Schlagbeanspruchung Hochgeschwindigkeitsprüfung: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 13. August 2019, 08:57 Uhr
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Schlagbeanspruchung, Kunststoffe, Hochgeschwindigkeitsprüfung
Allgemeines
Beim Einsatz von Kunststoffen oder Verbundwerkstoffen im Sinne des Leichtbaus in Maschinen, Fahrzeugen oder Flugzeugen, bei Explosionen von Behältern oder Rohrleitungen, in Crashsituationen oder auch bei der Bearbeitung dieser Werkstoffe können schlagartige Beanspruchungen auftreten, die sich dem statisch/dynamischen Lastkollektiv überlagern. Diese rufen zumeist lokal stark erhöhte Deformationsgeschwindigkeiten hervor und werden durch das Vorhandensein von Spannungsspitzen an scharfen Kerben oder Kanten, mehrachsige Spannungszustände sowie niedrige Temperaturen zusätzlich verstärkt [1].
Auswirkungen hoher Deformationsgeschwindigkeiten
Da bei Kunststoffen die molekularen Relaxations- und Retardationsmechanismen eine hinreichende Reaktionszeit erfordern, wird bei hohen Schlaggeschwindigkeiten oder sehr niedrigen Temperaturen das Schädigungs-, Festigkeits-, Deformations- und Bruchverhalten signifikant beeinflusst, da die erforderliche Zeit zur Reaktion des Werkstoffes auf die Schlagbeanspruchung nicht mehr zur Verfügung steht. Entscheidend für die Auswirkung der schlagartigen Beanspruchung auf den Kunststoff ist die erzeugte Dehngeschwindigkeit dε/dt bzw. die charakteristische Einwirkungszeit, wie unterschiedliche Impactbeanspruchungen zeigen (Tabelle 1).
Impact-Vorgang | maximale Geschwindigkeit | typische Belastungsdauer | maximale Dehnrate |
---|---|---|---|
Bauwesen: Presslufthammerschlag | 5 m/s | 5 · 10-3 s | 1 s-1 |
Automobilbau: Crash | 20 m/s | 5 · 10-2 s | 500 s-1 |
Ballistik: Geschosseindringung | 2.000 m/s | 1 · 10-4 s | 1.000.000 s-1 |
Fertigungstechnik: Zerspanung | - | - | 1.000.000 s-1 |
Astronomie: Meteoriteneinschlag | 10.000 m/s | 1 · 10-6 s | 10.000.000 s-1 |
Mit der Zunahme der Deformationsgeschwindigkeit bzw. der Abnahme der Versuchs- oder Prüfzeit tritt ein Übergang vom isothermen zum adiabatischen Versuchsablauf auf, da innerhalb der kurzen Versuchsdauer die entstehende Wärme nicht mehr an die Umgebung abgeführt werden kann. Infolge dieses Sachverhaltes steigen die Kennwerte der dynamischen Streckgrenze, die Zugfestigkeit als auch der Elastizitätsmodul an, wogegen die Deformationskennwerte eine Abnahme zeigen. Eine besondere Bedeutung hat hier die Verringerung der Schlagzähigkeit, wodurch der verformungslose kritische Sprödbruch begünstigt wird. Von Interesse ist dabei nicht nur die Biegebeanspruchung, wie im Schlagbiegeversuch, sondern oftmals auch die Zugebanspruchung bei hohen Prüf- bzw. Dehngeschwindigkeiten.
Schematischer Aufbau einer Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine
Für derartige Versuche können Fallbolzenprüfsysteme mit einem sogenannten Umkehrgehänge oder speziell ausgerüstete Hochgeschwindigkeitsprüfmaschinen (Bild 1) verwendet werden, die maximal 80 m/s an Prüfgeschwindigkeit zulassen (siehe: Hochgeschwindigkeitszugversuch und Servohydraulische Prüfmaschine). Die meisten dieser Prüfsysteme sind allerdings nur bis zur Prüfgeschwindigkeit von 20 m/s betreibbar, da schon in diesem Prüfbereich auswertetechnische Probleme aufgrund der Überlagerung von Schwingungen und des Aufschlagimpuls auftreten.
Bild 1: | Schematischer Aufbau einer Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine für Schnellzerreißversuche |
In diesen Hochgeschwindigkeitsprüfanlagen wird der Prüfkörper inklusive der Halterung über eine vorgegebene Vorlaufstrecke vorbeschleunigt und wird dann über den sich bewegenden Zylinderkolben bis zum Bruch belastet. Teilweise ist selbst in diesem Geschwindigkeitsbereich eine Regelung der Dehngeschwindigkeit zur Konstanthaltung der Prüfbedingungen realisierbar. In Analogie zu den Pendelschlagwerken oder Fallbolzenprüfsystemen ist auch hier die optionale Ausstattung mit einer Temperier- oder Medienkammer möglich.
Gerätesysteme
Technische Realisierungsvarianten dieser Prüfsysteme sind im Bild 2 dargestellt.
Bild 2: | Hochgeschwindigkeitszugprüfmaschinen von (a) Instron GmbH, Darmstadt und (b) Fa. ZwickRoell GmbH & Co. KG, Ulm] |
Während des Versuchs wird von der Prüfsoftware das Kraft-Verformungs-Diagramm hochauflösend aufgezeichnet und kann dann offline mit den zur Verfügung stehenden Auswerteroutinen oder spezieller Software grafisch und rechnerisch ausgewertet werden.
Experimentelle Ergebnisse zur Bestimmung der Festigkeit für PP-GF-Verbunde sind im Artikel Hochgeschwindigkeitszugversuch dargestellt.
Literaturhinweis
[1] | Grellmann, W.: Schlagartige Beanspruchung. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 158−168, (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18) |