Schallgeschwindigkeit

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Schallgeschwindigkeit

Allgemeines

Die Schallgeschwindigkeit ist eine wesentliche Eigenschaft des durchschallten Mediums und beschreibt, in welcher Zeit eine Welle oder ein Wellenpaket den Abstand zwischen zwei Punkten in dem Medium zurücklegt. Diese Kenngröße stellt einen Basisparameter der Ultraschallprüfung dar.

Sie wird im einfachsten Fall durch das Weg-Zeit-Gesetz beschrieben, das im Bild 1 schematisch erläutert ist. Hier werden mittels eines Senders oder Schallgebers (Prüfkopf), der den Schallimpuls aussendet, Schallwellen durch ein Medium übertragen. Am Ende der Übertragungsstrecke befindet sich der Empfänger (Prüfkopf), der die gleiche Bauart wie der Sender (siehe: Ultraschall-Durchschallungs-Technik) aufweisen sollte. Die elektrischen Impulse, die an den Sender S gehen, werden in mechanische umgewandelt, vom Medium als Welle übertragen und vom Empfänger E empfangen (Durchschallungs-Technik). Aus der Darstellung der am Empfänger registrierten Schwingungen kann die vom Schall benötigte Laufzeit t für die Distanz x nach Gl. (1) ermittelt werden.

Schallgeschwindigkeit-1.jpg

Bild 1: Schematische Darstellung einer Schallgeschwindigkeitsmessung zwischen einem Sender S und einem Empfänger E
(1)

Bei der Berechnung der Schallgeschwindigkeit ist jedoch zu beachten, dass je nach Bauart der Prüfköpfe und der Einschallrichtung sowie der Beschaffenheit des Mediums longitudinale Wellen (Längswellen) und/oder transversale Wellen (Querwellen) erzeugt werden können, die jeweils verschiedene Ausbreitungsgeschwindigkeiten besitzen. Das wird durch die Indizes L (longitudinal) und T (transversal) der Schallgeschwindigkeit c in der Gl. (1) verdeutlicht.

Longitudinal- und Traversalwellen

Der Schall kann sich in einem Festkörpervolumen mit zwei unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreiten, die den beiden Schallgeschwindigkeiten der Longitudinal- und der Transversalwellen entsprechen. Das ergibt sich aus der Betrachtung einer modellhaften Gitterstruktur, welche das Festkörperverhalten verkörpert. Es entstehen auch bei senkrechter Einschallung Echos von Transversalwellen, die ihre Ursache in der praktisch immer vorhandenen leichten Asymmetrie des Schallfeldes haben. In den meisten Fällen ist aber dieser Einfluss klein und die Amplitude der Longitudinalwellen überwiegt. Dieser Umstand muss aber beachtet werden, um Fehlinterpretationen des gemessenen HF-Signals hinsichtlich der Signallaufzeit zu vermeiden.
In der folgenden Tabelle 1 sind die Schallgeschwindigkeiten von Longitudinalwellen ausgewählter Metalle und Kunststoffe als Vergleich angegeben.

Tabelle 1: Schallgeschwindigkeiten ausgewählter Werk- und Kunststoffe
 
Werkstoff Schallgeschwindigkeit cL (m s-1)
Stahl 5900
Aluminium 6400
Messing 4300
Synthetischer Kautschuk 1460
PMMA 2540
PS 2350
PVC 2300
PA6 2570
PP 2550
PE 1800
UP-Harz Derakene 411 2400
UP-Harz Derakane 470 2700
UP-Harz Derakene 411 + 36 M.% GF 2510
UP-Harz Derakene 411 + 70 M.% GF 3050

Die Longitudinalwellen werden in der Ultraschallprüfung für die Wanddickenmessung sowie die direkte Defektoskopie und Transversalwellen für die indirekte Defektoskopie, wie z. B. zur Begutachtung von Binde- und Schweißnähten (siehe: Ultraschall-Schweißnahtprüfung) verwendet.
Bild 1 stellt die einfachste Variante der Schallgeschwindigkeitsmessung in Durchschallungs-Technik dar. Oft ist es jedoch infolge der konstruktiven oder geometrischen Gegebenheiten erforderlich, nur von einer Seite des Bauteils zu prüfen. Dafür ist die Impuls-Echo-Technik geeignet, die in der Ultraschallprüfung breite Anwendung findet. Hierbei fungiert der Sendeprüfkopf gleichzeitig als Empfänger (siehe: Impuls-Echo-Technik). Die Schallwellen durchlaufen die Strecke bis zum Reflektor R und zurück, weshalb der Weg x in die Gl. (2) doppelt eingeht (Bild 2).

Schallgeschwindigkeit-2.jpg

Bild 2: Schematische Darstellung einer Schallgeschwindigkeitsmessung mit der Impuls-Echo-Technik
(2)

Mit dieser Methode sind vor allem sehr dünne Bauteile oder Schichten messbar, wenn es die Prüfkopftechnik zulässt. Diese sollte so ausgelegt sein, dass noch Wellenlängen erreicht werden, die in der Größenordnung der Schichtdicke liegen. Nach der Gleichung c = λ · f ist die Prüffrequenz bei kleiner Schichtdicke entsprechend hoch zu wählen, damit diese noch im A-Bild noch auflösbar sind.

Messung der Schallgeschwindigkeit

Die Schallgeschwindigkeit wird bei bekanntem Abstand x durch eine Zeitmessung bestimmt, die mit Hilfe eines HF-Bildes oder A-Bildes erfolgt. Diese Bilder stellen die Spannungsimpulse dar, in welche die Schalldruckamplitude durch den piezoelektrischen Effekt umgewandelt wird. In Bild 3 ist ein Beispiel eines HF-Bildes zu sehen, in dem zwei Echos dargestellt sind. Üblicherweise wird zwischen den beiden Echos die Schalllaufzeit gemessen, um mit der bekannten Dicke der zu untersuchenden Bauteilschicht die Schallgeschwindigkeit zu bestimmen.

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Bild 3: Spannungsimpulse zur Laufzeitmessung an einer planparallelen PMMA-Platte in Impuls-Echo-Technik mit Ultraschall

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Bild 4: Messung an einer PMMA-Platte in Impuls-Echo-Technik mit Ultraschall

Zur Messung der Schalllaufzeit gibt es drei verschiedene Ansätze. Für den ersten Ansatz werden die Maxima der Signale verwendet, wie es nach Bild 3 möglich ist. In den meisten Fällen sind die Signale aber nicht so ideal, wie in Bild 3 gezeigt. Deshalb werden zwei andere Auswertemethoden angewendet. Ein zweiter Ansatz verwendet den Fußpunkt des Signals (Bild 4). Damit wird die Schwierigkeit umgangen, dass bei Gusswerkstoffen oder Kunststoffen signifikante Abweichungen durch die Messung der Maxima entstehen, denn durch die Schalldispersion vor allem in Kunststoffen werden verschiedene Frequenzen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit übertragen, womit eine Verbreiterung des Signals verbunden ist.
Werden Signalwiederholungen auf dem Messgerät angezeigt, so sind die einzelnen Echos in ihrer Form ähnlich. Damit kann auch die Anstiegsflanke zur Laufzeitmessung verwendet werden. In Bild 4 ist der Amplitudenwert von 50 % der jeweiligen Echohöhe mit einem grünen Punkt gekennzeichnet. Es sind aber auch andere Positionen an den Anstiegsflanken als Messpunkte anwendbar. Dies richtet sich insbesondere nach der Form der Echos, die z. B. bei bestimmten Kunststoffen ein Anschwingverhalten zeigen. Zur Beurteilung der Messwerte sollten digitale Messgeräte mit A-Bild­-Anzeige (Bild 5) verwendet werden, die bei bekannter Wanddicke des Prüfobjekts dessen Schallgeschwindigkeit ermitteln können (siehe auch: Ultraschall-Wanddickenmessung).

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Bild 5: Digitale Ultraschall-Wanddickenmessgeräte mit A-Bild-Anzeige (a) Echometer 1077 der Fa. Karl Deutsch Prüf- und Messgeräte Bau GmbH und Co KG, Wuppertal und (b) FD 20 der Fa. PCE Deutschland GmbH Prüfgeräte, Meschede

Phasen- und Gruppengeschwindigkeit

Die Schallgeschwindigkeit wird meist als Phasengeschwindigkeit angegeben. Das bedeutet, dass in diesem Falle eine Schallwelle mit einer festen Frequenz (monochromatisch) vorliegt. Im Allgemeinen treten aber durch die Schallerzeugung Wellenpakete mit verschiedenen Frequenzen auf, d. h. die Wellenpakete beinhalten Wellen mit unterschiedlichen Wellenlängen. In diesem Falle liegt eine Dispersion vor, wodurch ein Wellenpaket verschiedene Wellen mit differierenden Geschwindigkeiten enthält. Deshalb definiert man als mittlere Ausbreitungsgeschwindigkeit des Wellenpaketes die sogenannte Gruppengeschwindigkeit, die praktisch mit den oben angegebenen Methoden gemessen wird und mit nur geringen Abweichungen mit der Phasengeschwindigkeit übereinstimmt.
Für elastische und isotrope Werkstoffe kann die Schallgeschwindigkeit des Ultraschalls im Volumen nach den Gln. (3) und (4) auch berechnet werden, falls der Elastizitätsmodul, die Dichte und die Poissonzahl bei der vorliegenden Temperatur bekannt sind.

(3)
(4)


Literaturhinweise

[1] Deutsch, V., Platte, M., Vogt, M.: Ultraschallprüfung – Grundlagen und industrielle Anwendungen. Springer Verlag, Berlin (2012), (ISBN 978-3-642-63864-0)
[2] Matthies, K. u. a.: Dickenmessung mit Ultraschall. DVS-Verlag GmbH, Berlin, 2. Auflage, (1998), (ISBN 3-87155-940-7; siehe AMK-Büchersammlung unter M 44)
[3] Langenberg, K.-J., Marklein, R., Mayer, K.: Theoretische Grundlagen der zerstörungsfreien Materialprüfung mit Ultraschall. Oldenbourg Verlag, München (2009), (ISBN 978-3-48658-881-1)