stauchungs-Zusammenhangs, wird unter festgelegten Bedingungen die DIN EN ISO 604 angewandt.

Die DIN EN ISO 604 ist anwendbar für:

  • steife und halbsteife thermoplastische Spritzguss- und Extrusionsformmassen, einschließlich gefüllter und verstärkter Formmassen
  • steife und halbsteife duromere Formmassen, einschließlich gefüllter und verstärkter Formmassen und
  • thermotrope flüssigkristalline Polymere

Das Verfahren ist im Allgemeinen nicht zur Anwendung bei textilfaserverstärkten Werkstoffen, harten Schaumstoffen und Schichtstoff-Verbundwerkstoffen mit Schaumkern geeignet, für die z. T. spezielle Normen entwickelt wurden.

Der Druckversuch für Kunststoffe

Prüfkörperentnahme

Zur Durchführung des Verfahrens werden Prüfkörper verwendet, die entweder

  • in den ausgewählten Maßen geformt wurden
  • aus dem Mittelteil des Vielzweckprüfkörpers nach DIN EN ISO 3167 (Bild 2) oder
  • aus Fertigteilen oder Halbzeugen, wie Formteilen, Laminaten, extrudierten oder gegossenen Platten ausgearbeitet wurden.

Lexikon-Druckversuch-01.jpg

Bild 2: Entnahme von Prüfkörpern für den Druckversuch aus dem Vielzweckprüfkörper Typ 1A

Durch die Verwendung von Vielzweckprüfkörpern nach ISO 3167 zur Herstellung von Dreipunktbiegeprüfkörpern (siehe SENB-Prüfkörper) nach DIN EN ISO 179 und Prüfkörper für den Druckversuch nach DIN EN ISO 604 wird sichergestellt, dass Prüfkörper mit einheitlichem inneren Werkstoffzustand hinsichtlich der Ausbildung morphologischer Strukturen und Orientierungen unter Zug-, Biege- und Druckbeanspruchung geprüft werden und die Ergebnisse mit gewissen Einschränkungen verglichen werden können.

Bestimmung der Kenngrößen des Druckversuches

Der Druck-E-Modul wird ebenfalls als Sekantenmodul zwischen 0,05 % und 0,25 % Stauchung nach folgender Gleichung bestimmt:

.
Lexikon-Druckversuch-02 neu.jpg
Messgrößen:
Kraft in [N]
Stauchung in [mm]
Bild 3: Bestimmung des Druck-E-Moduls nach dem Sekantenverfahren

Spröde polymere Werkstoffe, wie Polystyrol (Kurzzeichen: PS) und Polymethylmethacrylat (Kurzzeichen: PMMA) und zähe polymere Werkstoffe Polyamid (Kurzzeichen: PA) zeigen bedingt durch unterschiedliche Kraft-Deformations-Charakteristiken deutliche Unterschiede in den Spannungs-Stauchungs-Diagrammen. Während bei PS und PMMA ein Druckspannungsfließbereich entsteht, tritt bei spröden Epoxidharzwerkstoffen der Bruch bei der maximalen Kraft Fmax auf; für PA muss ein Ersatzkennwert bei x % Stauchung (Quetschung) ermittelt werden.

Druckversuch Diagramme.jpg

Bild 4: Spannungs-Stauchungs-Diagramme für verschiedene Kunststoffe

a – spröde Kunststoffe (Epoxidharz, Kurzzeichen: EP)
b – duktile Kunststoffe mit Druckfließspannung (PS)
c – duktile Kunststoffe ohne Druckfließspannung (PMMA)
d – duktile Kunststoffe ohne Bruch (PA)

Aus dem Druckspannungs ()-Stauchungs (c)-Diagramm können u. a. folgende Kenngrößen abgeleitet werden:

Druckfestigkeit M (Compression Strength):


Norm: maximale Druckspannung, die vom Prüfkörper während des Druckversuches ertragen werden kann und in der Regel nur an spröden Werkstoffen ermittelbar ist

Die Zugfestigkeit als Ersatzkennwert für die Druckfestigkeit heranzuziehen ist nicht zulässig, da polymere Werkstoffe unter Zug- und Druckbelastung vollständig unterschiedliche Deformationsmechanismen und dadurch bedingt unterschiedliche Kraft-Deformations-Charakteristiken zeigen.

Druckfließspannung y (Compressive Stress at Yield):


Spannung, bei welcher der Anstieg der Druckspannung-Stauchungs-Kurve zum ersten Mal Null wird.
Norm: Die Spannung, bei der zum ersten Mal ein Anstieg der Stauchung ohne einen Anstieg der Spannung erfolgt

Druckspannung bei Bruch B (Compressive Stress at Break):


Druckspannung beim Bruch des Prüfkörpers

Druckspannung bei x % Stauchung x (Compressive Stress at x % Strain):


Druckspannung, bei der die Stauchung den festgelegten Wert der Stauchung in x % erreicht (wenn Spannungs-Stauchungs-Kurve keinen Fließpunkt erreicht)

Nominelle Fließstauchung cy (Nominal Compressive Yield Strain):


Die Stauchung bei der die Druckfließspannung y erreicht wird

Nominelle Stauchung bei der Druckfestigkeit cM (Nominal Strain at Compressive Strength):


Stauchung bei der Druckfestigkeit

Nominelle Stauchung bei Bruch cB (Nominal Compressive Strain at Break):


Stauchung beim Bruch

Da die Prüfkörper eine vergleichsweise geringe Länge haben, wird in der Praxis zumeist die nominelle Stauchung c verwendet, die sich aus der Bewegung der Druckplatten ergibt und dem Traversenweg entspricht. Die Stauchungswerte werden dimensionslos oder in % angegeben.

Druckfestigkeitskennwerte für Kunststoffe

In der nachfolgenden Tabelle sind für ausgewählte Kunststoffe Druckfestigkeitskennwerte enthalten.

Tabelle: Druckfestigkeit bei 23 °C für ausgewählte Polymerwerkstoffe
Werkstoff M (MPa)
Thermoplaste unverstärkt
PMMA 110
PTFE 12
Thermoplaste verstärkt
PP + 30% GF 60
PA 6 + 30% GF 160
PA 66 + 30% GF 170
Duroplaste
Phenolharz 170
Harnstoffharz 200
Melaminharz 200
UP-Harz 150
EP-Harz 150
PUR 110

Eine umfassende Literaturanalyse zu den mechanischen Kennwerten für die Druckfestigkeit σM ist in [1] zusammengestellt.


Literaturhinweise

[1] Bierögel, C., Grellmann, W.: Compression Loading. In: Grellmann, W., Seidler, S.: Mechanical and Thermomechanical Properties of Polymers. Landolt-Börnstein. Volume VIII/6A3, Springer Verlag, Berlin (2014) 150–163, (ISBN 978-3-642-55165-9; siehe AMK-Büchersammlung unter A 16)
[2] DIN EN ISO 604 (2003-12): Kunststoffe – Bestimmung von Druckeigenschaften
[3] DIN EN ISO 844 (2021-07): Harte Schaumstoffe – Bestimmung der Druckeigenschaften
[4] ASTM D 695 (2015): Standard Test Method for Compresssive Properties of Rigid Plastics
[5] DIN EN ISO 3386: Polymere Materialien, weich-elastische Schaumstoffe – Bestimmung der Druckspannungs-Verformungseigenschaften
Teil 1 (2015-10): Materialien mit niedriger Dichte
Teil 2 (2010-09): Materialien mit hoher Dichte
[6] DIN ISO 7743 (2016-08): Elastomere oder thermoplastische Elastomere – Bestimmung des Druckverformungs-Verhaltens (zurückgezogen, siehe ISO 7743 (2017-10))
[7] DIN EN 2850 (2018-01): Luft- und Raumfahrt – Unidirektionale Laminate aus Kohlenstofffasern und Reaktionsharz – Druckversuch parallel zur Faserrichtung
[8] DIN V 65380 (1987-04): Luft- und Raumfahrt; Faserverstärkte Kunststoffe; Prüfung von unidirektionalen Laminaten; Druckversuch parallel und quer zur Faserrichtung (zurückgezogen)
[9] DIN 65375 (1989-11): Luft- und Raumfahrt; Faserverstärkte Kunststoffe; Prüfung von unidirektionalen Laminaten; Druckversuch quer zur Faserrichtung
[10] ASTM D 5467/D 5467M (1997, reapproved: 2017): Standard Test Method for Compressive Properties of Unidirectional Polymer Matrix Composites Using a Sandwich Beam