Wärmeformbeständigkeit

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Wärmeformbeständigkeit, Grundlagen und Definitionen

Einordnung

Die Methoden zur Bestimmung der thermischen Belastbarkeit von Kunststoffen lassen sich in der Kunststoffprüfung gemeinsam mit dem Brandverhalten, der Bauteilprüfung und Implantatprüfung in die Gruppe der technologischen Prüfverfahren einordnen [1], passen aber auch vom physikalischen Hintergrund problemlos in die Gruppe der thermo-mechanischen Prüfverfahren. Die Kennwerte zur Wärmeformbeständigkeit sind jedoch keine allgemeingültigen Stoffeigenschaften, wie z. B. die thermische Leitfähigkeit.

Unter anwendungstechnischen Gesichtspunkten hat das mechanische Verhalten von Kunststoffen bei erhöhten Temperaturen eine ganz besondere Bedeutung.

Begriffsbestimmung

Unter Formbeständigkeit in der Wärme versteht man die Fähigkeit eines Prüfkörpers unter einer bestimmten Belastungsbedingung seine Form bis zu einer bestimmten Temperatur beizubehalten bzw. bei festgelegter Prüftemperatur einen vorgegebenen Verformungsbetrag nicht zu überschreiten.

Zur Beurteilung des Temperaturanwendungsbereichs werden zumeist standardisierte physikalisch-technologische oder rein technologische Methoden verwendet.

Die theoretischen Vorstellungen zu den molekularen Vorgängen gehen davon aus, dass in die Formbeständigkeit unmittelbar mit der bei höherer Temperatur einsetzenden Molekularbewegung verbunden ist. Im Wesentlichen begrenzen zwei Übergangsbereiche die Wärmeformbeständigkeit und damit die praktische Anwendbarkeit von Kunststoffen:

  • bei amorphen Kunststoffen der Glasübergang (siehe Glastemperatur) mit der charakteristischen Temperatur Tg und
  • bei teilkristallinen Kunststoffen (siehe auch Kristallinität) der Kristallitschmelzbereich mit der Schmelztemperatur Tm.

Prüfmethoden und Kenngrößen

Die Wärmeformbeständigkeit kann nach verschiedenen genormten Prüfmethoden bestimmt werden. Die wichtigsten sind die folgenden:

Allen bekannten Verfahren liegt das gleiche Messprinzip zugrunde. Ein definiert belasteter Prüfkörper wird mit einer konstanten Aufheizgeschwindigkeit erwärmt. Die Erwärmung kann in einem Heizbad oder in einem Heizschrank erfolgen. Die Temperaturmessung erfolgt in der Flüssigkeit oder in eingebauten Temperaturfühlern am Belastungsort.

In der heutigen Praxis haben Wärmeformbeständigkeitsmethoden nach VICAT und HDT die größte Bedeutung erlangt. Beide Prüfverfahren führen methodisch bedingt zu unterschiedlichen Ergebnissen, die zusätzlich von der außerordentlichen Verarbeitungsempfindlichkeit der Kunststoffe beeinflusst werden.


Literaturhinweise

[1] Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage S. 601/602, (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18)
[2] Brown, R. (Hrsg.): Taschenbuch Kunststoff-Prüftechnik. Carl Hanser Verlag, München Wien (1984) (siehe AMK-Büchersammlung unter C 4)
[3] DIN 53462 (1987): Prüfung von Kunststoffen – Bestimmung der Formbeständigkeit in der Wärme nach Martens (zurückgezogen)
[4] Schmiedel, H. (Hrsg.): Handbuch der Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag München, Wien (1992), S. 284/285 (ISBN 3-446-16336-0; siehe AMK-Büchersammlung unter A 3)
[5] DIN EN ISO 306 (2014-03): Kunststoffe – Thermoplaste – Bestimmung der Vicat-Erweichungstemperatur (VST)
[6] DIN EN ISO 75: Kunststoffe – Bestimmung der Wärmeformbeständigkeitstemperatur
Teil 1 (2020-06): Allgemeines Prüfverfahren
Teil 2 (2013-08): Kunststoffe und Hartgummi
Teil 3 (2004-09): Hochbeständige härtbare Schichtstoffe und langfaserverstärkte Kunststoffe