Spannungsrissbeständigkeit

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Spannungsrissbeständigkeit

Die Spannungsrissbildung und der dem Versagen entgegenwirkende Spannungsrisswiderstand (environmental stress cracking resistance) ist von essentieller Bedeutung für die Bewertung des Langzeitverhaltens von Kunststoffen für Behälter oder Rohre, aber auch von Klebstoffen, Korrosionsschutzschichten, Kabelummantelungen und in der Medizintechnik, insbesondere in kombinierter Beanspruchung mit Köperflüssigkeiten, Temperatur und energiereicher Strahlung, z.B. bei der Sterilisation.

Die Spannungsrissbeständigkeit eines Kunststoffes ist eine komplexe Eigenschaft, deren Einflussfaktoren sich hinsichtlich

  • des Werkstoffes
    • chemischer Aufbau und Zusammensetzung
    • Morphologie
    • Eigenspannungszustand
  • der Umgebung
    • physikalische und chemische Eigenschaften des Mediums
    • Luftfeuchtigkeit
    • Temperatur
  • der Beanspruchung
    • Beanspruchungsart
    • Geschwindigkeit bzw. Zeit
  • der Geometrie
    • Bauteilform
    • Abmessungen
    • Risse

differenzieren lassen.

Entsprechend dieser Vielzahl häufig komplex wirkender Einflussfaktoren und der praktischen Bedeutung des Spannungsrissverhaltens existieren zahlreiche genormte Prüfverfahren. Dabei handelt es sich vorwiegend um Normen für Prüfverfahren an Fertigteilen, wie z.B. an Rohren und Behältern.

Für den Bereich der Werkstoffentwicklung und -optimierung wurden neben diesen Fertigkeitsprüfverfahren Methoden entwickelt, die eine Kennwertbestimmung an genormten Prüfkörpern gestatten. Die drei wichtigsten Methoden sind:

  • der Zeitstandszugversuch nach DIN EN ISO 22088-2
  • das Biegestreifenverfahren nach DIN EN ISO 22088-3 und
  • das Kugel- bzw. Stifteindrückverfahren DIN EN ISO 22088-4


Literaturhinweise

  • Ramsteiner, F.: Bewertung der Spannungsrissbeständigkeit. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.):Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2011) 2. Auflage, S. 409/410 und 413 (ISBN 978-3-446-42722-8; siehe AMK-Büchersammlung unter A 12)
  • Brown, R. P.: Testing Plastics for resistance to environmental stress cracking. Polymer Testing 1 (1980) 267–282
  • Bledzki, A.K., Barth, C.: Spannungsrissbeständigkeit von Polycarbonat messen. Materialprüfung 40 (1998) 404–410
  • Bohlmann, B., Hirth, T., Grellmann, W., Langer, B.: The effect of disinfection methods on the mechanical properties of thermoplastic recyclates. Macromolecular Materials and Engineering 290 (2005) 1176–1183
  • DIN EN ISO 22088: Kunststoffe – Bestimmung der Beständigkeit gegen umgebungsbedingte Spannungsrissbildung (ESC)
Teil 1 (2006-11): Allgemeine Anleitung
Teil 2 (2006-11): Zeitstandzugversuch
Teil 3 (2006-11): Biegestreifenverfahren
Teil 4 (2006-11): Kugel- oder Stifteindrückverfahren
Teil 5 (2009-10): Verfahren mit konstanter Zugverformung
Teil 6 (2009-10): Verfahren mit langsamer Dehnrate