Spröd-Zäh-Übergang

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Spröd-Zäh-Übergang

Beschreibung des Spröd-Zäh-Überganges

Der Spröd-Zäh-Übergang kennzeichnet den Punkt in einer physikalischen Abhängigkeit der Werkstoffzähigkeit (als Maß für die Energiedissipation oder den Widerstand gegen Rissausbreitung), an dem eine prinzipielle Änderung des Werkstoffverhaltens eintritt, z. B. ein Übergang von dominierend instabiler zu überwiegend stabiler Rissausbreitung. Dies ist mit einem starken Anstieg der Zähigkeitskennwerte, z. B. der kritischen J-Werte oder Rissöffnungsverschiebungen, von einem niedrigen Niveau, der Tieflage der Zähigkeit, auf ein hohes Niveau, der Hochlage der Zähigkeit, verbunden. Bedingt durch das veränderte Werkstoffverhalten können darüber hinaus auf der Bruchfläche Veränderungen des Verformungs- und Bruchverhaltens detektiert werden, die durch ausgeprägte plastische Deformationsprozesse entstanden sind. Spröd-Zäh-Übergang in Kunststoffen können durch eine Variation von Beanspruchungsparametern (wie Temperatur, Beanspruchungsgeschwindigkeit oder Auslagerungszeit in Medien), strukturellen Größen (wie Phasenanteile z. B. Kautschukgehalt, Teilchengröße und -abstand, Molmassenverteilung, Kristallinitätsgrad usw.) und/oder der Prüfkörpergeometrie (wie der Prüfkörperdicke) hervorgerufen werden.

Als Ursachen können beispielsweise die zunehmende molekulare Beweglichkeit der Makromoleküle bei Temperaturerhöhung (z. B. für teilkristalline und kautschukmodifizierte Thermoplaste bei der Glastemperatur der zähigkeitsbestimmenden Phase), Spannungsfeldüberlagerungen bei Verringerung des Teilchenabstands oder der Übergang von einem überwiegend ebenen Dehnungszustand zu einem ebenen Spannungszustand bei Abnahme der Prüfkörperdicke angenommen werden.

Beispiel eines PC/ABS/PMMA-Blends

Ein Beispiel für das Auftreten eines Spröd-Zäh-Überganges (SZÜ) aus der eigenen Forschungsarbeit wird in Bild 1 dargestellt, das einen strukturell bedingten SZÜ in Polycarbonat/Acryl-Butadien-Styrol/Polymethylmethacrylat (Kurzzeichen: PC/ABS/PMMA)-Blends zeigt.

Sproedzaehuebergang1.jpg

Bild 1: Strukturell bedingter Spröd-Zäh-Übergang (SZÜ) in PC/ABS/PMMA-Blends bei Variation des PMMA-Anteils für ein Verhältnis PC/ABS von 75:25

Das vorliegende Beispiel eines ternären Polymerblends, einem PC/ABS/PMMA-Blend, lässt einen strukturell bedingten Spröd-Zäh-Übergang bei einem PMMA-Masseanteil von 10 % erkennen, der, da er mit einem bimodalen Kraft-Verformungs- und Bruchverhalten verbunden ist, besonders hohe Standardabweichungen in den Zähigkeitskennwerten bewirkt (Bild 1). Bei höheren PMMA-Gehalten als 10 % tritt (dominierend) instabiles Risswachstum (Sprödbruch) und linear-elastisches Werkstoffverhalten auf, während bei niedrigeren PMMA-Gehalten als 10 % ausschließlich stabiles Risswachstum (Zähbruch) und elastisch-plastisches Werkstoffverhalten beobachtet wird.


Literaturhinweise

  • Lach, R.: Korrelationen zwischen bruchmechanischen Werkstoffkenngrößen und molekularen Relaxationsprozessen amorpher Polymere. VDI-Fortschritt-Berichte, Reihe 18: Mechanik/Bruchmechanik, Nr. 223, VDI-Verlag, Düsseldorf (1998), (ISBN 3-18-322318-X; siehe AMK-Büchersammlung unter B 1-7)
  • Rybnicek, J., Lach, R., Lapcikova, M., Steidl, J., Krulis, Z., Grellmann, W., Slouf, M.: Increasing Recyclability of PC, ABS and PMMA: Morphology and Fracture Behavior of Binary and Ternary Blends. Journal of Applied Polymer Science 109 (2008) 3210–3223