Schlagbiegeversuch: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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<big>'''Schlagbiegeversuch'''</big>
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<span style="font-size:1.2em;font-weight:bold;">Schlagbiegeversuch</span>
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== Schlagbiegeversuch nach Charpy ==
  
== Schlagbiegeversuch, Charpy ==
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Russel hat im Jahre 1898 erstmals einen Pendelhammer als Prüfvorrichtung für die Schlagprüfung eingeführt. Jedoch ist diese Art der Versuchsführung heute nicht mit dem Namen Russel verbunden, sondern mit dem von [[Charpy, Georges|Charpy, G. A. A.]], was an der Art und Weise liegt, mit der Charpy ab 1901 diese Methode zur Schlagbiegeprüfung metallischer Werkstoffe angewendet hat. So hat Charpy 1904 die integrale Schlagenergie als Zähigkeitswert vorgeschlagen, die er mittels seiner bekannten Anordnung bestimmt hatte. Obwohl seit der Einführung des [[Charpy]]-Versuches 100 Jahre vergangen sind, gehört die Ermittlung der Kerbschlagzähigkeit nach [[Charpy]] nach wie vor zu den verbreitesten Verfahren in der industriellen Prüfpraxis, wobei diese Methode jedoch aufgrund zahlreicher formaler Mängel streng genommen nur in der Qualitätssicherung ein berechtigtes Einsatzfeld hat.<br>
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Der Kerbschlagbiegeversuch nach Charpy ist nach DIN EN ISO 179 genormt und dient der Beurteilung des [[Zähigkeit]]sverhaltens von [[Kunststoffe]]n bei [[Beanspruchung#Mechanische Beanspruchung | schlagartiger Beanspruchung]] unter Verwendung gekerbter [[Prüfkörper]]. Bei der Charpy-Anordnung in einem Schlagbiegeversuch wird der [[Prüfkörper]] auf zwei [[Auflagerabstand|Widerlagern]] positioniert und in der Mitte durch einen Pendelhammer eines Pendelschlagwerkes (siehe: [[Schlagbeanspruchung Pendelschlagwerk]]) schlagartig beansprucht (siehe '''Bild 1''').
  
Russel hat im Jahre 1898 erstmals einen Pendelhammer als Prüfvorrichtung für die Schlagprüfung eingeführt. Jedoch ist diese Art der Versuchsführung heute nicht mit dem Namen Russel verbunden, sondern mit dem von [[Charpy]], G. A. A., was an der Art und Weise liegt, mit der Charpy ab 1901 diese Methode zur Schlagbiegeprüfung metallischer Werkstoffe angewendet hat. So hat Charpy 1904 die integrale Schlagenergie als Zähigkeitswert vorgeschlagen, die er mittels seiner bekannten Anordnung bestimmt hatte. Obwohl seit der Einführung des Charpy-Versuches 100 Jahre vergangen sind, gehört die Ermittlung der (Kerb-) Schlagzähigkeit nach Charpy nach wie vor zu den verbreitesten Verfahren in der industriellen Prüfpraxis, wobei diese Methode jedoch aufgrund zahlreicher formaler Mängel streng genommen nur in der Qualitätssicherung ein berechtigtes Einsatzfeld hat.
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Die prismatischen [[Prüfkörper]] müssen nach der entsprechenden [[Formmasse]]-Norm hergestellt werden und können direkt mittels Spritzgießen oder aus gepressten bzw. gegossenen Platten spanend gefertigt werden. Die vorwiegend für [[Thermoplaste]] verwendeten [[Prüfkörper]] vom Typ 1 (siehe Tabelle) sind aus [[Vielzweckprüfkörper]]n nach DIN EN ISO 3167 Typ A entnehmbar. Die [[Prüfkörper]] Typ 2 und 3 werden nur für [[Prüfung von Verbundwerkstoffen|Verbundwerkstoffe]] mit interlaminarem Scherbruch, z. B. langfaserverstärkte Kunststoffe, verwendet.
Der Schlag- und Kerbschlagbiegeversuch nach Charpy ist nach DIN EN ISO 179 genormt und dient der Beurteilung des Zähigkeitsverhaltens von Kunststoffen bei schlagartiger Beanspruchung unter Verwendung gekerbter und/oder ungekerbter Prüfkörper. Bei der Charpy-Anordnung in einem Schlagbiegeversuch wird der Prüfkörper auf zwei Widerlagern positioniert und in der Mitte durch einen Pendelhammer eines Pendelschlagwerkes schlagartig beansprucht (siehe Bild).  
 
  
Die prismatischen Prüfkörper müssen nach der entsprechenden Formmasse-Norm hergestellt werden und können direkt mittels Spritzgießen oder aus gepressten bzw. gegossenen Platten spanend gefertigt werden. Die vorwiegend für Thermoplaste verwendeten Prüfkörper vom Typ 1 (siehe Tabelle) sind aus [[Vielzweckprüfkörper]]n nach DIN EN ISO 3167 Typ A entnehmbar. Die Prüfkörper Typ 2 und 3 werden nur für Verbundwerkstoffe mit interlaminarem Scherbruch, z.B. langfaserverstärkte Kunststoffe, verwendet.
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[[Datei:Schlagbiegeversuch_Anordnung_Charpy.JPG]]
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Die für die Zerstörung der [[Prüfkörper]] mit definierten Abmessungen (siehe '''Tabelle''') notwendige Brucharbeit wird mit dem Pendelschlagwerk ermittelt. Die Schwerkraft tritt dabei als Antriebskraft auf. Das Messprinzip eines Pendelschlagwerkes beruht auf der Bestimmung der Differenz zwischen Fallwinkel und Steigwinkel, welche durch den Engergieverlust des Pendelhammers durch die Brucharbeit am [[Prüfkörper]] bestimmt wird.
  
Schematische Darstellung der Charpy-Anordnung zur Durchführung von Schlagbiegeversuchen
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|+ '''Tabelle''': Prüfkörpertypen und -abmessungen für den Schlagbiegeversuch nach DIN EN ISO 179
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!! style="width:130px; background:#DCDCDC" | Länge l (mm)
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Die für die Zerstörung der Prüfkörper mit definierten Abmessungen (siehe Tabelle) notwendige Brucharbeit wird mit dem Pendelschlagwerk ermittelt. Die Schwerkraft tritt dabei als Antriebskraft auf. Das Messprinzip eines Pendelschlagwerkes beruht auf der Bestimmung der Differenz zwischen Fallwinkel und Steigwinkel, welche durch den Engergieverlust des Pendelhammers durch die Brucharbeit am Prüfkörper bestimmt wird.
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Die Berechnung der Schlagzähigkeit ([[Charpy]]) wird nach folgender Gleichung durchgeführt.
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|width="500px" | <math>a_{cU}\,=\,\frac{W_c}{h \cdot b}</math>
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Tabelle: Prüfkörpertypen und -abmessungen für den Schlagbiegeversuch nach DIN EN ISO 179
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mit
 
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Die Berechnung der Schlag- bzw. Kerbschlagzähigkeit (Charpy) wird nach folgenden Gleichungen durchgeführt.
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|Schlagarbeit
<math>a_{cU}\,=\,\frac{W_c}{h \cdot b}</math>
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<math>a_{cN}\,=\,\frac{W_c}{h \cdot b_N}</math>
 
 
 
mit W<sub>c</sub> Schlagarbeit
 
  
  
 
'''Literaturhinweise'''
 
'''Literaturhinweise'''
<ul>
 
<li>Russel, S. B. (1898): Experiments with a New Machine for Testing Materials by Impact. American Society of Civil Engineers 39/826, 237–250 [Reprint: Siewert, T. A., Manahan S. (Eds.) (2000): The Pendulum Impact Testing: A Century of Progress. ASTM STP 1380, 17–45]</li>
 
<li>Charpy, G. A. A. (1901): Essay on the Metals Impact Bend Test of Notched Bars. [Reprint: Siewert, T.A., Manahan, S. (Eds.) (2000): The Pendulum Impact Testing: A Century of Progress. ASTM STP 1380]; Charpy, A.G.A (1901): Note sur L’essai des metaux a la flexion par choc de barreaux entailles. Association internationale pour l’essai des materiaux. Congres de Budapest 1901 [auch veröffentlicht in: Soc. Ing. Civ. de Francis. Juni 1901, 848–877]</li>
 
<li>Charpy, A. G. A. (1904): Report on Impact Test of Metals. Proc. Intern. Association for Testing Materials, Vol. I, Report III</li>
 
<li>Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München Wien (2005) 1. Auflage, S. 157ff, (ISBN 3-446-22086-0)</li>
 
<li>DIN EN ISO 179-1 (Entwurf 2009-08) Kunststoffe – Bestimmung der Charpy-Schlageigenschaften Teil 1: Nichtinstrumentierte Schlagzähigkeitsprüfung (ISO 179-1 AMD 1:2005)</li></ul>
 
 
  
== Schlagbiegeversuch, Dynstat==
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* Russel, S. B. (1898): Experiments with a New Machine for Testing Materials by Impact. American Society of Civil Engineers 39/826, 237–250 [Reprint: Siewert, T. A., Manahan S. (Eds.) (2000): The Pendulum Impact Testing: A Century of Progress. ASTM STP 1380, 17–45]
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* [[Charpy, Georges|Charpy, G. A. A.]] (1901): Essay on the Metals Impact Bend Test of Notched Bars. [Reprint: Siewert, T. A., Manahan, S. (Eds.) (2000): The Pendulum Impact Testing: A Century of Progress. ASTM STP 1380]; Charpy, G. A. A. (1901): Note sur L’essai des metaux a la flexion par choc de barreaux entailles. Association internationale pour l’essai des materiaux. Congres de Budapest 1901 [auch veröffentlicht in: Soc. Ing. Civ. de Francis. Juni 1901, 848–877]
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* [[Charpy, Georges|Charpy, G. A. A.]] (1904): Report on Impact Test of Metals. Proc. Intern. Association for Testing Materials, Vol. I, Report III
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* [[Grellmann,_Wolfgang|Grellmann, W.]], [[Seidler,_Sabine|Seidler, S.]] (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 158 ff, (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe [[AMK-Büchersammlung]] unter A 18)
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* DIN EN ISO 179-1 (2022-05): Kunststoffe – Bestimmung der Charpy-Schlageigenschaften – Teil 1: Nichtinstrumentierte Schlagzähigkeitsprüfung (Entwurf)
  
Die Ermittlung der Zähigkeitseigenschaften mittels DYNSTAT-Anordnung wird bevorzugt dann angewendet, wenn nur geringe Materialmengen zur Verfügung stehen (z.B. bei der Bauteilprüfung). Dabei wird in der DIN 53435 zwischen der Prüfung von ungekerbten Prüfkörpern in der Biegeanordnung (DB – G) und der Prüfung von gekerbten Prüfkörpern in der Schlagbiegeanordnung (DS – K) unterschieden. Die Schlagzähigkeit a<sub>n</sub> bzw. die Kerbschlagzähigkeit a<sub>k</sub> wird nach folgenden Gleichungen ermittelt:
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== Schlagbiegeversuch nach Dynstat ==
  
DYNSTAT-Schlagzähigkeit <math>a_n\,=\,\frac{A_n}{h \cdot b}</math>
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Die Ermittlung der Zähigkeitseigenschaften mittels DYNSTAT-Anordnung wird bevorzugt dann angewendet, wenn nur geringe Materialmengen zur Verfügung stehen (z. B. bei der [[Bauteilprüfung]]). In der DIN 53435 wird die Schlagzähigkeit a<sub>n</sub> von ungekerbten [[Prüfkörper]]n in der Schlagbiegeanordnung (DS – G) nach folgender Gleichung ermittelt:
  
A<sub>n</sub> - die vom Prüfkörper aufgenommene Schlagarbeit
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DYNSTAT-Schlagzähigkeit:
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DYNSTAT-Kerbschlagzähigkeit <math>a_k\,=\,\frac{A_n}{h_k \cdot b}</math>
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mit
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|die vom Prüfkörper aufgenommene Schlagarbeit
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h<sub>k</sub> <math>\approx</math> 2/3 der ursprünglichen Dicke h
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Im '''Bild 2''' ist schematisch die Schlagbiegeanordnung eines ungekerbten Prüfkörpers dargestellt.
  
Im Bild ist schematisch die Schlagbiegeanordnung eines ungekerbten Prüfkörpers dargestellt.
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[[Datei:Schlagbiegeversuch_Anordnung_Dynstat.JPG]]
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|width="600px" |Schlagbiegeanordnung DS – G zur Ermittlung der Zähigkeit unter Nutzung der DYNSTAT-Anordnung
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[[Datei:Lexikon-Dynstat.jpg]]
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Die für den Versuch möglichen Pendelhammerenergien sind 0,2 J, 0,5 J, 1,0 J und 2,0 J bei einer Auftreffgeschwindigkeit des Pendelhammers von 2,2 m/s. Die [[Prüfkörper]] werden spanend aus dem [[Formmasse|Formteil]] (Fertigteil) hergestellt. Alle [[Oberfläche]]n und Kanten dürfen beim Betrachten mit dem bloßen Auge keine Beschädigungen und Fehlstellen erkennen lassen. Gegebenenfalls müssen durch [[Plastographie#Schleifen und Polieren der Proben|Schleifen]] (Körnung 220 oder feiner) und anschließendes [[Plastographie#Schleifen und Polieren der Proben|Polieren]] entstandene Riefen in Längsrichtung beseitigt werden.
  
''Schlagbiegeanordnung DS – K zur Ermittlung der Zähigkeit unter Nutzung der DYNSTAT-Anordnung''
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Die Abmessungen des rechteckigen Querschnitts der ungekerbten [[Prüfkörper]] sind: <br>
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Die für den Versuch möglichen Pendelhammerenergien sind 0,2 J, 0,5 J, 1,0 J und 2,0 J bei einer Auftreffgeschwindigkeit des Pendelhammers von 2,2 m/s. Die Prüfkörper werden spanend aus dem Formteil (Fertigteil) hergestellt. Alle Oberflächen und Kanten dürfen beim Betrachten mit dem bloßen Auge keine Beschädigungen und Fehlstellen erkennen lassen. Gegebenenfalls müssen durch Schleifen (Körnung 220 oder feiner) und anschließendes Polieren entstandene Riefen in Längsrichtung beseitigt werden.
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Der Prüfkörper wird kraftschlüssig senkrecht eingelegt, wobei die Einleglänge l<sub>E</sub> (5,5 ± 0,1) mm beträgt.
  
Die Abmessungen des rechteckigen Querschnitts der ungekerbten Prüfkörper sind Länge l = (15 ± 1) mm, Breite b = (10 ± 0,5) mm und Dicke h = 1,2 – 4,5 mm. In die Prüfkörper wird ein U-Kerb (0,8 ± 0,1 mm) quer, d.h. senkrecht zur Stabachse eingesägt, eingehobelt oder eingefräst. Dabei ist die Kerbtiefe so zu wählen, dass der Restquerschnitt 2/3 des ursprünglichen Querschnittes beträgt. Der Prüfkörper wird kraftschlüssig senkrecht eingelegt, wobei die Einleglänge l<sub>E</sub> 5,5 ± 0,1 mm beträgt.
 
  
'''Literaturhinweise'''
+
'''Literaturhinweis'''
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<li>DIN 53435 (1983): Prüfung von Kunststoffen – Biegeversuch und Schlagbiegeversuch an Dynstat-Probekörpern</li></ul>
 
  
== Schlagbiegeversuch, Izod ==
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* DIN 53435 (2018-09): Prüfung von Kunststoffen – Biegeversuch und Schlagbiegeversuch an Dynstat-Probekörpern
  
Die Bestimmung der IZOD-Schlagzähigkeit nach der Norm DIN EN ISO 180 erfolgt sowohl für steife thermoplastische Spitzguss- und Extrusionsformmassen, duroplastische Werkstoffe und thermotrope flüssigkristalline Polymere als auch für gefüllte und verstärkte Werkstoffe. Dabei wird die beim Bruch aufgenommene Schlagarbeit EC eines ungekerbten Prüfkörpers auf die Anfangsquerschnittsfläche des Prüfkörpers und die beim Bruch eines gekerbten Prüfkörpers aufgenommene Schlagarbeit auf die Anfangsquerschnittsfläche des Prüfkörpers an der Kerbe bezogen ensprechend der folgenden Gleichungen:
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== Schlagbiegeversuch nach Izod ==
  
IZOD-Schlagzähigkeit <math>a_{iU}\,=\,\frac{E_c}{h\cdot b}</math>
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Die Bestimmung der IZOD-Kerbschlagzähigkeit nach der Norm DIN EN ISO 180 erfolgt sowohl für steife thermoplastische [[Formmasse|Form-]] und Extrusionsmassen, einschließlich [[Teilchengefüllte_Kunststoffe|gefüllter]] und [[Faserverstärkte Kunststoffe|verstärkter]] Mischungen, sowie Platten aus steifen [[Thermoplaste|Thermoplasten]], faserverstärkte wärmehärtbareund thermoplastische Verbundwerkstoffe mit unidirektionaler oder nichtunidirektionaler Verstärkung, wie z. B. Matten, Gewebe, Rovinggewebe, geschnittene Fasern, verbundene und Hybridverstärkung; Rovings (Vorgarne) und gemahlene Fasern sowie Platten aus vorimprägnierten Werkstoffen (Prepregs) und steife wärmehärtbare Formmassen, einschließlich gefüllter und verstärkter Mischungen, Platten aus steifen [[Duroplaste|Duroplasten]], einschließlich solcher aus Schichtwerkstoffen. Dabei wird die beim [[Bruch]] aufgenommene Schlagarbeit E<sub>C</sub> eines gekerbten [[Prüfkörper]]s auf die Anfangsquerschnittsfläche des [[Prüfkörper]]s an der [[Kerb]]e bezogen ensprechend der folgenden Gleichung:
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|IZOD-Kerbschlagzähigkeit
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IZOD-Kerbschlagzähigkeit <math>a_{iN}\,=\,\frac{E_c}{h\cdot b_N}</math>
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mit
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|E<sub>c</sub>
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|Breite
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mit E<sub>c</sub> – Schlagarbeit, h – Dicke, b – Breite und b<sub>N</sub> – Restbreite am Kerbgrund
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Eine schematische Darstellung der Zähigkeitsprüfung in der IZOD-Anordnung zeigt '''Bild 3'''.
  
Im Unterschied zu der Prüfung von gekerbten Prüfkörpern in der Charpy-Anordnung, wo der Schlag auf die dem Kerb gegenüberliegende Seite erfolgt, schlägt der Pendelhammer in der IZOD-Anordnung auf die Seite, auf der sich der Kerb befindet. Eine schematische Darstellung der Zähigkeitsprüfung in der IZOD-Anordnung zeigt Bild 1.
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[[Datei:Schlagbiegeversuch_Anordnung_Izod.JPG]]
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[[Datei:izod.jpg|400px]]
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Die [[Prüfkörper]] können nach der entsprechenden [[Formmasse]]n-Norm oder durch Pressen und Spritzgießen hergestellt oder aus [[Vielzweckprüfkörper]]n entnommen werden. Die Abmessungen der unterschiedlichen [[Prüfkörper]] sind in der Tabelle aufgeführt.
  
Bild 1: Schlagbeanspruchung bei IZOD-Anordnung
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Die Abmessungen des rechteckigen Querschnitts der ungekerbten [[Prüfkörper]] sind: <br>
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|Länge l
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|(80 ± 2) mm
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|Breite b
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|(4,0 ± 0,2) mm
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Die Prüfkörper können nach der entsprechenden Formassen-Norm oder durch Pressen und Spritzgießen hergestellt oder aus Vielzweckprüfkörpern entnommen werden. Die Abmessungen der unterschiedlichen Prüfkörper sind in der Tabelle aufgeführt.
 
  
Tabelle: Prüfkörpertypen und -abmessungen für den Schlagversuch nach DIN EN ISO 180
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'''Literaturhinweis'''
  
[[Datei:izod_tabelle.jpg|600px]]
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* DIN EN ISO 180 (2022-05): Kunststoffe – Bestimmung der Izod-Schlagzähigkeit (Entwurf)
  
'''Literaturhinweise'''
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[[Kategorie:Biegeversuch]]
<ul>
+
[[Kategorie:Schlagversuche]]
<li>ISO 180 (2000) und ISO 180 AMD 1 (2006): Plastics – Determination of Izod Impact Toughness [Deutsche Fassung: DIN EN ISO 180 (2007)</li></ul>
 

Version vom 28. November 2022, 15:09 Uhr

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Schlagbiegeversuch

Schlagbiegeversuch nach Charpy

Russel hat im Jahre 1898 erstmals einen Pendelhammer als Prüfvorrichtung für die Schlagprüfung eingeführt. Jedoch ist diese Art der Versuchsführung heute nicht mit dem Namen Russel verbunden, sondern mit dem von Charpy, G. A. A., was an der Art und Weise liegt, mit der Charpy ab 1901 diese Methode zur Schlagbiegeprüfung metallischer Werkstoffe angewendet hat. So hat Charpy 1904 die integrale Schlagenergie als Zähigkeitswert vorgeschlagen, die er mittels seiner bekannten Anordnung bestimmt hatte. Obwohl seit der Einführung des Charpy-Versuches 100 Jahre vergangen sind, gehört die Ermittlung der Kerbschlagzähigkeit nach Charpy nach wie vor zu den verbreitesten Verfahren in der industriellen Prüfpraxis, wobei diese Methode jedoch aufgrund zahlreicher formaler Mängel streng genommen nur in der Qualitätssicherung ein berechtigtes Einsatzfeld hat.
Der Kerbschlagbiegeversuch nach Charpy ist nach DIN EN ISO 179 genormt und dient der Beurteilung des Zähigkeitsverhaltens von Kunststoffen bei schlagartiger Beanspruchung unter Verwendung gekerbter Prüfkörper. Bei der Charpy-Anordnung in einem Schlagbiegeversuch wird der Prüfkörper auf zwei Widerlagern positioniert und in der Mitte durch einen Pendelhammer eines Pendelschlagwerkes (siehe: Schlagbeanspruchung Pendelschlagwerk) schlagartig beansprucht (siehe Bild 1).

Die prismatischen Prüfkörper müssen nach der entsprechenden Formmasse-Norm hergestellt werden und können direkt mittels Spritzgießen oder aus gepressten bzw. gegossenen Platten spanend gefertigt werden. Die vorwiegend für Thermoplaste verwendeten Prüfkörper vom Typ 1 (siehe Tabelle) sind aus Vielzweckprüfkörpern nach DIN EN ISO 3167 Typ A entnehmbar. Die Prüfkörper Typ 2 und 3 werden nur für Verbundwerkstoffe mit interlaminarem Scherbruch, z. B. langfaserverstärkte Kunststoffe, verwendet.

Schlagbiegeversuch Anordnung Charpy.JPG

Bild 1: Schematische Darstellung der Charpy-Anordnung zur Durchführung von Schlagbiegeversuchen

Die für die Zerstörung der Prüfkörper mit definierten Abmessungen (siehe Tabelle) notwendige Brucharbeit wird mit dem Pendelschlagwerk ermittelt. Die Schwerkraft tritt dabei als Antriebskraft auf. Das Messprinzip eines Pendelschlagwerkes beruht auf der Bestimmung der Differenz zwischen Fallwinkel und Steigwinkel, welche durch den Engergieverlust des Pendelhammers durch die Brucharbeit am Prüfkörper bestimmt wird.

Tabelle: Prüfkörpertypen und -abmessungen für den Schlagbiegeversuch nach DIN EN ISO 179
Länge l (mm) Breite b (mm) Dicke h (mm) Stützweite L (mm)
Typ 1 80 ± 2 10,0 ± 0,2 4,0 ± 0,2 62
Typ 2 25 h 10 oder 15 3 20 h
Typ 3 (11 oder 13) h 10 oder 15 3 (6 oder 8) h

Die Berechnung der Schlagzähigkeit (Charpy) wird nach folgender Gleichung durchgeführt.

mit

Wc Schlagarbeit


Literaturhinweise

  • Russel, S. B. (1898): Experiments with a New Machine for Testing Materials by Impact. American Society of Civil Engineers 39/826, 237–250 [Reprint: Siewert, T. A., Manahan S. (Eds.) (2000): The Pendulum Impact Testing: A Century of Progress. ASTM STP 1380, 17–45]
  • Charpy, G. A. A. (1901): Essay on the Metals Impact Bend Test of Notched Bars. [Reprint: Siewert, T. A., Manahan, S. (Eds.) (2000): The Pendulum Impact Testing: A Century of Progress. ASTM STP 1380]; Charpy, G. A. A. (1901): Note sur L’essai des metaux a la flexion par choc de barreaux entailles. Association internationale pour l’essai des materiaux. Congres de Budapest 1901 [auch veröffentlicht in: Soc. Ing. Civ. de Francis. Juni 1901, 848–877]
  • Charpy, G. A. A. (1904): Report on Impact Test of Metals. Proc. Intern. Association for Testing Materials, Vol. I, Report III
  • Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 158 ff, (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18)
  • DIN EN ISO 179-1 (2022-05): Kunststoffe – Bestimmung der Charpy-Schlageigenschaften – Teil 1: Nichtinstrumentierte Schlagzähigkeitsprüfung (Entwurf)

Schlagbiegeversuch nach Dynstat

Die Ermittlung der Zähigkeitseigenschaften mittels DYNSTAT-Anordnung wird bevorzugt dann angewendet, wenn nur geringe Materialmengen zur Verfügung stehen (z. B. bei der Bauteilprüfung). In der DIN 53435 wird die Schlagzähigkeit an von ungekerbten Prüfkörpern in der Schlagbiegeanordnung (DS – G) nach folgender Gleichung ermittelt:

DYNSTAT-Schlagzähigkeit:

mit

An die vom Prüfkörper aufgenommene Schlagarbeit

Im Bild 2 ist schematisch die Schlagbiegeanordnung eines ungekerbten Prüfkörpers dargestellt.

Schlagbiegeversuch Anordnung Dynstat.JPG

Bild 2: Schlagbiegeanordnung DS – G zur Ermittlung der Zähigkeit unter Nutzung der DYNSTAT-Anordnung

Die für den Versuch möglichen Pendelhammerenergien sind 0,2 J, 0,5 J, 1,0 J und 2,0 J bei einer Auftreffgeschwindigkeit des Pendelhammers von 2,2 m/s. Die Prüfkörper werden spanend aus dem Formteil (Fertigteil) hergestellt. Alle Oberflächen und Kanten dürfen beim Betrachten mit dem bloßen Auge keine Beschädigungen und Fehlstellen erkennen lassen. Gegebenenfalls müssen durch Schleifen (Körnung 220 oder feiner) und anschließendes Polieren entstandene Riefen in Längsrichtung beseitigt werden.

Die Abmessungen des rechteckigen Querschnitts der ungekerbten Prüfkörper sind:

Länge l = (15 ± 1) mm
Breite b = (10 ± 0,5) mm
Dicke h = 1,2 – 4,5 mm

Der Prüfkörper wird kraftschlüssig senkrecht eingelegt, wobei die Einleglänge lE (5,5 ± 0,1) mm beträgt.


Literaturhinweis

  • DIN 53435 (2018-09): Prüfung von Kunststoffen – Biegeversuch und Schlagbiegeversuch an Dynstat-Probekörpern

Schlagbiegeversuch nach Izod

Die Bestimmung der IZOD-Kerbschlagzähigkeit nach der Norm DIN EN ISO 180 erfolgt sowohl für steife thermoplastische Form- und Extrusionsmassen, einschließlich gefüllter und verstärkter Mischungen, sowie Platten aus steifen Thermoplasten, faserverstärkte wärmehärtbareund thermoplastische Verbundwerkstoffe mit unidirektionaler oder nichtunidirektionaler Verstärkung, wie z. B. Matten, Gewebe, Rovinggewebe, geschnittene Fasern, verbundene und Hybridverstärkung; Rovings (Vorgarne) und gemahlene Fasern sowie Platten aus vorimprägnierten Werkstoffen (Prepregs) und steife wärmehärtbare Formmassen, einschließlich gefüllter und verstärkter Mischungen, Platten aus steifen Duroplasten, einschließlich solcher aus Schichtwerkstoffen. Dabei wird die beim Bruch aufgenommene Schlagarbeit EC eines gekerbten Prüfkörpers auf die Anfangsquerschnittsfläche des Prüfkörpers an der Kerbe bezogen ensprechend der folgenden Gleichung:

IZOD-Kerbschlagzähigkeit

mit

Ec Schlagarbeit
h Dicke
b Breite

Eine schematische Darstellung der Zähigkeitsprüfung in der IZOD-Anordnung zeigt Bild 3.

Schlagbiegeversuch Anordnung Izod.JPG

Bild 3: Schlagbeanspruchung bei IZOD-Anordnung

Die Prüfkörper können nach der entsprechenden Formmassen-Norm oder durch Pressen und Spritzgießen hergestellt oder aus Vielzweckprüfkörpern entnommen werden. Die Abmessungen der unterschiedlichen Prüfkörper sind in der Tabelle aufgeführt.

Die Abmessungen des rechteckigen Querschnitts der ungekerbten Prüfkörper sind:

Länge l = (80 ± 2) mm
Breite b = (10,0 ± 0,2) mm
Dicke h = (4,0 ± 0,2) mm


Literaturhinweis

  • DIN EN ISO 180 (2022-05): Kunststoffe – Bestimmung der Izod-Schlagzähigkeit (Entwurf)