Zugversuch

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Zugversuch

Zugversuch, Kraftmesstechnik

Die registrierten Messgrößen des Zugversuches sind die Kraft F und die Verlängerung Δl.

Für die Messung der Kraft werden zwei Grundprinzipien verwendet, wodurch unterschiedliche Messdosentypen existieren:

  • elektromechanische Kraftmessdose,
  • piezoelektrische Kraftmessdose

Bei der elektromechanischen Kraftmessdose werden zumeist die Bauarten Linearmessdose und Biegebalkenmessdose verwendet, die über die Anschlussbolzen mit dem Querhaupt beziehugnsweise dem Verlängerungsgestänge und den Klemmsystemen verbunden sind.

Das Wirkprinzip ist hier die Mechanisch-Elektrische-Signalwandlung basierend auf applizierten Dehnmessstreifen (DMS), wobei diese Messdosen meistens für statische oder quasistatische Versuche verwendet werden. Zwei DMS dienen zur Erfassung der Messsignale und zwei zur Temperaturkompensation, wobei das Messsignal die elastische Verlängerung des Verformungskörpers darstellt.

Entsprechend des linearen Zusammenhangs zwischen Spannung und Dehnung (Hooke´sche Gesetz) kann die Kraftmessdose direkt in Krafteinheiten kalibriert werden.

Die piezoelektrische Kraftmessdose verwendet dagegen das Newtonsche Prinzip und wird zumeist für dynamische Belastungen verwendet, da dort eine höhere Signaldynamik erforderlich ist.


Zugversuch, vollautomatisch

Mit modernen Universalprüfmaschinen wird der Zugversuch, d.h. die Beanspruchung des Prüfkörpers sowie die Erfassung und Auswertung der Messwerte, bereits automatisiert durchgeführt. Der Benutzer muss nur noch den Prüfkörper in den Einspannvorrichtungen positionieren, die Starttaste betätigen und nach dem Prüfkörperbruch die Prüfkörperreststücke entnehmen. Vor der Prüfung müssen im Regelfall die Querschnittsabmessungen der Prüfkörper bestimmt werden. Mit digitalen Messtastern oder Messschiebern werden diese Messwerte gemessen und durch Tastendruck direkt an den PC der Prüfmaschine übertragen.

In Prüflaboratorien mit hohem Prüfkörperaufkommen wuchs in den letzten Jahren die Forderung nach einer weiteren Rationalisierung des Prüfprozesses mit den Randbedingungen:

  • Erhöhung der Maschinenauslastung
  • Verringerung der Prüfkosten
  • Verbesserung der Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der Prüfergebnisse
  • Schnelle Verfügbarkeit der Prüfergebnisse
  • Direkte Datenübernahme in LIMS-Systeme (Labor-Informations- und Management-System) für die statistische Qualitätskontrolle (SPC) oder Prozessregelung


Der Grad der Einbeziehung von mechanischen Prüfverfahren in den Fertigungsprozess wird dabei einerseits von der Leistungsfähigkeit der im Prüfsystem integrierten Komponenten und von der Qualität der Prüfsoftware, andererseits aber auch von der zeitabhängigen Bereitstellung der in der Regel geforderten genormten Prüfkörper bestimmt. Für die vollautomatische Prüfung wird die Prüfmaschine durch ein computergesteuertes Handhabungssystem ergänzt, das die Prüfkörper aus einem Magazin entnimmt und in die Halterung der Prüfmaschine einlegt (Bild 1).

a) Automatic zugversuch a.jpg
b) Automatic zugversuch b.jpg

Bild 1: Prüfsysteme für die vollautomatische Durchführung von Zugversuchen a) mit Prüfroboter, b) mit Kassettenzuführung (Werkfoto Zwick) Dazwischen können noch ein Dicken- oder Querschnittsmessgerät und – bei der Prüfung von metallischen Werkstoffen – eine Härteprüfmaschine zur Ermittlung der Oberflächenhärte der Prüfkörper eingebunden sein. Das erfordert natürlich auch entsprechend ausgerüstete Messsysteme und Prüfkörperhalterungen. Die Entsorgung der Prüfköperreste erfolgt quasiautomatisch, wenn nach dem Öffnen der Halterung die Probenteile durch ihr Eigengewicht in einen Abfallbehälter rutschen.

Für eine umweltfreundliche Entsorgung kann auch eine werkstoffabhängige Trennung der Prüfkörperreste vorgenommen werden (Trennung nach Stählen, NE-Metalle, Kunststoffe usw.). In besonderen Fällen werden die Reste durch ein zusätzliches Handhabungssystem aufgenommen und wieder definiert in ein Magazin abgelegt, um an ihnen weitere Untersuchungen durchführen zu können.

Eine gebräuchliche Sortiervariante ist:

  • Behälter 1: Prüfkörperreste-Prüfergebnis innerhalb der Toleranz;
  • Behälter 2: Prüfkörperreste-Prüfergebnis außerhalb der Toleranz;
  • Behälter 3: Prüfkörperreste-Probenbruch außerhalb der Messlänge

Die vollautomatische Prüfung gewinnt zunehmend an Bedeutung:

  • Die Zuführungssysteme werden „intelligenter“ und damit universeller, so dass auch kleine Serien effizient geprüft werden können.
  • Die vollautomatische Prüfung vermeidet subjektive Einflüsse des Benutzers auf die Prüfanordnung (z.B. „schiefe“ Prüfkörpereinspannung) und die Prüfkörper.
  • (z.B. Erwärmung durch die Körperwärme). Damit wird die Genauigkeit und Re-produzierbarkeit der Prüfergebnisse weiter erhöht.

Literaturhinweis

  • Dripke, M., Michalzik, G., Bloching, H., Fahrenholz, H.: Mechanische Prüfverfahren und Kenngrößen – kompakt und verständlich. Band 1: Der Zugversuch bei quasistatischer Beanspruchung. Castell-Verlag GmbH, Wuppertal (2002)