Schrumpfversuch: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Diese Messungen werden ebenfalls an Zugprüfkörpern der [[Kunststoffprüfung]] ([[Vielzweckprüfkörper]] oder prismatische Prüfkörper) durchgeführt, um die Kraft und eventuell auch die Längenänderung von Prüfkörpern nach dem ausgewählten Herstellungsverfahren bei Temperatureinwirkung zu charakterisieren ('''Bild 3'''). | ||
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+ | Die Ergebnisse der Schrumpfkraftmessung sind im '''Bild 4''' für einen Prüfkörper exemplarisch dargestellt. In Analogie zur Schrumpfmessung wurde der Versuch ebenfalls bei 10 °C gestartet, wobei auch hier für eine bessere Regelungsstabilität während des Aufheizens mit flüssigem Stickstoff gegengekühlt wurde. Da die Prüfkörper beidseitig eingespannt sind, entsteht durch den Aufheizvorgang eine thermische Ausdehnung, die zunächst zu einer Druckspannung von ca. 0,2 MPa führt. Im Bereich von etwa 33 °C führt der beginnende Schrumpfungsprozess infolge zunehmender Molekülbeweglichkeit zu einer Umkehrung des Kurvenverlaufs und nachfolgend zu einem geringfügigen Ausknicken des Prüfkörpers ('''Bild 4a'''). | ||
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+ | Mit der Schrumpfmessung und der Messung der Schrumpfkraft werden in den konventionellen Versuchen nur integrale Informationen erhalten, die keine Auskunft über lokale Orientierungsunterschiede und die zugehörigen Umlagerungsprozesse im Prüfkörper geben.<br> | ||
+ | Für derartige tiefergehende Informationen werden heute die [[Thermische Dehnungs-Analyse|Thermische Dehnungs-Analyse (TDA)]] und die [[Thermische Spannungs-Analyse|Thermische Spannungs-Analyse (TSA)]] genutzt, welche die Verwendung ortsauflösender lokale Prüftechniken der [[Kunststoffdiagnostik]] voraussetzen. Mittels Methoden der [[Laserextensometrie]] oder der Anwendung von Feldmesstechniken, wie [[Objekt-Rasterverfahren]] [5], [[Shearographie]] [6] oder [[Electronic-Speckle-Pattern-Interferometrie|Electronic-Speckle-Pattern-Interferometrie (ESPI)]] [7] können derartige Kenntnisse über den lokalen Orientierungszustand in [[Kunststoffbauteil]]en oder [[Prüfkörper]]n erhalten werden. Voraussetzung für die Anwendung dieser Messtechniken ist jedoch die Präparation der Kunststoffprüfkörper mit geeigneten Markierungen bzw. Reflektoren, wie sie in '''Bild 5''' gezeigt werden. | ||
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+ | Der Prüfkörper für die Laserextensometrie wird mit horizontalen, weißen Streifen innerhalb der vorgesehenen Messlänge versehen, wobei zur Kontrastverstärkung oftmals eine Schwärzung des Untergrunds erfolgt ('''Bild 5a'''). Die Anzahl, der Abstand und die Geometrie der Streifen richten sich nach der Prüfaufgabe und der absoluten Größe des Schrumpfbetrags des Prüfkörpers. Die Applikation des Objekt-Rasterverfahrens setzt dagegen die Nutzung eines zufälligen Markierungsmusters nach '''Bild 5b''' voraus.<br> | ||
+ | Mit beiden Messtechniken lassen sich die lokale und integrale Schrumpfung innerhalb der gewählten Messlänge ermitteln oder die Umlagerungsprozesse bei der Schrumpfkraftmessung darstellen. | ||
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− | |DIN EN ISO 527-2 (2012-06): Kunststoffe – Bestimmung der Zugeigenschaften – Teil 2: Prüfbedingungen für Form- und Extrusionsmassen ( | + | |DIN EN ISO 527-2 (2012-06): Kunststoffe – Bestimmung der Zugeigenschaften – Teil 2: Prüfbedingungen für Form- und Extrusionsmassen |
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+ | |Tutsch, R., Ritter, R., Petz, M.: Zur flächenhaften zerstörungsfreien Prüfung mit Hilfe optischer Feldmeßtechnik. DGZfP- Jahrestagung Berlin 2001, V24, S. 1–11 | ||
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+ | |Schuth, M.: Aufbau und Anwendung der Shearographie als praxisgerechtes, optisches Prüf- und Messverfahren zur Dehnungsanalyse, Qualitätssicherung und Bauteiloptimierung. Fortschrittberichte VDI-Verlag Düsseldorf, (1996) Reihe 8, Meß-, Steuerungs- und Regelungstechnik, Nr. 539 (ISBN 978-3-183-53908-6) | ||
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Schrumpfversuch
Allgemeines
Die Schrumpfung von Kunststoffbauteilen besitzt eine große praktische Bedeutung. Insbesondere wegen der großen thermisch induzierten Ausdehnung der Kunststoffe sind für Außenanwendungen oder bei Werkstoffkombinationen an die Bauteilkonstruktionen besondere Anforderungen zu stellen. Treten Temperaturen bei amorphen Kunststoffen im Bereich der Glastemperatur TG oder bei teilkristallinen Kunststoffen in der Nähe der Schmelztemperatur TS auf, da kann ein Schrumpfprozess auftreten, der durch entropische Effekte verursacht wird. Infolge dieser gegenläufigen Prozesse der thermischen Ausdehnung und der Schrumpfung durch Abbau der eingefrorenen Orientierungen kann somit eine deutliche Längenänderung der Kunststoffbauteile in Abhängigkeit von der Beanspruchungstemperatur einsetzen. Dies kann im Fall fixierter Bauteile zu starken Druck- oder Zugspannungen führen, die im Einsatz ein lokales Versagen der Bauteile (siehe: Bruchverhalten von Kunststoffbauteilen) verursachen können. Um Spannungsüberhöhungen infolge dieser Effekte konstruktiv zu minimieren, ist die Kenntnis des lokalen Schrumpfungsverhaltens hinsichtlich der eintretenden Deformationen und Kräfte von Kunststoffen innerhalb des Einsatztemperaturbereiches erforderlich [1]. Zur Bestimmung des Schrumpfverhaltens werden in der prüftechnischen Praxis die Schrumpfmessung, auch unter dem Namen Thermische Dehnungs-Analyse (TDA) bekannt, und die Messung der Schrumpfkraft, auch als Thermische Spannungs Analyse (TSA) bezeichnet, eingesetzt. Beide Versuche können mit konventioneller mechanischer Prüftechnik oder mit ortsauflösenden Dehnmesstechniken realisiert werden, wobei dann deutlich verbesserte Aussagen zum Schrumpfungsverhalten erhalten werden [3, 4].
Konventionelle Schrumpfversuche
Konventionelle Schrumpfungsmessung
Diese Messungen werden normalerweise an Zugprüfkörpern (siehe: Vielzweckprüfkörper) der Kunststoffprüfung durchgeführt, um die Längenänderung von Prüfkörpern nach einem spezifizierten Herstellungsverfahren bei Temperatureinwirkung zu ermitteln (Bild 1).
Bild 1: | Schematische Darstellung der Schrumpfungsmessung |
Die Schrumpfversuche werden in einer konstruktiv angepassten Temperierkammer oder einem Silikonbad durchgeführt. Die Temperierkammer ist dabei in eine Universalprüfmaschine appliziert, wobei der Prüfkörper einseitig eingespannt wird. Durch ein vorgegebenes Temperaturregime der Kammer mit einer Temperaturrampe wird der Prüfkörper langsam von Raumtemperatur beginnend aufgeheizt. Dadurch werden thermische Dehnungen, infolge des linearen Ausdehnungskoeffizienten (siehe: Thermomechanische Analyse), und nachfolgend Schrumpfdehnungen induziert, die mittels eines Dehnmessfühlers in Abhängigkeit von der Temperatur und Zeit registriert werden. Nach Erreichen der maximalen Temperatur, z. B. die Glastemperatur TG, kann diese eine Weile gehalten werden oder es wird wieder mit identischer Rampe sofort abgekühlt (Bild 2a). Als Prüfkörper wird zumeist der Vielzweckprüfkörper vom Typ 1A nach DIN EN ISO 527-2 verwendet [2].
Bild 2: | Schrumpfungsmessung an Polyvinychlorid (Kurzzeichen: PVC) (a) in Abhängigkeit von der Temperatur und (b) von der Messzeit |
Am Beispiel eines PVC-Prüfkörpers wird nachfolgend das Dehnungs- bzw. Schrumpfverhalten bei einer Temperaturerhöhung bis auf 75 °C dargestellt (Bild 2a). Ausgehend von einer Startposition von 10 °C, die mittels Kühlung durch flüssigen Stickstoff erreicht wurde, erfolgte die Aufheizung mit einer Temperaturrampe von 1 K/min. Bis zum Einsetzen des Schrumpfungsprozesses bei 62 °C erfährt dieser Prüfkörper eine Ausdehnung von εth = 0,26 %, was bei einer Messlänge von 50 mm einer Längenänderung von 0,13 mm entspricht. Dabei ist aus dem Bild 2a zu erkennen, dass die thermische Ausdehnung im Temperaturintervall von 10 °C bis 62 °C nicht linear verläuft. Von 10 °C bis 55 °C liegt ein linearer Verlauf vor, der dem linearen thermischen Ausdehnungskoeffizienten αth von PVC zuordenbar ist. Ab 62 °C tritt dann der Schrumpfungsprozess ein, der bedingt durch die höhere Molekülbeweglichkeit zur Kontraktion des Prüfkörpers und zur Rückstellung der verarbeitungstechnisch bedingten Eigenspannungen führt. Ab 75 °C wird die Temperierkammer mit identischer Rampe gekühlt, um den neuen, entropisch günstigeren Zustand des Prüfkörpers zu fixieren. Ab 70 °C erfolgt dann eine nahezu lineare Rückstellung der thermischen Ausdehnung, die im Endzustand einer Dehnung εs bzw. der Schrumpfung S von -2,9 % entspricht. Aufgrund der Volumenkonstanz nehmen dabei die Breite und Dicke des Prüfkörpers zu, was in der Regel jedoch nicht messtechnisch erfasst wird. Im Bild 2b ist die Auswertung der diskutierten Dehnungen und Temperaturen an dem identischen Prüfkörper wie in Bild 2a in Abhängigkeit von der Messzeit dargestellt.
Konventionelle Schrumpfkraftmessung
Diese Messungen werden ebenfalls an Zugprüfkörpern der Kunststoffprüfung (Vielzweckprüfkörper oder prismatische Prüfkörper) durchgeführt, um die Kraft und eventuell auch die Längenänderung von Prüfkörpern nach dem ausgewählten Herstellungsverfahren bei Temperatureinwirkung zu charakterisieren (Bild 3).
Bild 3: | Schematische Darstellung der Schrumpfkraftmessung |
Die Prüfkörper werden dabei oben und unten in den Einspannklemmen fixiert, wobei möglicherweise auftretende Einspannkräfte durch die Universalprüfmaschine zu kompensieren sind. In Analogie zur Schrumpfmessung wird die Kammer durch ein vorgegebenes Temperaturregime langsam von Raumtemperatur beginnend aufgeheizt. Dadurch werden thermische Dehnungen und nachfolgend Schrumpfdehnungen induziert, die als Reaktion eine Schrumpfkraft initiieren. Nach Erreichen der maximalen Temperatur wird wieder mit identischer Rampe abgekühlt (Bild 4a). Als Prüfkörper werden auch der Vielzweckprüfkörper vom Typ 1A nach DIN EN ISO 527-2 oder prismatische Prüfkörper verwendet [2].
Die Ergebnisse der Schrumpfkraftmessung sind im Bild 4 für einen Prüfkörper exemplarisch dargestellt. In Analogie zur Schrumpfmessung wurde der Versuch ebenfalls bei 10 °C gestartet, wobei auch hier für eine bessere Regelungsstabilität während des Aufheizens mit flüssigem Stickstoff gegengekühlt wurde. Da die Prüfkörper beidseitig eingespannt sind, entsteht durch den Aufheizvorgang eine thermische Ausdehnung, die zunächst zu einer Druckspannung von ca. 0,2 MPa führt. Im Bereich von etwa 33 °C führt der beginnende Schrumpfungsprozess infolge zunehmender Molekülbeweglichkeit zu einer Umkehrung des Kurvenverlaufs und nachfolgend zu einem geringfügigen Ausknicken des Prüfkörpers (Bild 4a).
Bild 4: | Schrumpfkraftmessung an Polyvinychlorid: (a) in Abhängigkeit von der Temperatur und (b) von der Messzeit |
Mit zunehmender Temperatur in der Temperierkammer entsteht infolge der Behinderung der Schrumpfung eine Zugspannung, die ihr Maximum von ca. 0,55 MPa aber nicht am Umschaltpunkt der Temperaturregelung, sondern zeitverzögert um Δt erreicht (Bild 4b). Ursache ist auch hier das Nachheizen durch die erwärmten Einspannklemmen. Bis zur Raumtemperatur wird die Zugspannung wieder abgebaut und es stellt sich ein neuer Gleichgewichtszustand ein, der wieder eine Druckspannung im Prüfkörper hervorruft.
Ortsaufgelöster Schrumpfversuch
Mit der Schrumpfmessung und der Messung der Schrumpfkraft werden in den konventionellen Versuchen nur integrale Informationen erhalten, die keine Auskunft über lokale Orientierungsunterschiede und die zugehörigen Umlagerungsprozesse im Prüfkörper geben.
Für derartige tiefergehende Informationen werden heute die Thermische Dehnungs-Analyse (TDA) und die Thermische Spannungs-Analyse (TSA) genutzt, welche die Verwendung ortsauflösender lokale Prüftechniken der Kunststoffdiagnostik voraussetzen. Mittels Methoden der Laserextensometrie oder der Anwendung von Feldmesstechniken, wie Objekt-Rasterverfahren [5], Shearographie [6] oder Electronic-Speckle-Pattern-Interferometrie (ESPI) [7] können derartige Kenntnisse über den lokalen Orientierungszustand in Kunststoffbauteilen oder Prüfkörpern erhalten werden. Voraussetzung für die Anwendung dieser Messtechniken ist jedoch die Präparation der Kunststoffprüfkörper mit geeigneten Markierungen bzw. Reflektoren, wie sie in Bild 5 gezeigt werden.
Bild 5: | Prüfkörper mit (a) regelmäßigen weißen Reflektoren mit schwarzem Hintergrund und (b) schwarze Markierung mit einem zufälligen Spraymuster |
Der Prüfkörper für die Laserextensometrie wird mit horizontalen, weißen Streifen innerhalb der vorgesehenen Messlänge versehen, wobei zur Kontrastverstärkung oftmals eine Schwärzung des Untergrunds erfolgt (Bild 5a). Die Anzahl, der Abstand und die Geometrie der Streifen richten sich nach der Prüfaufgabe und der absoluten Größe des Schrumpfbetrags des Prüfkörpers. Die Applikation des Objekt-Rasterverfahrens setzt dagegen die Nutzung eines zufälligen Markierungsmusters nach Bild 5b voraus.
Mit beiden Messtechniken lassen sich die lokale und integrale Schrumpfung innerhalb der gewählten Messlänge ermitteln oder die Umlagerungsprozesse bei der Schrumpfkraftmessung darstellen.
Literaturhinweise
[1] | Grellmann, W., Seidler, S. (Hrsg.): Kunststoffprüfung. Carl Hanser Verlag München (2015) 3. Auflage, S. 27–29 (ISBN 978-3-446-44350-1; siehe AMK-Büchersammlung unter A 18) |
[2] | DIN EN ISO 527-2 (2012-06): Kunststoffe – Bestimmung der Zugeigenschaften – Teil 2: Prüfbedingungen für Form- und Extrusionsmassen |
[3] | DIN 55543-4 (2017-03): Verpackungsprüfung – Prüfverfahren für Verpackungsfolien – Teil 4: Bestimmung der Schrumpfung von Kunststoff-Folien im Flüssigkeitsbad |
[4] | ISO 2577 (2007-12): Kunststoffe – Warmaushärtbare Formkunststoffe – Bestimmung der Schrumpfung |
[5] | Tutsch, R., Ritter, R., Petz, M.: Zur flächenhaften zerstörungsfreien Prüfung mit Hilfe optischer Feldmeßtechnik. DGZfP- Jahrestagung Berlin 2001, V24, S. 1–11 |
[6] | Schuth, M.: Aufbau und Anwendung der Shearographie als praxisgerechtes, optisches Prüf- und Messverfahren zur Dehnungsanalyse, Qualitätssicherung und Bauteiloptimierung. Fortschrittberichte VDI-Verlag Düsseldorf, (1996) Reihe 8, Meß-, Steuerungs- und Regelungstechnik, Nr. 539 (ISBN 978-3-183-53908-6) |
[7] | Razumovsky, I. A., Galkin, A. Y.: Foundations of Engineering Mechanics – Interference-optical Methods of Solid Mechanics. Springer Verlag Berlin, (2011), (ISBN 978-3-642-11221-8) |