Hybride Methoden
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Hybride Methoden der Kunststoffdiagnostik
Grenzen der konventionellen Kunststoffprüfung
Für die Dimensionierung von Kunststoffbauteilen und den praktischen Einsatz von Kunststoffen ist neben geeigneten konstruktiv nutzbaren Werkstoffkennwerten die Kenntnis der belastungsinduzierten Werkstoffschädigungen eine wesentliche Voraussetzung. Speziell unter dem Aspekt einer konsequenten optimalen Nutzung von Werkstoffresourcen sind tiefgehende Informationen über ablaufende Schädigungsprozesse und Deformationsmechanismen erforderlich. Dem Werkstoffentwickler und dem Konstrukteur geben die unter mechanischer, medialer und thermischer Beanspruchung ermittelten schädigungsspezifischen Kenngrößen Aussagen über relevante Beanspruchungsgrenzen und dem Anwender über die bestehende Restlebensdauer oder Funktionalität eines Bauteils. Andererseits belegen Schadensfälle und Havarien, die auf das Versagen von Kunststoffbauteilen zurückführbar sind, dass oftmals eine zu einseitige Werkstoffcharakterisierung durchgeführt wird und die bisher verwendeten Sicherheits- und Qualitätsmerkmale noch nicht ausreichend sind. Unter dem Gesichtspunkt einer modernen Werkstoffentwicklung sind deshalb stoffbeschreibende, strukturell oder morphologisch begründete Kenngrößen gefragt, die über Beanspruchungsgrenzen in Abhängigkeit von den komplexen Belastungsbedingungen informieren und in Verbindung mit geeigneten Materialgesetzen eine werkstoffgerechte Auswahl und Dimensionierung von Kunststoffen erlauben. Diesen Anforderungen können konventionelle Prüfverfahren wie der Zugversuch oder der Biegeversuch nicht gerecht werden, da die ermittelten Kennwerte nicht in jedem Fall strukturell oder werkstoffphysikalisch begründbar sind. Ein Beispiel dafür sind Mikroschädigungen (siehe Mikroschädigungsgrenze), die im nichtlinear viskoelastischen Deformationsbereich einsetzen und aus den ermittelten Spannungs-Dehnungs-Diagrammen nicht abgeleitet werden können.
Entwicklungstrends bei der Anwendung mechanischer Methoden
Die Entwicklung innovativer neuer Kunststoffe und Kunststoffverbunde, die den jeweiligen konkreten Erfordernissen angepasst sind, lässt derzeitig folgende Entwicklungstrends bei der Anwendung konventioneller mechanischer Prüfmethoden erkennen:
- Qualifizierung der mechanischen Grundversuche der Kunststoffprüfung zur Darstellung belastungsinduzierter Eigenschaftsänderungen, welche zu Verlusten an Duktilität oder zu einer Festigkeitsabnahme führen können,
- Ermittlung von Werkstoffschädigungen als Vorstufe des ultimativen Versagens von Kunststoffbauteilen (siehe: Bauteilversagen) sowie
- Darstellung der Schädigungskinetik und dominanter strukturell beeinflussbarer Schädigungsmechanismen zur Beschreibung von Werkstoffgrenzzuständen oder Diagnosefunktionen für die Schädigungsmechanik.
Hybride Methoden und Instrumentierung von Prüfmethoden
Methodisch unterscheidet man dabei zwei wesentliche Vorgehensweisen, die teilweise auch in Kombination verwendet werden:
- Anwendung hybrider experimenteller Methoden, d. h. die In-situ-Kopplung von mechanischen und bruchmechanischen Grundversuchen mit zerstörungsfreien Prüfmethoden zur Erhöhung der Aussagefähigkeit von Werkstoffkennwerten sowie zur Formulierung von Schädigungsfunktionen oder -grenzwerten z. B. mittels Mechanodielektrometrie, Schallemissionsanalyse, Thermographie, Computertomographie (radiologische Durchstrahlungsprüfung) oder Ultraschallprüfung und
- Qualifizierung der mechanischen Grundexperimente durch Instrumentierung und Anwendung verbesserter Mess- und Auswertetechniken wie z. B. Videoextensometrie, Laserextensometrie oder Feldmesstechniken in Verbindung mit einer ereignis- und strukturbezogenen Interpretation der Deformationsphasen der Kunststoffe, woraus gleichzeitig erhöhte Anforderungen an die experimentelle Regelung dieser Versuche resultieren.
Die Übersicht im Bild belegt, dass unabhängig von den gewählten Beanspruchungsbedingungen für derartige hybride experimentelle Untersuchungen eine kontinuierliche Registrierung der Belastungsparameter erforderlich ist. Die im Sensorblock beispielhaft dargestellten Prüfmethoden müssen folgende Forderungen erfüllen:
- hinreichende Sensibilität und Applizierbarkeit der Prüfmethode für den zu untersuchenden Kunststoff,
- ausreichende Strukturempfindlichkeit bzw. Selektivität für die dominanten Schädigungsmechanismen und
- das Deformationsverhalten des Kunststoffes sollte durch die verwendeten Sensoren möglichst nicht beeinflusst werden.
Bild: | Hybride Methoden der Kunststoffprüfung und Kunststoffdiagnostik |
Anforderungen an die Prüfkörper
In der Kunststoffprüfung werden die experimentellen Untersuchungen im Bereich der konventionellen mechanischen Prüfung an Vielzweckprüfkörpern nach DIN EN ISO 3167 und im Bereich der bruchmechanischen Prüfung (siehe bruchmechanische Prüfung) an CT-Prüfkörpern (Crack Tension) durchgeführt.
Auf dem Zugprüfkörper (Vielzweckprüfkörper) sind z. B. Messmarken (Targets) angebracht, die den Einsatz der Methode der Laserextensometrie ermöglichen soll. Zur Ermittlung des lokalen Deformationsverhaltens können auf dem Prüfkörper bis zu 63 Targets appliziert werden. Der minimale Targetabstand beträgt dabei 1 mm. Bei der Applizierung von 10 Targets erhält man das integrale Spannungs-Dehnungs-Diagramm sowie 9 lokale Spannungs-Dehnungs-Diagramme für jede Messzone oder eine ausgewählte Anzahl von Zonen. In einer ähnlichen Art und Weise kann der CT-Prüfkörper präpariert werden, wobei dann aber ein anderes Laserextensometer (Laser-Doppel-Scanner oder Laser-Multi-Scanner) zum Einsatz kommt.
Erhöhung der Aussagefähigkeit hybrider Methoden
Parameter-Block
Der Parameter-Block enthält z. B. die aufgebrachte Kraft bzw. die querschnittsbezogene Spannung. Für die Kennwertermittlung an CT-Prüfkörpern sind als direkte Messgröße die Kraftangriffsverschiebung und die Kerbaufweitung erforderlich. Als Beanspruchungsgrößen werden neben der Zeit und Geschwindigkeit die Temperatur und die Luftfeuchte (siehe: Prüfklima) aufgeführt, die einen entscheidenden Einfluss auf den Kennwert besitzen.
Sensor-Block
Auf Grund der begrenzten Energiefreisetzungsrate in Kunststoffen ist der Einsatz verschiedener zerstörungsfreier (ZfP)-Methoden zweckmäßig.
Im Sensor-Block werden als Beispiele die
- Akustische Emission
- Laserextensometrie
- Ultraschall-Methode
- Videothermographie
- Dielektrometrie und die
- Volumendilatometrie
angegeben.
Das Ziel dieser Vorgehensweise ist es, den steigenden Anforderungen an die Aussagefähigkeit mechanischer Werkstoffkennwerte aus quasistatischen Experimenten gerecht zu werden. Ein weiteres Ziel besteht darin, unabhängig von der Herangehensweise und den Belastungsbedingungen eine ereignisbezogene Interpretation des Deformations- und Bruchverhaltens zu ermöglichen.
Obwohl prinzipiell viele zerstörungsfreie Prüfverfahren diesen Ansprüchen genügen, sollten wenn möglich berührungs- und trägheitslos arbeitende Sensortechniken bevorzugt werden. In Hybride Methoden, Beispiele werden anhand verschiedener Beispiele die Vorteile und Aussagemöglichkeiten derartiger hybrider Prüfmethoden der Kunststoffprüfung und Kunststoffdiagnostik dargestellt.
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