Vu-Khanh-Methode
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Vu-Khanh-Methode
Einleitung
Die Vu-Khanh-Methode ist eine Mehrprobenmethode der Linear-elastischen Bruchmechanik (LEBM), die die Bestimmung der Bruchzähigkeit in Form einer kritischen Energiefreisetzungsrate auch für dünnere Prüfkörper bis hin zu folienartigen Geometrien ermöglicht. Hierzu werden unterschiedlich tief gekerbte Prüfkörper sonst identischer Geometrie bis zum Bruch belastet, wodurch die besonders für sehr spröde Werkstoffe problematische Einbringung von scharfen Kerben mit einer wohldefinierten Tiefe umgangen werden kann. Sie ist außerdem einfach durchführbar, da nur die gesamte Arbeit bis zum Bruch bestimmt werden muss.
Beschreibung der Vu-Khanh-Methode
Bei Vorliegen überwiegend instabilen oder gemischt stabil-instabilen Risswachstums (Sprödbruch oder Spröd-Zäh-Übergangsbereich) kann das dem Essential Work of Fracture (EWF)-Konzept verwandte Konzept nach Vu-Khanh [1, 2] zur Bewertung der Zähigkeit polymerer Werkstoffe angewendet werden. Dabei wird bei dominierend instabiler Rissausbreitung die aus den Kraft-Verschiebungs-Diagrammen ermittelte Arbeit U mit
(1) |
in Abhängigkeit von einer Geometriegröße B · W · φ aufgetragen und die Energiefreisetzungsrate GIc bei Risseinleitung bestimmt (U0 – werkstoff- und beanspruchungsabhängige Konstante, B und W – Prüfkörperdicke und -breite, a – Kerbtiefe). Hierbei ist
(2) |
mit
. | (3) |
Dieses Konzept kann auf den Fall gemischt stabil-instabilen Risswachstums erweitert werden, wodurch auch der sonst bruchmechanisch nur schwer zu erfassende Spröd-Zäh-Übergangsbereich quantitativ bewertet werden kann [2]. Im Fall des Auftretens von Kleinbereichsfließen, d. h. einer plastischen Zone, die jedoch klein gegenüber der Kerbtiefe (siehe auch: Kerbeinbringung und Kerbgeometrie) und den Prüfkörperabmessungen ist, sowie stabil-instabilen Risswachstums geht Gleichung (1) über in den Ausdruck
(4) |
Hierbei sind Gi und GIc die kritischen Energiefreisetzungsraten als Widerstände gegen stabile (Gi) und instabile Risseinleitung (Bruchzähigkeit GIc), Δa die stabile Rissverlängerung und φ* ein Kalibrierfaktor nach Gleichung (2) und (3), wobei a durch die effektive Kerbtiefe aeff = a + Δa (siehe: effektive Risslänge) ersetzt wurde.
Anwendung der Vu-Khanh-Methode für einen hochgefüllten thermoplastischen Kunststoff
Das Konzept nach Vu-Khanh hat sich u. a. für die Zähigkeitsanalyse von unidirektional langfaserverstärkten Kunststoffbändern (UD-Tapes) quer zur Faserrichtung [3] sowie für hochgefüllte thermoplastische Kunststoffe (siehe Bild 1) als geeignet erwiesen. Der Anstieg der Geraden ist die Energiefreisetzungsrate GIc bei Risseinleitung; sie beträgt 6,3 kJ/m2 für den ungealterten Werkstoff und 3,3 kJ/m2 für den gealterten Werkstoff.
Bild 1: | Anwendung der Methode nach Vu-Khanh zur Bewertung des Einflusses der Alterung auf die Zähigkeit eines hochgefüllten sehr spröden thermoplastischen Kunststoffs auf der Basis eines hochtemperaturbeständiges Polymers. |
Siehe auch
- Bruch
- Bruchmechanik
- Bruchentstehung
- Energiefreisetzungsrate
- Essential Work of Fracture (EWF)-Konzept
- Spröd-Zäh-Übergang
- Sprödbruch
- Rissausbreitung
- Kerbeinbringung
- Kerbgeometrie
Literaturhinweise
[1] | Vu-Khanh, T., de Charentenay, F. X.: Mechanics and mechanisms of impact fracture in semi-ductile polymers. Polymer Engineering and Science 25 (1983) 841–850. DOI: https://doi.org/10.1002/pen.760251309 |
[2] | Cocco, R. G., Frontini, P. M., Perez Ipiña, J. E.: Assessment of methods to determine fracture toughness of polymers in the ductile-to-brittle transition region. In: Proceedings 11th International Conference on Fracture (ICF 11; 20.–25.03.2005), Turin (2005), Vol. 7, 5491–5496. DOI: https://doi.org/10.1002/polb.20600 |
[3] | R. Lach, R., Castro Key, L., Langer, B., Tillner, B., Celevics, S., Jahn, I., Michel, P.: Mechanical and fracture mechanics investigations of unidirectionally fibre-reinforced polymer tapes. In: Kubasova, K., Padovec, Z., Sedlacek, R. (Eds.): Proceedings Polymer Composites 2021 (26./27.10.2021), Tábor (2021), 35–40 DOI: https://doi.org/10.1002/pc.v42.10 |