Instrumentierte Haftprüfung
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Instrumentierte Haftprüfung
Einleitung
Die instrumentierte Haftprüfung dient der Ermittlung einer kritischen Kraft und/oder einer kritischen Arbeit, bei der die Ablösung (Enthaftung) einer beispielsweise polymeren Schicht oder Beschichtung von einem Substrat einsetzt. Dieses Substrat muss ebenfalls nicht notwendigerweise ein polymerer Werkstoff sein. Da die Ablösung mit der Initiierung (siehe auch: Bruchentstehung) und Ausbreitung eines Risses zwischen Schicht/Beschichtung und Substrat verbunden ist, können bruchmechanische Konzepte vorteilhaft Anwendung finden. (siehe: Erkenntnisniveauebenen der Bruchmechanik). Die instrumentierte Haftprüfung basiert auf zwei unterschiedlichen Methoden: zum einen auf der instrumentierten Eindringprüfung und zum anderen auf einer Methode unter Anwendung einer registrierenden Kratzprüfmaschine. Bei der ersten Methoden, wie sie auch zur Ermittlung von Martens-Härte (und anderen Härtewerten), dem Eindringmodul und weiteren Kennwerten herangezogen wird, gibt es keine Relativbewegung zwischen dem zu prüfenden Objekt und dem Eindringkörper (Indenter). Bei der zweiten Methode mit einer Vorgehensweise ähnlich der der instrumentierte Kratzprüfung liegt dagegen eine Relativbewegung zwischen dem zu prüfenden Objekt und dem Indenter vor.
Instrumentierte Haftprüfung auf Basis der instrumentierten Eindringprüfung
Durchführung der Haftprüfung
Die in Bild 1 prinzipiell dargestellte experimentelle Vorgehensweise entspricht der instrumentierten Eindringprüfung und ist dort ausführlich beschrieben mit dem Unterschied des Auftretens einer Schichtablösung vom Substrat.
Bild 1: | Prinzipskizze des instrumentierten Endringversuchs mit Schichtablösung vom Substrat |
Anwendungsbeispiel
Am Beispiel von Lackschichten auf einem Hartsubstrat soll die Anwendung der instrumentierten Haftprüfung demonstriert werden. Wie Bild 2 zu entnehmen, ist bei guter Haftung des Lackes der Habitus des Kraft-Eindringtiefe-Diagramms mit dem von kompakten Prüfkörpern vergleichbar. Bei schlechter Haftung kommt es jedoch zu einer Schichtablösung, die sich im Kraft-Eindringtiefe-Diagramm in einer Unstetigkeit des Anstiegs äußert vergleichbar mit einer Werkstofferweichung. In der mikroskopischen Aufnahme des eindrucknahen Bereichs (siehe: Eindruckbruchmechanik) lässt sich durch die Newtonschen Ringe die Größe der Delamination ermitteln. Dies eröffnet einen Weg zur Berechnung der interlaminaren Bruchzähigkeit (siehe auch: Interlaminare Scherfestigkeit).
Bild 2: | Kraft-Eindringtiefe-Diagramme für Lackschichten auf einen Hartsubstrat und mikroskopische Aufnahmen der zugehörigen eindrucknahen Bereiche: ohne Schichtablösung (links) und mit Schichtablösung (rechts) |
Instrumentierte Haftprüfung unter Anwendung einer registrierenden Kratzprüfmaschine
Durchführung der Haftprüfung
Die in Bild 3 prinzipiell dargestellte experimentelle Vorgehensweise bei der Durchführung der instrumentierten Haftprüfung mit Relativbewegung zwischen dem zu prüfenden Objekt und dem Indenter ist mit der der instrumentierten Kratzprüfung vergleichbar (siehe Instrumentierte Kratzprüfung und Kratzbeständigkeit). Auch hier bildet die gerätetechnische Basis eine registrierende Kratzprüfmaschine [1]. Wichtige Untersuchungsobjekte sind beispielsweise:
- Beschichtungen und Lacke auf Kunststoffoberflächen (kompakte ebene Prüfkörper und Bauteile),
- Beschichtete Folien (minimale Foliendicke bei transparenten Folien: 100 μm).
Bild 3: | Prinzipskizze des instrumentierten Haftversuchs |
Messgrößen der Haftprüfung
Die Tabelle 1 enthält eine Auflistung der experimentellen Parameter, der Messgrößen und der Eigenschaften der instrumentierten Haftprüfung unter Anwendung einer registrierenden Kratzprüfmaschine.
Experimentelle Parameter |
Messgrößen | Hafteigenschaften |
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Zur Bestimmung der kritischen Tangentialkraft und/oder der kritischen tangentialen Ablösearbeit ist es notwendig, die Tangentialkraft als Funktion der tangentialen Weglänge messtechnisch zu erfassen (siehe nachfolgendes Anwendungsbeispiel).
Anwendungsbeispiel
Am Beispiel von gelatinebeschichteten Kunststofffolien mit den Substratwerkstoffen Polyethylenterephthalat (Kurzzeichen: PET) und Polyethylen (Kurzzeichen: PE) soll die Anwendung der instrumentierten Haftprüfung demonstriert werden. In Bild 4 sind typische Diagramme bei guter Haftung (PET als Substrat) und sehr schlechter Haftung (PE als Substrat) dargestellt. Der Beginn der Schichtablösung ist mit einem gut detektierbaren Übergang von einem stationären Kratzen zu einem instationären Stick-Slip-Verhalten (siehe auch: Peel-Clingtest erweitert) verbunden.
Bild 4: | Typische Diagramme (Tangentialkraft vs. tangentiale Weglänge) bei guter Haftung (a) und sehr schlechter Haftung (b); der rote Punkt markiert den Beginn der Schichtablösung [1] |
Der große Wertebereich der kritischen Tangentialkraft und der kritischen tangentialen Ablösearbeit von unterschiedlich oberflächenaktivierten PET- und PE-Substraten in Bild 5 unterstreicht die hohe Struktursensitivität der instrumentierten Haftprüfung im Vergleich zu konventionellen Verfahren wie dem Gitterschnitttest [1, 2].
Bild 5: | Kritische Tangentialkraft (a) und kritische tangentiale Ablösearbeit in (b) für beschichtete PET- und PE-Folien (jeder Punkt bezieht sich jeweils auf ein unterschiedlich oberflächenaktiviertes PET- oder PE-Substrat); gestrichelte Linie: Grenze der Schichtablösung im Gitterschnitttest [1, 2]. |
Siehe auch
- Bruchentstehung
- Eindringmodul
- Härte
- Instrumentierte Härteprüfung – Methode Kenngrößen
- Instrumentierte Kratzprüfung
- Rissausbreitung
- Interlaminare Scherfestigkeit
- Peel-Clingtest erweitert
- Eindruckbruchmechanik
- Bruchverhalten von Kunststoffbauteilen
Literaturhinweise
[1] | Reincke, K.: Folienprüfung. In: Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag München (2025) 4. Auflage S. 657–696 ISBN 978-3-446-44718-9; E-Book ISBN 978-3-446-48105-3; siehe AMK-Büchersammlung unter A 23) |
[2] | Lach, R., Richter, S., Heilmann, A., Grellmann, W.: Assessment of the Depth-dependent Mechanical and the Adhesive Properties of Coatings on Plastic Films by Means of the Recording Microindentation Test and the Recording Adhesion Test. Journal of Plastic Film and Sheeting 37 (2021) 53–69, https://doi.org/10.1177/8756087920942810 |