Normklimate: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Aktuelle Version vom 14. Mai 2020, 13:35 Uhr

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Normklimate

Prüfkörpervorbereitung und Standardklima

Die Reproduzierbarkeit von Messergebnissen erfordert eine fehlerfreie Herstellung von Prüfkörpern und eine hinreichende Konstanz des Prüfklimas bzgl. Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit. Auch die Konstanz des inneren Prüfkörperzustands bezüglich der enthaltenen Feuchte muss gewährleistet werden. Geringe Veränderungen in der Umgebungstemperatur und/oder dem Feuchtegehalt der Prüfkörper führen zu Änderungen im Kennwertniveau. Aus diesem Grund wurden als Prüfbedingungen so genannte „Normklimate“ festgelegt, die hinsichtlich Temperatur und Luftfeuchte den Durchschnittsbedingungen der gemäßigten europäischen Klimazone genügen und damit praxisnahe Konditionen simulieren. Für die Charakterisierung der Werkstoffeigenschaften bei Raumtemperatur muss für die Normalisierung der Prüfkörper und die Durchführung der Versuche das Standardklima nach DIN EN ISO 291 mit einer Lufttemperatur von 23 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 % (Kennzeichnung: Klima 23/50) verwendet werden [1]. In dieser Norm sind zwei unterschiedliche Klassen von Normklimaten entsprechend den verschiedenen Abweichungsbereichen angegeben. In der Klasse 1 wird eine zulässige Abweichung in der Temperatur von ± 1 °C und der relativen Luftfeuchte von ± 5 % und in der Klasse 2 in der Temperatur von ± 2 und der relativen Luftfeuchte von ± 10 % gefordert.

Die einfachste Methode zur Gewährleistung eines konstanten Prüfklimas ist die Klimatisierung des gesamten Prüflaboratoriums.

Konditionierung von Kunststoffen

Für die Ermittlung von Kennwerten mit den Standardprüfmethoden ist die Einstellung des Prüfkörpers auf das entsprechende Normklima häufig ausreichend. Die Prüfkörper werden zu diesem Zwecke konditioniert. Dabei nehmen die Prüfkörper die Temperatur der umgebenden Luft an, wobei die Zeitdauer der Konditionierung von der Anfangstemperatur und der Geometrie, speziell der Prüfkörperdicke abhängt. Zwischen dem Feuchtegehalt der Prüfkörper und der Umgebung stellt sich in Abhängigkeit von der Diffusionskonstante des Kunststoffes ein Gleichgewichtszustand ein. Zur Einstellung der Luftfeuchtigkeit werden heute bevorzugt Klimaschränke eingesetzt. Eine andere Möglichkeit ist die Nutzung von Exsikkatoren, wo die relative Luftfeuchtigkeit mit Hilfe von verschiedenen gesättigten Salzlösungen bei unterschiedlichen Temperaturen gezielt einstellbar ist [2].

Für einige Kunststoffe, wie z. B. Polyamid (Kurzzeichen: PA), gelten besondere Konditionen, da PA-Prüfkörper unter Normbedingungen stark hygroskopisch sind. Zur Normalisierung der spritztrockenen Prüfkörper kann nach DIN EN ISO 1110 [3] eine beschleunigte Konditionierung bei 70 °C und 62 % Luftfeuchte bei Kontrolle der Gewichtszunahme durchgeführt werden.

Zur Ermittlung der Temperaturabhängigkeit z. B. der mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen müssen geschlossene Temperierkammern an Universalprüfmaschinen (siehe Materialprüfmaschine) adaptiert werden. Erfahrungsgemäß reichen bei Vielzweckprüfkörpern mit einer Dicke von 4 mm ca. 30 min für die Vortemperierung aus. Falls gleichzeitig ein einzuhaltender Feuchtewert vorgegeben ist, muss eine Medienkammer eingesetzt werden.

Medial-thermische Beständigkeit

Eine zunehmende Bedeutung haben auch die Anforderungen an die Alterungsbeständigkeit (siehe Alterung) von Kunststoffen gewonnen. Aus diesem Grund ist in vielen Fällen die Kenntnis über Veränderungen der Festigkeit, Steifigkeit und Zähigkeit in Abhängigkeit von einer Auslagerung in verschiedenen Medien erforderlich. Zur Ermittlung der medial-thermischen Beständigkeit werden die Prüfkörper bei differierenden Temperaturen und Medien (Öle, Wasserdampf, Waschlauge u. a.) z. B. zur Bestimmung der medialen Beständigkeit von Kunststoffen in Laugenbehältern bis zu 5000 h, ausgelagert und anschließend wird das Kennwertniveau im Vergleich zum Ausgangszustand bestimmt. Bei diesen Langzeitversuchen ist eine typenreine Lagerung erforderlich, um eine gegenseitige Beeinflussung durch Wechselwirkungseffekte (z. B. Abbauprodukte durch Alterung) zu vermeiden.

Eine umfangreiche Zusammenstellung über die Konditionierzeiten zum Erreichen des Temperaturgleichgewichtes in Abhängigkeit von der Prüfkörpergeometrie für prismatische und zylindrische Prüfkörper wird von Brown [4] angegeben.


Literaturhinweise

[1] DIN EN ISO 291 (2008-08): Kunststoffe – Normalklimate für Konditionierung und Prüfung
[2] Bierögel, C.: Prüfkörperherstellung. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 37–39, (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18)
[3] DIN EN ISO 1110 (2019-09): Kunststoffe – Polyamide – Beschleunigte Konditionierung von Probekörpern
[4] Brown, R. (Ed.): Handbook of Polymer Testing: Physical Methods. Marcel Dekker, New York Basel (1999), (ISBN 978-0824701710; siehe AMK-Büchersammlung unter C 5)