Zerstörungsfreie Prüfung (ZfP)

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Zerstörungsfreie Prüfung (ZfP)

Die zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) oder Analyse ist als Oberbegriff für die zerstörungsfreie Werkstoff- und Kunststoffprüfung zu verstehen, da sie auch die Untersuchung archäologischer [1] oder künstlerische Objekte sowie Büchern oder Bilder [2] im weitesten Sinne beinhaltet. Wesentlicher Aspekt ist dabei, dass die kulturhistorischen oder kriminologischen Objekte, wie z. B. Mumien, Bilder oder Bücher ohne Beschädigung auf mögliche Übermalung, Fälschungen oder die innere Struktur und Beschaffenheit untersucht werden können.
Im engeren Sinne versteht man unter diesem Begriff jedoch die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung, die im Gegensatz zur zerstörenden Werkstoffprüfung die Integrität des Prüfkörpers oder des Bauteils nicht beeinflusst. Die Verfahren der Werkstoffprüfung werden deshalb in zerstörende Methoden (z. B. Zug-, Biege-, Druck- oder Torsionsprüfung und die schlagartige Beanspruchung), zerstörungsarme Prüfmethoden, wie z. B. die Mikro- oder Nanohärteprüfung und die zerstörungsfreie Prüfung unterteilt.

Bei der zerstörungsfreien Werkstoff- oder Materialprüfung sind die ältesten bekannten Prüfmethoden, die keine Beschädigung des zu untersuchenden Prüfobjekts hervorruft, die Dichteprüfung, die Sichtprüfung auf Anrisse oder Oberflächenschädigungen und die Klangprüfung, mit welcher der charakteristische Klang eines intakten oder beschädigten Objekts beurteilt wird.
Eine moderne Definition der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung beinhaltet allgemein die Untersuchung von Materialien, Bauteilen und Konstruktionen auf Qualitätsmängel wie Fehler oder Ungänzen bzw. die Sichtbarmachung derer, welche die Integrität oder Verwendbarkeit vor und während des Einsatzes stören oder verhindern könnten, wobei die Anwendung der zerstörungsfreien Prüfmethode auf das Prüfobjekt die Funktionalität auf keinen Fall beeinträchtigen darf [3]. Das grundlegende Ziel der ZfP ist also die Schadensprävention durch reproduzierbare und wiederholbare Prüfverfahren, um Gefahren für den Menschen, Dinge und die Umwelt zu vermeiden. Sie erstellt also ein statisches Abbild von makroskopischen und mikroskopischen Fehlern unter Beachtung der Schadenstoleranz dieser Ungänzen für die Integrität und Funktionalität der Konstruktion oder des Bauteils [4].

Im Gegensatz zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung bedient sich die Werkstoffdiagnostik der Methoden der ZfP, indem sie unterschiedliche hybride Methoden kombiniert und gleichzeitig verschiedenartige mechanische, thermische oder mediale Belastungen auf Prüfkörper oder Bauteile appliziert. Diese Kopplung dient hier vorrangig der Ermittlung der Schädigungskinetik und der Darstellung relevanter Schädigungsmechanismen sowie der Ermittlung von werkstoffspezifischen Grenzzuständen und wird mit folgenden Zielen durchgeführt:

  • der Erhöhung des Informationsgehaltes konventioneller Prüfverfahren,
  • der Aufklärung von Zusammenhängen zwischen Mikrostruktur und Eigenschaften,
  • der Bewertung von Struktur oder Morphologie-Eigenschafts-Korrelationen,
  • der Aufstellung physikalisch begründeter Funktionalitäten,
  • der Erfassung lokaler Werkstoffeigenschaften zur Erhöhung der Dimensionierungssicherheit,
  • der ereignis- und strukturbezogenen Interpretation der Deformationsphasen,
  • der Ermittlung von Werkstoffschädigungen und der Versagenskinetik und
  • der Darstellung von Werkstoffgrenzzuständen und Diagnosefunktionen.

Prinzipiell ist jede ZfP-Methode oder Sensortechnik für die Anwendung als hybride Methode der Werkstoffdiagnostik geeignet, wenn sie eine hinreichende Schädigungssensibilität aufweist und der Werkstoffspezifik genügt.

Die moderne zerstörungsfreie Werkstoffprüfung bedient sich verschiedenartiger physikalischer Messprinzipien, wobei die Anwendbarkeit diesbezüglicher Messmethoden oftmals durch die Empfindlichkeit und die Anwendbarkeit der Prüfmethode charakterisiert wird. Eine grundsätzliche Einteilung der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung ist nach dem physikalischen Wirkprinzip oder dem Anwendungsgebiet (Grob- oder Feinstrukturprüfung) möglich, wobei sich das nachstehende Einteilungsprinzip als geeignet erwiesen hat:

  • radiologische Prüfverfahren (Röntgenstrahl- und Gammastrahldefektoskopie),
  • akustische Prüfverfahren (Klang-, Ultraschall- und Schallemissionsprüfung),
  • thermografische Prüfverfahren (Wärmefluss-, Wärmewellenanalyse und Videothermografie),
  • elektromagnetische Prüfmethoden (magnetische Rissprüfung, Schichtdickenmessung und magnetoinduktive Prüfung),
  • Rissprüfung (Sichtprüfung, Endoskopie, Penetrierprüfung, Dichtigkeitsprüfung, Magnetpulver- und Fluoreszenzprüfung),
  • Mikrowellenprüfung (Transmissions- und Reflexionsverfahren) und
  • optische Prüfmethoden (Holografie, Laser-Speckle-Interferometrie, Shearographie, Laserextensometrie u. a.).

Spezielle Prüfmethoden wie die Wirbelstromprüfung, die experimentelle Dehnungsanalyse oder die Schwingungsanalyse komplettieren diese Aufzählung genau wie die Betastrahlprüfung oder die Terrahertzprüfung, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Grundsätzlich ist feststellbar, dass die ZfP in fast allen Industriezweien zum unverzichtbaren Instrument für eine effiziente Qualitätssicherung geworden ist und dem Nachweis intoleranter Fehlzustände, der Überwachung des Zustandes von Maschinen und Anlagen als auch für die Schadensfallanalyse dient.

Die Dachorganisation der ZfP in Deutschland ist die Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP e.V.) deren Hauptziele die Erforschung, Entwicklung, Anwendung und Verbreitung der zerstörungsfreien Prüfverfahren sind [5]. Die Ausbildung und Trainings GmbH der DGZfP organisiert zentral die Aus- und Weiterbildung bzw. die Qualifizierung von ZfP-Prüfpersonal nach der DIN EN ISO 9712 (früher DIN EN 473) und der DIN 54161 in Form eines Kurssystems mit drei unterschiedlichen Ausbildungsstufen (Level) für folgende Gebiete der ZfP an [6–8]:


Literaturhinweise

[1] Claridge, T. D. W.: High-Resolution NMR Techniques in Organic Chemistry. Tetrahedron Organic Chemistry Series 19 (1999)
[2] Hahn, O., Bretz, S., Hagnau, C., Ranz, H.-J., Wolff, T.: Das Schwarzlot in der Hinterglasmalerei − Zerstörungsfreie Untersuchung von Kunst- und Kulturgut. ZfP-Zeitung 113 (2009) 2
[3] Erhard, A.: Aufgaben und Abgrenzung der Zerstörungsfreien Prüfung. DGZfP-Jahrestagung, Fürth (2007), V11
[4] Blumenauer, H.: Werkstoffprüfung. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie Stuttgart, 6. Auflage, (1994), (ISBN 978-3-342-00547-6; siehe AMK-Büchersammlung unter M 3)
[5] Homepage der DGZfP: https://www.dgzfp.de/ (Zugriff am 04.03.2019)
[6] DIN EN ISO 9712 (2012-12): Zerstörungsfreie Prüfung − Qualifizierung und Zertifizierung von Personal der zerstörungsfreien Prüfung
[7] DIN EN 473 (2008-09): Zerstörungsfreie Prüfung − Qualifizierung und Zertifizierung von Personal der zerstörungsfreien Prüfung − Allgemeine Grundlagen (zurückgezogen)
[8] DIN 54161 (2004-11): Zerstörungsfreie Prüfung − Qualifizierung von Prüfwerkern der zerstörungsfreien Prüfung