Crazing

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
Version vom 1. Oktober 2024, 13:00 Uhr von Loeffler-Kamann (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ein Service der
Logo psm.jpg
Polymer Service GmbH Merseburg
Tel.: +49 3461 30889-50
E-Mail: info@psm-merseburg.de
Web: https://www.psm-merseburg.de
Unser Weiterbildungsangebot:
https://www.psm-merseburg.de/weiterbildung
PSM bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Polymer Service Merseburg

Crazing

Das Crazing gehört zu den mikromechanischen Deformationsmechanismen.

Allgemeines

Die Normalspannungsfließzonenbildung erfolgt bei niedrigen Beanspruchungen. Sie ist nicht identisch mit dem Bruchversagen des Polymeren. Im Unterschied zu den Schubspannungsfließzonen ist ihre Struktur weitgehend untersucht. Im Gegensatz zu Rissen enthalten Crazes hochorientiertes plastisch verstrecktes Material. Elektronenmikroskopische Untersuchungen zeigen die Bildung von senkrecht zur Zugspannungsrichtung orientierten schmalen, länglichen Zonen, die vom nicht plastisch deformierten Material relativ scharf abgegrenzt sind und in Beanspruchungsrichtung orientierte Fibrillen enthalten. Im Polycarbonat (Kurzzeichen: PC) haben diese Fibrillen z. B. einen mittleren Durchmesser von 100 bis 200 nm.

Der Craze-Bildungsmechanismus

Steht das Crazing in engem Zusammenhang mit dem Bruch, spricht man von einem Craze-Mechanismus. Bei amorphen Polymeren pflanzen sich z. B. Risse mit Crazes an der Rissspitze fort. Die Bildung von Crazes kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf das Werkstoffverhalten haben. Aufgrund der verstreckten Fibrillen sind Crazes am Lasttragen beteiligt und die Bildung von Crazes wird z. B. als Mechanismus zur Steigerung der Zähigkeit genutzt. Andererseits kann die Bildung von Crazes in aktiver Umgebung (Medieneinfluss) sowohl zu einer Verschlechterung des Aussehens als auch letztendlich zum Werkstoffversagen führen.

Die Dicke der Crazes beträgt nur wenige hundertstel Millimeter, ihre Länge kann von einigen zehntel Millimetern bis zu mehreren Zentimetern betragen. Die Dichte der Polymersubstanz im Craze beträgt 40 % bis 60 % der Dichte des kompakten Materials. Bei den Fibrillen handelt es sich um 60 % bis 100 % verstrecktes Material, die Hohlräume sind 10 bis 20 nm breit. Bei der Kontrolle der Crazegeometrie spielen Verschlaufungen eine wesentliche Rolle.

Die möglichen Deformationen in Duromeren sind durch die kurzen Segmentlängen zwischen den Vernetzungspunkten begrenzt. Am Bruch bzw. Bruchverlauf sind beide Mechanismen beteiligt. Dies gilt besonders dann, wenn es sich um einen duktilen Bruch handelt (je duktiler, um so mehr Beteiligung der Mechanismen).

Crazebildung am Beispiel von Polystyren

Crazes werden häufig an Fehlern, d. h. Oberflächenrissen, Hohlräumen, eingeschlossenen Partikeln usw. erzeugt. Crazing erfordert grundsätzlich das Vorhandensein einer Dilatationskomponente des Spannungstensors. Multiples Crazing kann zu einem generellen Fließen führen und wirkt als der bereits erwähnte zähigkeitssteigernde Mechanismus in (schlagzäh)-modifizierten Kunststoffen.

Im Bild ist der Crazemechanismus schematisch und bildlich am Beispiel von Polystyrol (Kurzzeichen: PS) dargestellt.

Crazing.jpg


Weiterhin ist auch das Shear Yielding (Scherfließen) den mikromechanischen Deformationsmechanismen zuzuordnen.

Siehe auch


Literaturhinweis

  • Michler, G. H.: Kunststoff-Mikromechanik. Morphologie, Deformations- und Bruchmechanismen. Carl Hanser Verlag, München Wien (1992) (ISBN 3-446-17068-5; siehe AMK-Büchersammlung unter F 4)
  • Michler, G. H.: Atlas of Polymer Structures, Morphology. Deformation and Fracture Structures. Carl Hanser Verlag, München (2016) (ISBN 978-1-56990-557-9; siehe AMK-Büchersammlung unter F 14)