Kurzfaserverstärkte Verbundwerkstoffe
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Biegefestigkeit
Bestimmungsmethoden
Die Biegefestigkeit σfM wird im Dreipunkt- oder Vierpunktbiegeversuch [1, 4] an Kunststoffen bzw. kurzfaserverstärkten Kunststoffverbunden bestimmt. Der Versuch an steifen und halbsteifen Kunststoffen, d. h. thermoplastischen Formmassen, Extrudier- und Gussmassen, wird entsprechend DIN EN ISO 178 [1–3] im Dreipunktbiegeversuch durchgeführt. Für faserverstärkte Kunststoffe kann der Dreipunkt- oder Vierpunktbiegeversuch (Verfahren A oder B) entsprechend der Norm DIN EN ISO 14125 [4] genutzt werden.
Definition der Biegefestigkeit
Die Definition der Biegefestigkeit ist in beiden Standards identisch und besagt, dass die Biegefestigkeit der maximalen Biegespannung entspricht, die während eines Biegeversuchs vom Prüfkörper (siehe auch: Probekörper) ertragen wird [1–4].
Im Gegensatz zur DIN EN ISO 14125, wo primär nur die Durchbiegung am Ort der Biegefestigkeit sM bzw. die Durchbiegung bei Biegefestigkeit als Durchbiegung bei der Kraft, bei der die Biegefestigkeit erreicht wird, ermittelt wird, ist bei der DIN EN ISO 178 die Biegedehnung εfM bei Biegefestigkeit zu ermitteln. Die Biegefestigkeit ergibt sich im Dreipunktbiegeversuch entsprechend Gl. (1) [1–3].
(1) |
Im Vierpunktbiegeversuch berechnet sich die Biegefestigkeit nach der Gl. (2) [4], wobei L in beiden Gleichungen die Stützweite ist und b sowie h die Querschnittsabmessungen der Prüfkörper darstellen.
(2) |
Bei der Dreipunktbiegung nach DIN EN ISO 178 ergibt sich die dimensionslose Biegedehnung bei der Biegefestigkeit nach Gl. (3) oder bei Multiplikation mit 100 als Biegedehnung in Prozent. Diese Biegedehnung entspricht aufgrund der vereinfachten Biegetheorie des unverformten Prüfkörpers der symmetrischen Randfaserdehnung an der Zug- (Dehnung) oder Druckseite (Stauchung) des Prüfkörpers (Bild 1).
(3) |
Aus der gemessenen Durchbiegung sM im Vierpunktbiegeversuch kann unter Nutzung von Gl. (4) und der geometrischen Randbedingungen der Vierpunktdurchbiegung die zugehörige Biegedehnung εfM als genäherte Randfaserdehnung nach der Norm DIN EN ISO 14125 als dimensionslose Kenngröße berechnet werden [4].
(4) |
Auch in diesem Fall kann die Biegedehnung durch Multiplikation mit dem Faktor 100 als prozentualer Kennwert dargestellt werden.
Auswertung von Biegeversuchen
Eine Biegefestigkeit kann nach [1] nur dann ermittelt werden, wenn das Maximum der Biegespannungs-Biegedehnungs-Kurve im Durchbiegungsintervall von 0 ≤ s ≤ sC oder dem Dehnungsintervall 0 ≤ εf ≤ 3,5 % liegt, welches bei 4 mm dicken Prüfkörpern einer Normdurchbiegung sC von 6 mm entspricht. Bei größeren Durchbiegungen von bis zu ca. 9 mm und Erreichen von 6 mm Durchbiegung ohne Auftreten eines Maximums ist dann die Normbiegespannung σfC zu ermitteln (Bild 1), die nicht mit der Biegefestigkeit vergleichbar ist.
Bild 1: | Ermittlung von Kennwerten an Kunststoffen im Biegeversuch nach DIN EN ISO 178 [1] |
Der Grenzwert von 6 mm existiert in der neuesten Ausgabe der Norm DIN EN ISO 178 [3] nicht mehr, so dass diese Regelung entfällt. Bei der Norm DIN EN ISO 14125 existiert eine derartige Durchbiegungsbegrenzung nicht (Bild 2), allerdings sind alle Spannungs- und Biegedehnungswerte mit Korrekturgleichungen zu bewerten, um den Einfluss zu großer Durchbiegungen im Vergleich mit der Biegetheorie näherungsweise auszugleichen. Infolge von Auflagerabstandsverkürzungen, der Auflagerreibung sowie Horizontalkräften sind die gemessenen Randfaserdehnungen zu groß und die Biegefestigkeiten in der Regel zu klein [5].
Bild 2: | Ermittlung von Kennwerten an Kunststoffen im Biegeversuch nach DIN EN ISO 14125 [4] |
Literaturhinweise
[1] | DIN EN ISO 178 (2011-04): Kunststoffe – Bestimmung der Biegeeigenschaften |
[2] | DIN EN ISO 178 (2013-09): Kunststoffe – Bestimmung der Biegeeigenschaften |
[3] | DIN EN ISO 178 (2019-08): Kunststoffe – Bestimmung der Biegeeigenschaften |
[4] | DIN EN ISO 14125 (2011-05): Faserverstärkte Kunststoffe – Bestimmung der Biegeeigenschaften; Technical Corrigendum Cor.1:2001 + Amd.1:2011 |
[5] | Bierögel, C.: Biegeversuch an Kunststoffen. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 147–158 (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18) |