Fraktographie: Unterschied zwischen den Versionen
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Unter dem Begriff Fraktographie versteht man die visuelle, makroskopische und mikroskopische Analyse der [[Bruchfläche]]n von gebrochenen Komponenten und [[Bruchverhalten von Kunststoffbauteilen|Bauteilen]] sowie von [[Prüfkörper]]n. Diese Untersuchungsmethode zur Definition der '''Bruchursachen''' (siehe: [[Bruchentstehung]]) wird insbesondere im Rahmen von [[Schadensanalyse]]n zur Bewertung des vorliegenden Schadensmechanismus, der zeitlichen Schadenskinetik sowie des Ausgangspunkt des Versagens (siehe auch: [[Bauteilversagen]]) genutzt [1]. Da das Versagen sehr häufig durch mechanische [[Beanspruchung]] oder Überbeanspruchung initiiert wird, besteht auch ein enger Zusammenhang der Fraktographie zum Auftreten von Rissen und Brüchen.<br/> | Unter dem Begriff Fraktographie versteht man die visuelle, makroskopische und mikroskopische Analyse der [[Bruchfläche]]n von gebrochenen Komponenten und [[Bruchverhalten von Kunststoffbauteilen|Bauteilen]] sowie von [[Prüfkörper]]n. Diese Untersuchungsmethode zur Definition der '''Bruchursachen''' (siehe: [[Bruchentstehung]]) wird insbesondere im Rahmen von [[Schadensanalyse]]n zur Bewertung des vorliegenden Schadensmechanismus, der zeitlichen Schadenskinetik sowie des Ausgangspunkt des Versagens (siehe auch: [[Bauteilversagen]]) genutzt [1]. Da das Versagen sehr häufig durch mechanische [[Beanspruchung]] oder Überbeanspruchung initiiert wird, besteht auch ein enger Zusammenhang der Fraktographie zum Auftreten von Rissen und Brüchen.<br/> | ||
− | Mechanisch bedingte [[Riss]]e oder [[Bruch|Brüche]] können sich je nach Art der Beanspruchung bei allen Werkstoffen in makroskopisch sichtbaren [[Brucharten|Gewaltbrüchen oder Schwingbrüchen]] äußern, wobei die Begriffe Gleit-, Spalt- und Mischbruch bevorzugt mit metallischen oder keramischen Werkstoffen in Verbindung gebracht wird. Für die Fraktographie haben deshalb der Ort der [[Rissinitiierung]] und die [[Rissausbreitung]]srichtung neben den möglicherweise vorhandenen Rastlinien oder Bruchverlaufslinien große Bedeutung. | + | Mechanisch bedingte [[Riss]]e oder [[Bruch|Brüche]] können sich je nach Art der Beanspruchung bei allen Werkstoffen in makroskopisch sichtbaren [[Brucharten|Gewaltbrüchen oder Schwingbrüchen]] äußern, wobei die Begriffe Gleit-, Spalt- und Mischbruch bevorzugt mit metallischen oder keramischen Werkstoffen in Verbindung gebracht wird. Für die Fraktographie haben deshalb der Ort der [[Rissinitiierung]] und die [[Rissausbreitung]]srichtung neben den möglicherweise vorhandenen Rastlinien oder Bruchverlaufslinien (siehe: [[Wellen und Rastlinien]]) große Bedeutung. |
==Makroskopische und Mikroskopische Bruchmerkmale== | ==Makroskopische und Mikroskopische Bruchmerkmale== | ||
− | [[Bruchspiegel]], die ein typisches Merkmal des [[Bruchspiegel|Bruchursprungs bei Gläsern]] sind, Rastlinien (siehe: [[Brucharten]]) und Bruchverlaufslinien werden als [[Brucharten#Makroskopische Bruchmerkmale|makroskopische Bruchmerkmale]] bezeichnet, die visuell mit dem Auge oder Zuhilfenahme von Lupen erkannt werden können, aber zumeist mittels Lichtmikroskopie charakterisiert werden. Bei sehr stark zerklüfteten Bruchflächen mit komplexer Geometrie, wie es oft bei metallischen Werkstoffen und verstärkten [[Kunststoffe]]n beobachtet wird, empfiehlt sich die Nutzung von Digitalmikroskopen, die über eine automatische Korrektur der [[Tiefenschärfe Mikroskop|Tiefenschärfe]] verfügen ('''Bild 1'''). | + | [[Bruchspiegel]], die ein typisches Merkmal des [[Bruchspiegel|Bruchursprungs bei Gläsern]] sind, Rastlinien (siehe auch: [[Brucharten]]) und Bruchverlaufslinien werden als [[Brucharten#Makroskopische Bruchmerkmale|makroskopische Bruchmerkmale]] bezeichnet, die visuell mit dem Auge oder Zuhilfenahme von Lupen erkannt werden können, aber zumeist mittels Lichtmikroskopie charakterisiert werden. Bei sehr stark zerklüfteten Bruchflächen mit komplexer Geometrie, wie es oft bei metallischen Werkstoffen und verstärkten [[Kunststoffe]]n beobachtet wird, empfiehlt sich die Nutzung von Digitalmikroskopen, die über eine automatische Korrektur der [[Tiefenschärfe Mikroskop|Tiefenschärfe]] verfügen ('''Bild 1'''). |
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* Becker, W. T., Shipley, R. J. (Hrsg.): ASM Handbook: Volume 11: Failure Analysis and Prevention. Bd. 11. 10. Auflage. ASM International (2002) (ISBN 0-871-70704-7) | * Becker, W. T., Shipley, R. J. (Hrsg.): ASM Handbook: Volume 11: Failure Analysis and Prevention. Bd. 11. 10. Auflage. ASM International (2002) (ISBN 0-871-70704-7) | ||
* Broichhausen, J.: Analyse und Vermeidung von Schäden in Konstruktion, Fertigung und Betrieb. 1. Auflage. Carl Hanser Verlag (1985) (ISBN 3-446-13409-3) | * Broichhausen, J.: Analyse und Vermeidung von Schäden in Konstruktion, Fertigung und Betrieb. 1. Auflage. Carl Hanser Verlag (1985) (ISBN 3-446-13409-3) | ||
− | * Ehrenstein, G. W.: Kunststoff-Schadensanalyse: Methoden und Verfahren. Carl Hanser Verlag, 1992, (ISBN 3-446-17329-3; siehe [[AMK-Büchersammlung]] unter D 2) | + | * [[Ehrenstein,_Gottfried_W.|Ehrenstein, G. W.]]: Kunststoff-Schadensanalyse: Methoden und Verfahren. Carl Hanser Verlag, 1992, (ISBN 3-446-17329-3; siehe [[AMK-Büchersammlung]] unter D 2) |
* Ehrenstein, G. W., Engel, L., Klingele, H., Schaper, H.: Scanning Electron Microscopy of Plastics Failure: Rasterelektronenmikroskopie von Kunststoffschäden. Carl Hanser Verlag (2010) (ISBN 3-446-42242-0; siehe [[AMK-Büchersammlung]] unter D 5) | * Ehrenstein, G. W., Engel, L., Klingele, H., Schaper, H.: Scanning Electron Microscopy of Plastics Failure: Rasterelektronenmikroskopie von Kunststoffschäden. Carl Hanser Verlag (2010) (ISBN 3-446-42242-0; siehe [[AMK-Büchersammlung]] unter D 5) | ||
* Engel, L., Ehrenstein, G. W., Klingele, H., Schaper, H.: Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen von Kunststoffschäden. Carl Hanser Verlag (1978) (ISBN 3-446-12560-4; siehe [[AMK-Büchersammlung]] unter D 8) | * Engel, L., Ehrenstein, G. W., Klingele, H., Schaper, H.: Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen von Kunststoffschäden. Carl Hanser Verlag (1978) (ISBN 3-446-12560-4; siehe [[AMK-Büchersammlung]] unter D 8) |
Version vom 12. August 2019, 10:36 Uhr
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Fraktographie oder auch Fraktografie
Begriffsdefinition
Unter dem Begriff Fraktographie versteht man die visuelle, makroskopische und mikroskopische Analyse der Bruchflächen von gebrochenen Komponenten und Bauteilen sowie von Prüfkörpern. Diese Untersuchungsmethode zur Definition der Bruchursachen (siehe: Bruchentstehung) wird insbesondere im Rahmen von Schadensanalysen zur Bewertung des vorliegenden Schadensmechanismus, der zeitlichen Schadenskinetik sowie des Ausgangspunkt des Versagens (siehe auch: Bauteilversagen) genutzt [1]. Da das Versagen sehr häufig durch mechanische Beanspruchung oder Überbeanspruchung initiiert wird, besteht auch ein enger Zusammenhang der Fraktographie zum Auftreten von Rissen und Brüchen.
Mechanisch bedingte Risse oder Brüche können sich je nach Art der Beanspruchung bei allen Werkstoffen in makroskopisch sichtbaren Gewaltbrüchen oder Schwingbrüchen äußern, wobei die Begriffe Gleit-, Spalt- und Mischbruch bevorzugt mit metallischen oder keramischen Werkstoffen in Verbindung gebracht wird. Für die Fraktographie haben deshalb der Ort der Rissinitiierung und die Rissausbreitungsrichtung neben den möglicherweise vorhandenen Rastlinien oder Bruchverlaufslinien (siehe: Wellen und Rastlinien) große Bedeutung.
Makroskopische und Mikroskopische Bruchmerkmale
Bruchspiegel, die ein typisches Merkmal des Bruchursprungs bei Gläsern sind, Rastlinien (siehe auch: Brucharten) und Bruchverlaufslinien werden als makroskopische Bruchmerkmale bezeichnet, die visuell mit dem Auge oder Zuhilfenahme von Lupen erkannt werden können, aber zumeist mittels Lichtmikroskopie charakterisiert werden. Bei sehr stark zerklüfteten Bruchflächen mit komplexer Geometrie, wie es oft bei metallischen Werkstoffen und verstärkten Kunststoffen beobachtet wird, empfiehlt sich die Nutzung von Digitalmikroskopen, die über eine automatische Korrektur der Tiefenschärfe verfügen (Bild 1).
Bild 1: | 3D-Digitalmikroskop VHX 500D der Fa. Keyence |
Im Gegensatz dazu sind Schwing- oder Schwingungsstreifen, Wabenbildung, Wallner-Linien und Korrosionsgrübchen konkrete Beispiele für mikroskopische Bruchmerkmale, die im Regelfall nur durch rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen sowie der Rasterkraft- und Konfokalmikroskopie mit hohen Vergrößerungen darstellbar sind.
Unabhängig davon, ob ein spröder oder zäher Gewaltbruch, oder ein Ermüdungsbruch (Schwingbruch) (siehe: Ermüdung) vorliegt, hängen die makro- und mikroskopischen Bruchbilder wesentlich von der Art der Beanspruchung (statische oder dynamische Beanspruchung, Zug-, Druck-, Biege- oder Torsionsbelastung) ab, weshalb bei Schadensanalysen stets die Art und der zeitliche Verlauf der mechanischen Beanspruchung betrachtet werden muss. Die im Rahmen einer Schadensanalyse durchgeführte Fraktographie erfordert demzufolge eine eindeutige Bewertung und Dokumentation der makroskopischen und mikroskopischen Bruchmerkmale (siehe: Brucharten) unter Beachtung der wirkenden Beanspruchung, wenn möglich eine 3D-Abbildung der Bruchflächenmorphologie und die Vermessung der Bruchflächentopografie sowie die Ermittlung des Bruchausgangsortes. Die Vorgehensweise zur Durchführung von Schadensanalysen bei metallischen und polymeren Werkstoffen unter Nutzung von fraktografischen Charakterisierungsmethoden wird in der VDI-Richtlinie 3822 für unterschiedliche Schadensbilder und Beanspruchungsarten beschrieben.
Literaturhinweise
- Schmitt-Thomas, K. G.: Metallkunde für das Maschinenwesen: Band 1: Aufbau und Eigenschaften metallische Werkstoffe. 2. Auflage, Springer Verlag (1990) (ISBN 978-3-540-51913-3)
- VDI-Richtlinie: VDI 3822-2011: Schadensanalyse – Grundlagen und Durchführung einer Schadensanalyse, VDI-Verlag Berlin
- Becker, W. T., Shipley, R. J. (Hrsg.): ASM Handbook: Volume 11: Failure Analysis and Prevention. Bd. 11. 10. Auflage. ASM International (2002) (ISBN 0-871-70704-7)
- Broichhausen, J.: Analyse und Vermeidung von Schäden in Konstruktion, Fertigung und Betrieb. 1. Auflage. Carl Hanser Verlag (1985) (ISBN 3-446-13409-3)
- Ehrenstein, G. W.: Kunststoff-Schadensanalyse: Methoden und Verfahren. Carl Hanser Verlag, 1992, (ISBN 3-446-17329-3; siehe AMK-Büchersammlung unter D 2)
- Ehrenstein, G. W., Engel, L., Klingele, H., Schaper, H.: Scanning Electron Microscopy of Plastics Failure: Rasterelektronenmikroskopie von Kunststoffschäden. Carl Hanser Verlag (2010) (ISBN 3-446-42242-0; siehe AMK-Büchersammlung unter D 5)
- Engel, L., Ehrenstein, G. W., Klingele, H., Schaper, H.: Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen von Kunststoffschäden. Carl Hanser Verlag (1978) (ISBN 3-446-12560-4; siehe AMK-Büchersammlung unter D 8)
- Esaklul, K. A. (Ed.): Handbook of Case Histories in Failure Analysis, Vol. 2. Bd. 2. ASM International; Materials Park, OH 44073-0002 : ASM International (1993) (ISBN 0-87170-495-1)
- Lampman, S. (Ed.): Characterization and Failure Analysis of Plastics. ASM International; Materials Park, OH 44073-0002 : ASM International (2003) (ISBN 978-0-87170-789-5)
- Lange, G. (Hrsg.): Systematische Beurteilung technischer Schadensfälle. 5. Auflage. Wiley-VCH (2001) (ISBN 3-527-30417-7)
- Moalli, J. (Ed.): Plastics Failure Analysis and Prevention. Noyes Pubn (2001) (ISBN 978-1-884207-92-1)
- Mobley, K.: Root Cause Failure Analysis. Butterworth-Heinemann, 1999, (ISBN 978-0-7506-7158-3)
- Mills, K. (Hrsg.): ASM Handbook. Bd. 12: Metals Handbook: Volume 12: Fractography. 9. Auflage. ASM International (1987) (ISBN 0-871-70018-2)
- Naumann, F. K.: Das Buch der Schadensfälle: Untersuchen, Beurteilen, Vermeiden. Dr. Riederer-Verlag GmbH (1976)
- Neidel, A.: Handbuch Metallschäden: REM-Atlas und Fallbeispiele zur Ursachenanalyse und Vermeidung. 2. Auflage. Carl Hanser Verlag (2011) (ISBN 3-446-42775-4)
- Quinn, G. D.: NIST Recommended Practice Guide: Fractography of Ceramics and Glasses. NIST (2006) Download http://www.nist.gov
- Schmitt-Thomas, K. G.: Integrierte Schadenanalyse: Technikgestaltung und das System des Versagens. Springer (2005) (ISBN 3-540-20551-9)
- Wendler-Kalsch, E., Gräfen, H., Isecke, B. (Hrsg.): Korrosionsschadenkunde. 2. Auflage. Springer (2011) (ISBN 3-540-72405-2)
- Michler, G. H.: Atlas of Polymer Structures, Morphology, Deformation and Fracture Surfaces. Carl Hanser Verlag München (2016) (ISBN 978-1-56990-557-9; siehe AMK-Büchersammlung unter F 14)