Bio-Kunststoffe – schlagzähmodifiziert
| Ein Service der |
|---|
|
| Polymer Service GmbH Merseburg |
| Tel.: +49 3461 30889-50 E-Mail: info@psm-merseburg.de Web: https://www.psm-merseburg.de |
| Unser Weiterbildungsangebot: https://www.psm-merseburg.de/weiterbildung |
| PSM bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Polymer Service Merseburg |
Bio-Kunststoffe ‒ schlagzähmodifiziert
Vielfältigkeit von Bio-Kunststoffen
Im Rahmen eines vom BMFTR geförderten Projekts HiBiKuS untersuchen die Polymer Service GmbH Merseburg, die Exipnos GmbH und das Fraunhofer Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen, wie sich teilkristalline biobasierte Kunststoffe gezielt modifizieren lassen, um deren Einsatzmöglichkeiten zu erweitern [1].
Bio-Kunststoffe sind eine vielfältige Werkstoffklasse von Polymeren, die aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden. Im Gegensatz zu konventionellen, auf fossilen Rohstoffen basierenden Polymeren bieten sie ökologische Vorteile, etwa durch geringere Treibhausgasemissionen und die Möglichkeit der Kompostierung. Beispiele für biobasierte Polymere sind Polylactid (Kurzzeichen: PLA), Polyhydroxyalkanoat (Kurzzeichen: PHA), Polyhydroxybutyrat (Kurzzeichen: PHB), Polyamid 11 (Kurzzeichen: PA11), Stärke-Derivate, Chitin und Chitosan sowie Cellulose. Sie finden Anwendung in einer Vielzahl von Bereichen, zunehmend auch für technische Bauteile [2].
Biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe werden jedoch häufig mit eingeschränkten mechanischen Eigenschaften assoziiert.
Notwendigkeit einer Kristallisationssteuerung und Schlagzähmodifizierung von PBS
Ein Ziel war deshalb die Herstellung von vollständig biobasierten schlagzähmodifizierten Polymeren mit insgesamt guter mechanischer Performance und vorteilhaften Morphologie-Eigenschafts-Beziehungen. Als Matrixmaterial wurde das biobasierte teilkristalline Polymer Polybutylensuccinat (Kurzzeichen: PBS) verwendet [3‒4], ein linearer aliphatischer Polyester, der im Vergleich zu Polylactid (Kurzzeichen: PLA) eine höhere biologische Abbaubarkeit aufweist, sogar in Süß- und Meerwasser. Mit Methoden zur Charakterisierung der Morphologie von isotherm kristallisiertem PBS konnte jedoch gezeigt werden (siehe Bild 1), dass die sphärolithische Morphologie von PBS innerhalb eines relativ kleinen Temperaturbereichs stark von eher feinsphärolithisch bis sehr grobsphärolithisch variiert (siehe Sphärolithische Struktur).
| Bild 1: | Mikrostruktur von PBS in Abhängigkeit von der Abkühlrate und einer Nukleierung |
Die sich bei grobsphärolitischer Morphologie bildenden Korngrenzen sind Defekte im regelmäßigen Strukturaufbau, die die Eigenschaften negativ beeinflussen. Außerdem kann es durch dieses Verhalten bei der Kristallisation zu einem nicht akzeptablen Verzug in Kunststoffbauteilen während des Spritzgießprozesses kommen. Der ausgeprägte Einfluss der Verarbeitungsbedingungen (z. B. der Abkühlbedingungen, siehe Bild 1) auf die Morphologie und die Eigenschaften von PBS erfordert daher eine Steuerung des Kristallisationsprozesses (z. B. durch eine Nukleierung, siehe Bild 1) und/oder eine effiziente Schlagzähmodifizierung, wie im Folgendem dargestellt wird.
| Bild 2: | Untersuchte Naturkautschuklatices |
Schlagzähmodifizierung von PBS durch modifizierte Naturkautschuklatices
Eine prinzipielle Möglichkeit zur Schlagzähmodifizierung ist die Einbringung von Naturkautschuklatices (Bild 2) in das PBS während der Compoundierung. Allerdings führte die Verwendung unmodifizierter Naturkautschuklatices nicht zum erwünschten Erfolg (Tabelle 1 und Bild 3): Eine Erhöhung der Kerbschlagzähigkeit gegenüber reinem PBS war demnach auf diese Art und Weise nicht möglich.
| Prozedur | Praktikabilität | Einfluss auf die Zähigkeit |
|---|---|---|
| Physikalische Vernetzung der Latexteilchen durch Elektronenbestrahlung | Nicht möglich | |
| Spritzguss unter Verwendung unmodifizierter Latices | Möglich, jedoch ausgeprägte Agglomeration der Latexteilchen | Kaum erhöhte Kerbschlagzähigkeit im Vergleich zu reinem PBS |
| Emulsion der Latices bei Variation des Emulgators und der Vorgehensweise; Spritzguss unter Verwendung modifizierter Latices | Einfach durchführbar; deutlich verringerte Agglomeration der Latexteilchen | Stark erhöhte Kerbschlagzähigkeit im Vergleich zu reinem PBS |
Als tatsächlich im Technikumsmaßstab (Losgröße: 100 kg) gangbarer Weg, die mechanischen Eigenschaften einschließlich der Zähigkeit auch bei niedrigen Temperaturen zu verbessern, stellte sich die Modifizierung von PBS mit Naturkautschuklatices in einem Lösungsprozess mit zusätzlichem Direktspritzguss heraus (siehe Tabelle 1). Im Vergleich zu reinem PBS zeigt dieses vollständig biobasierte schlagzähe PBS eine stark verbesserte Zähigkeit bei ‒20 °C und Raumtemperatur (siehe Bild 3). Dieses Verhalten steht mit einer relativ geringer Agglomerationsneigung der primären Latexpartikel durch ihre Modifizierung in Verbindung und hängt mit einem Übergang von instabiler (wie es auch für reines PBS typisch ist) zu stabiler Rissausbreitung zusammen. Das neu entwickelte schlagzähe PBS überschreitet den in der automotiven Industrie geforderten Schwellwert für die Kerbschlagzähigkeit von 15 kJ/m2 und kann sich dadurch ähnliche Anwendungsfelder wie schlagzähmodifiziertes Polypropylen (Kurzzeichen: PP) erschließen, dem es in Verarbeitbarkeit und Eigenschaftsprofil ebenbürtig ist. Vorteile gegenüber PP sind seine gute Recyclingfähigkeit und biologische Abbaubarkeit.
| Bild 3: | Zähigkeit der PBS-Werkstoffe |
Ausblick
Der hier dargestellte Ansatz ermöglicht die Herstellung mechanisch leistungsfähiger, vollständig biobasierter und biologisch abbaubarer Spritzgussmaterialien. Damit leisten diese schlagzähen Bio-Kunststoffe einen wichtigen Beitrag zum Ersatz erdölbasierter Kunststoffe und erweitern das Potenzial nachhaltiger Materialalternativen.
Siehe auch
Literaturhinweise
| [1] | Lach, R., Henning, S. Putsch, E., Putsch, P., Kotter, I.: Gezielte Schlagzähmodifizierung von Polybutylensuccinat mit Naturkautschuk ‒ Kerbschlagzähigkeit auf Niveau von schlagzähmodifiziertem Polypropylen. Plastverarbeiter 06 (2025) 52‒54; Link zur Online-Ausgabe |
| [2] | Niaounakis, M: Biopolymers: Applications and Trends. William Andrew Publishing, (2015); ISBN 978-0-323-35399-1; https://doi.org/10.1016/C2014-0-00936-7 |
| [3] | Aliotta, L., Seggiani, M., Lazzeri, A., Gigante, V., Cinelli, P.: A brief review of poly (butylene succinate) (PBS) and its main copolymers: Synthesis, blends, composites, biodegradability, and applications. Polymers 14/4 (2022) 844; https://doi.org/10.3390/polym14040844 |
| [4] | Xu, J., Guo, B.-H.: Poly(butylene succinate) and its copolymers: Research, development and industrialization. Biotechnology Journal 5/11 (2010) 1149‒1163; https://doi.org/10.1002/biot.201000136 |
Weblinks
- European Bioplastics e. V.: https://www.european-bioplastics.org/
- Wikipedia – Die freie Enzyklopädie: Biologisch abbaubare Kunstoffe https://de.wikipedia.org/wiki/Biologisch_abbaubarer_Kunststoff
- Wikipedia – Die frei Enzyklopädie: Biobasierte Kunststoffe https://de.wikipedia.org/wiki/Bio-basierter_Kunststoff
- Umweltbundesamt: https://www.umweltbundesamt.de/biobasierte-biologisch-abbaubare-kunststoffe#22-sind-biobasierte-kunststoffe-nachhaltiger-als-konventionelle-kunststoffe
- Bio-Plastics Europe: https://bioplasticseurope.eu/about
- BiopolymerWiki: https://biopolymerwiki.hof-university.de/
