Kapillarrheometer
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Kapillarrheometer (Autor: Prof. Dr. H.-J. Radusch)
Allgemeine Grundlagen
Kapillarrheometer werden zur Bestimmung des Fließverhaltens von Polymerschmelzen eingesetzt [1].
Die Kapillarrheometer sind dadurch gekennzeichnet, dass das zu untersuchende Fluid eine Kapillare durchströmt, die einen Kreisquerschnitt, Kreisringquerschnitt oder auch rechteckigen Querschnitt (Schlitz) aufweisen kann. Kapillarrheometer werden sowohl für niedrigviskose als auch für hochviskose Fluide eingesetzt. Sie können diskontinuierlich oder auch kontinuierlich arbeiten. Bei niedrigviskosen Fluiden arbeiten sie nach dem Schwerkraftprinzip wogegen bei hochviskosen Fluiden entsprechende Fließdrücke aufgebracht werden müssen.
Arten von Kapillarrheometern
Man unterscheidet die folgenden Kapillarrheometer:
- Niederdruckkapillarrheometer
- * OSTWALD-Typ
- * UBBELOHDE-Typ
- * CANNON-FENSKE-Typ
- Hochdruckkapillarrheometer
- * diskontinuierlich (Zylinder-Kolben-System) mit variierbarer Kolbenkraft
- * diskontinuierlich (Zylinder-Kolben-System) mit variierbarer Kolbengeschwindigkeit und
- * kontinuierlich (Zylinder-Schnecke-System).
Messprinzip eines Kapillarrheometers
Kapillarrheometer arbeiten nach folgendem Messprinzip. Die zu charakterisierende Flüssigkeit wird nach entsprechender Temperierung aus einem Reservoir mit Hilfe der Schwerkraft oder von Druck durch eine entsprechende Kapillare gefördert. Der vor der Kapillare anliegende Druck fällt bis zum Kapillarende auf den Umgebungsdruck ab. Dieser Druckgradient sowie das pro Zeiteinheit durch die Kapillare strömende Volumen werden gemessen und daraus die rheologischen Kenngrößen berechnet. Beim Messen mit Kapillarviskosimetern kann die Vorgabe der Druckdifferenz Δp und die Messung des Volumenstromes Q realisiert werden (CS-Prinzip; Controlled Stress), oder es erfolgt die Vorgabe des Volumenstroms Q und die Messung der resultierenden Druckdifferenz (CR-Prinzip; Controlled Rate).
Der prinzipielle Verlauf der Fließgeschwindigkeit, der Schergeschwindigkeit, der Schubspannung und der Viskosität von newtonschen bzw. nichtnewtonschen Fluiden ist in Bild 1 dargestellt. Zur Beschreibung der Strömungsvorgänge in Kapillaren werden Kräfte- und Massenbilanzen, ein Schubspannungsansatz sowie Randbedingungen zu Grunde gelegt.
Bild 1: | Schematische Darstellung von Fließgeschwindigkeit, Schergeschwindigkeit, Schubspannung und Viskosität beim Fließen eines newtonschen und nichtnewtonschen Fluids (nach [2]) |
Rheologische Kenngrößen
Für Kapillaren mit Kreisquerschnitt gelten die Gln. (1) bis (4). Die Schubspannung ergibt sich in Abhängigkeit vom Radius r aus
(1) |
mit
Δl | Kapillarlänge zwischen den Druckmessstellen | |
Δp | Druckabfall über den Kapillarabschnitt Δl |
Das Geschwindigkeitsgefälle in Abhängigkeit vom Kapillarradius lässt sich aus dem Volumendurchsatz bestimmen:
(2) |
Die zeitabhängige Bestimmung eines Volumenstromes Q = V/t durch ein Rohr mit der Länge Δl bei einem Druckgefälle Δp ist mittels der Beziehung nach HAGEN-POISSEUILLE möglich (Gl. (3)), aus der sich die Viskosität η bestimmen lässt.
(3) |
(4) |
Für Kapillaren mit Rechteckquerschnitt, d. h. Schlitz mit der Höhe h und der Weite w gilt bei h << w für die Schubspannung an der Wand:
(5) |
Für das Geschwindigkeitsgefälle folgt
(6) |
und die Viskosität entsprechend
(7) |
Danksagung
Die Herausgeber des Lexikons danken Prof. Dr. H.-J. Radusch, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Polymer Service GmbH Merseburg für diesen Gastbeitrag. |
Literaturhinweise
[1] | Radusch, H.-J.: Bestimmung verarbeitungsrelevanter Eigenschaften. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 60–63 (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18) |
[2] | Schramm, G.: Einführung in die Rheologie und Rheometrie. Gebrüder Haake, Karlsruhe (1995) |