Streckspannung

Aus Lexikon der Kunststoffprüfung
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Streckspannung

Grundlagen

Im konventionellen Zugversuch an Kunststoffen werden spannungs- und dehnungsbezogene Kennwerte nach der DIN EN ISO 527-1 ermittelt, wobei die Kenngrößen ausgewählten Punkten des Spannungs-Dehnungs-Diagramms entsprechen. Definitionsgemäß entspricht die Streckgrenze oder Streckspannung σy dem Spannungswert bei der Streckdehnung auf der vertikalen Achse des σ-ε-Diagramms. Technisch entspricht diese Kenngröße einem relativen oder absoluten Spannungsmaximum, wobei die Streckspannung laut Standard dann immer identisch mit der Zugfestigkeit ist (Bild 1). Die Streckgrenze wird anhand der Zunahme der Dehnung bei gleichbleibender oder sinkender Spannung während des Zugversuchs online identifiziert und berechnet sich nach Gl. (1) [1].

(1)

Streckspannung 1.jpg

Bild 1: Typische Spannungs-Dehnungs-Kurven von Kunststoffen mit einer Streckspannung und zugehörige Kenngrößen im Zugversuch [1]

Der zugehörige Kennwert auf der horizontalen Achse markiert den Ort des Auftretens der Streckspannung und wird als Streckdehnung εy bezeichnet. Dieser Kennwert muss immer mit Dehnmessfühlern direkt am Prüfkörper ermittelt werden und entspricht damit einem normativen Kennwert (Gl. 2).

(2)

Die Dehnung kann dimensionslos oder bei Multiplikation mit dem Faktor 100 in Prozent angegeben werden.

Geschwindigkeitsabhängigkeit der Streckgrenze

Die Ermittlung von Elastizitätsmodul, Streckgrenze und Zugfestigkeit erfolgt im Zugversuch in der Regel unter quasistatischer Beanspruchung (siehe auch: Quasistatische Prüfverfahren und Deformationsgeschwindigkeit). Mit der Zunahme der Deformationsgeschwindigkeit bzw. der Abnahme der Versuchs- oder Prüfzeit tritt ein Übergang vom isothermen zum adiabatischen Versuchsablauf auf, da innerhalb der kurzen Versuchsdauer die entstehende Wärme nicht mehr an die Umgebung abgeführt werden kann. Infolge dieses Sachverhaltes steigen diese Kennwerte, wogegen die Verformungskennwerte eine Abnahme zeigen. Eine besondere Bedeutung hat hier die Verringerung der Schlagzähigkeit (siehe: Schlagbiegeversuch), wodurch der verformungslose kritische Sprödbruch begünstigt wird.

Eine Übertragung der statisch bestimmten Kennwerte auf dynamische Beanspruchungen ist deshalb nicht möglich. Für die Berechnung bruchmechanischer Kennwerte beim Instrumentierten Kerbschlagbiegeversuch müssen E-Modul und Streckgrenze unter dynamischen Bedingungen ermittelt werden.

Das folgende Bild 2 zeigt die Abhängigkeit der Streckgrenze von der Deformationsgeschwindigkeit am Beispiel von Polycarbonat (Kurzzeichen: PC) und Acrylnitril-Butadien-Styrol (Kurzzeichen: ABS).

Schlagbeanspruchung Kunststoffe-2.JPG

Bild 2: Abhängigkeit der dynamischen Streckgrenze eines Blends aus Polycarbonat (Kurzzeichen: PC) und Acrylnitril-Butadien-Styrol (Kurzzeichen: ABS) von der Deformationsgeschwindigkeit (siehe Schlagbeanspruchung Kunststoffe)


Literaturhinweise

[1] DIN EN ISO 527-1 (2019-12): Kunststoffe – Bestimmung der Zugeigenschaften – Teil 1: Allgemeine Grundsätze
[2] Grellmann, W.: Schlagartige Beanspruchung. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag, München (2015) 3. Auflage, S. 158−168, (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18)

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