Full Notch Creep Test (FNCT)

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ein Service der
Logo psm.jpg
Polymer Service GmbH Merseburg
Tel.: +49 3461 30889-50
E-Mail: info@psm-merseburg.de
Web: https://www.psm-merseburg.de
Unser Weiterbildungsangebot:
https://www.psm-merseburg.de/weiterbildung
PSM bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Polymer Service Merseburg

Full Notch Creep Test (FNCT)

Experimentelle Methode

Der Full Notch Creep Test (FNCT) (Bild 1), standardisiert in ISO 16770 [1], wird in Europa seit langem intensiv zur beschleunigten Charakterisierung des langsamen Risswachstums (SCG – Slow Crack Growth) herangezogen.

Als Prüfkörper dienen allseitig 1,5 mm tief gekerbte prismatische Stäbe (hergestellt aus Rohren oder Pressplatten) mit den Abmessungen 10 × 10 × 100 mm3, die in einem oberflächenaktiven wässrigen Medium (Temperatur: 80 – 95 °C) mit einer nominellen Spannung von 4 – 5 MPa beaufschlagt werden. Es wird ausschließlich die Versagenszeit analysiert. Die Versagenszeit im FNCT reicht dabei von etwa zehn Stunden für einmodale PE-Typen über etwa tausend Stunden für bimodale PE 100-Typen bis zu teils mehr als einem Jahr bei neuen PE 100-RC-Typen (RC – Resistant to Cracking). Aus dem hohen Widerstand moderner PE-Werkstoffe gegen SCG ergibt sich die Notwendigkeit einer Modifizierung des FNCT bzw. der Entwicklung völlig neuer Versuche, wie des Crack Round Bar (CRB) Tests oder des Strain Hardening Tests (SHT).

Verglichen mit anderen SCG-Versuchen, die derzeit speziell für innendruckbeaufschlagte PE-Rohre zur Anwendung kommen, wurde der FNCT frühzeitig für die Normung im Rahmen der ISO ausgewählt (siehe auch: Akkreditierung und Zertifizierung). Das geschah vor dem Hintergrund, dass dieser Versuch relativ einfach ist und ausreichend empfindlich auf strukturelle Größen (siehe: Mikroskopische Struktur) in PE-Werkstoffen reagiert [2, 3]. Allerdings ist stets zu beachten, dass die Gültigkeit von Daten aus dem FNCT aufgrund der großen Messwertstreuung kritisch bewertet werden muss. Seit Einführung der ISO 16770 wurden daher mehrere Ringversuche (Round Robin Test) durchgeführt mit dem Ziel der Reduktion der Messwertstreuung. Verglichen mit dem bruchmechanisch basierten Pennsylvania Edge Notch Tensile (PENT) Test macht sich auch die geringe Informationstiefe des FNCT negativ bemerkbar.

FNCT1.jpg

Bild 1: Schematische Darstellung des Full Notch Creep Tests (FNCT)

Siehe auch


Literaturhinweise

[1] ISO 16770 (2019-09): Plastics – Determination of Environmental Stress Cracking (ESC) of Polyethylene – Full-Notch Creep Test (FNCT)
[2] Nezbedova, E., Hodan, J., Kotek, J., Krulis, Z., Hutar, P., Lach, R.: Lifetime of Polyethylene (PE) Pipe Materials – Prediction using Strain Hardening Test. In: Grellmann, W., Langer, B. (Eds.): Deformation and Fracture Behaviour of Polymer Materials. Springer, Berlin (2017) 203–210 (ISBN 978-3-319-41877-3; siehe AMK-Büchersammlung unter A 19)
[3] Lach, R., Nezbedova, E., Langer, B., Grellmann, W.: Schnelle Abschätzung des mechanischen Langzeitverhaltens moderner Werkstoffe für Kunststoffrohre mittels des einachsigen Zugversuchs. In: Frenz, H., Langer, J. B. (Hrsg.): Fortschritte in der Werkstoffprüfung für Forschung und Praxis. Prüftechnik – Kennwertermittlung – Schadensvermeidung, „Werkstoffprüfung 2017“, 30.11./01.12.2017, Berlin, Tagungsband S. 259–264 (ISBN 978-3-9814516-7-2; siehe AMK-Büchersammlung unter A 20)